Gesetzentwurf für vorbildlichen Jugendstrafvollzug

photocaseGEFANGEN.jpegDie SPD-Bürgerschaftsfraktion hat am Donnerstag den Entwurf für ein Jugendstrafvollzugsgesetz vorgestellt. In dem Gesetzentwurf schreibt die SPD detailliert die Ausgestaltung des Jugendstrafvollzuges in Hamburg fest.

„Wir haben mit dem Gesetzentwurf den nötigen und vernünftigen Ausgleich zwischen dem Ziel der Wiedereingliederung junger Straftäter in die Gesellschaft und dem nötigen Schutz der Menschen vor weiteren Straftaten geschaffen. Gerade beim Jugendstrafvollzug muss uns daran gelegen sein, die Jugendlichen während der Haft auf ein Leben nach Recht und Gesetz vorzubereiten“, sagte der Fachsprecher für Justizpolitik, Rolf-Dieter Klooß.

Es gehe darum, dem einzelnen Strafgefangenen gerecht zu werden. „Das bezieht sich sowohl auf seine Chancen für die Zeit nach Verbüßung der Haft als auch auf seine mögliche Gefährlichkeit“, so Klooß. Eine Jugendstrafanstalt sei kein Landschulheim.

SPD-Innenexperte Andreas Dressel übte gleichzeitig deutliche Kritik an den Ankündigungen von Justizsenator Carsten Lüdemann, das Strafvollzugsrecht im Alleingang neu regeln zu wollen: „Es besteht die Gefahr, dass Lüdemann die gefährliche Hinwendung seines gescheiterten Amtsvorgängers Roger Kusch zum bloßen Verwahrvollzug in einem Gesetz festschreiben will“, sagte der Abgeordnete.

Nachdem die Behörde unzählige Male von Hamburger Gerichten wegen Vorgängen im Strafvollzug gerügt worden sei, wolle die Justizbehörde ihre in vielen Punkten rechtswidrige Vollzugspraxis nun offenbar durch ein eigenes Gesetz legalisieren.

Das Strafvollzugsgesetz des Bundes habe sich bewährt und solle weiter Orientierungsrahmen für den Hamburger Strafvollzug bleiben, sagte Dressel. Er verwies darauf, dass die Mehrzahl der Bundesländer in dieser Frage mit der Hamburger SPD auf einer Linie liege. Die Tatsache, dass darunter auch CDU-regierte Bundesländer sind, sollte für Lüdemann Anlass sein, seine bislang vertretene Auffassung noch einmal zu überdenken.

„Bisher gilt in Hamburg das Strafvollzugsgesetz des Bundes. Dem gegenüber fehlt ein eigenes Vollzugsgesetz, das besonders auf junge Strafgefangene zugeschrieben ist“, sagte der SPD-Rechtspolitiker Klooß bei der Vorstellung des Gesetzentwurfes, der als Antrag jetzt in die Bürgerschaft eingebracht wurde. Das Bundesverfassungsgericht hatte moniert, dass der Jugendstrafvollzug in der Bundesrepublik nicht auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage erfolgt. Das Gericht hatte den Ländern dementsprechend aufgegeben, eigene Gesetze für den Jugendstrafvollzug zu schaffen.

Neun Bundesländer haben einen gemeinsamen Gesetzentwurf zur Regelung des Jugendstrafvollzugs erarbeitet (Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen). Die Hamburger SPD-Bürgerschaftsfraktion hat sich bei der Formulierung ihres Gesetzentwurfes an der von den neun Ländern eingebrachten Fassung orientiert.

Der Senat hat demgegenüber für Hamburg einen eigenen Entwurf angekündigt. „Wir halten es für einen Fehler, wenn der Senat in diesem Bereich einen Hamburger Sonderweg beschreiten will“, sagte Klooß. Es müsse die Gefahr vermieden werden, dass zwischen den Bundesländern bei der Ausgestaltung des Strafvollzuges ein „Wettbewerb der Hardliner“ entsteht.

Der Hamburger Gesetzentwurf will – so Klooß – den besonderen Anforderungen Rechnung tragen, die das Bundesverfassungsgericht für eine jugendgerechte Ausgestaltung des Vollzugs formuliert hat. Zugleich hat der vorgelegte Gesetzentwurf Sicherheitsaspekte gebührend berücksichtigt. „Aufgabe des Vollzugs ist ausdrücklich und gleichberechtigt neben der Resozialisierung der Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten“, betonte der SPD-Rechtsexperte. Der offene Vollzug genieße keinen Vorrang vor der Unterbringung im geschlossenen Vollzug. „Die Gefangenen sollen aber im offenen Vollzug untergebracht werden, wenn sie dafür geeignet sind. Wie es das Bundesverfassungsgericht angeregt hat, werden die Gefangenen – sofern dazu geeignet – regelmäßig in Wohngruppen untergebracht“, erläuterte Klooß.

Im Übrigen werde das Gesetz „geprägt durch die Verpflichtung von Angeboten und Maßnahmen der Erziehung und Förderung zur Erreichung des Vollzugsziels, gekoppelt mit der Verpflichtung der Gefangenen zur Mitwirkung. Dies sind insbesondere schulische und berufliche Aus- und Weiterbildung, Arbeit, Freizeit und Sport. Der Erziehungs- und Förderbedarf wird individuell gleich nach der Aufnahme festgestellt und Bestandteil des Vollzugsplans, der regelmäßig überprüft wird. Hierzu muss die Anstalt mit dem erforderlichen Personal ausgestattet werden – insbesondere mit Erziehern, Sozialpägogen und Psychologen.“

Den Sicherheits- und Ordnungserfordernissen innerhalb der Anstalt werde Rechnung getragen. Die Gefangenen dürfen auch eine Insassenvertretung wählen; ein Anstaltsbeirat von externen Mitgliedern hält regelmäßig unter Vorsitz des Anstaltsleiters Sitzungen ab. Ferner sollen jugendliche Strafgefangene in Zukunft prinzipiell verpflichtet werden, in der Haft Anstaltskleidung zu tragen.

Dressel betonte, dass es gerade vor dem Hintergrund der sich in Hamburg dramatisch zuspitzenden Jugendgewalt von besonderer Bedeutung sei, mit einem vorbildlichen Jugendstrafvollzug aufzuwarten. „Alle diese Jugendlichen kommen irgendwann aus dem Jugendgefängnis heraus. Dann muss drinnen alles unternommen worden sein, damit das Rückfahrtticket in das Gefängnis nicht sofort gebucht ist. Insofern ist alles, was an guter Betreuung, Bildung und Behandlung im Vollzug garantiert wird, ein Schritt für den Schutz von möglichen weiteren Opfern.“ Eine gute Resozialisierung sei der beste Opferschutz. Das gelte auch und gerade beim Vollzug der Jugendstrafe. „Die Chance, diese Jugendlichen noch auf den rechten Weg zu bringen, ist deutlich höher als im Erwachsenenstrafvollzug“, betonte Dressel.

Klooß und Dressel verwiesen weiter darauf, dass die SPD-Fraktion mit der heutigen Vorlage damit ein Gesamtkonzept gegen Jugendkriminalität vorgelegt habe: Die SPD habe präventive und repressive Eckpunkte gegen Jugendgewalt entwickelt und eine Neukonzipierung der Geschlossenen Unterbringung Feuerbergstraße vorgelegt. „Von der präventiven Arbeit bis zum Strafvollzug haben wir damit einen ganzheitlichen Ansatz. Von der CDU gab es dazu bisher viele Ankündigungen mit wenig dahinter.“

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