Feuerbergstraße: Beust erinnert sich nicht – oder falsch

Der PUA „Feuerbergstraße“ hat am Freitag Bürgermeister Ole von Beust (CDU) als Zeugen vernommen. Mindestens eine Aussage des Bürgermeisters ist schon jetzt als offensichtlich falsch entlarvt.

Obwohl Beust eigens alte Terminkalender mitgebracht hatte, sagte er aus, er habe nach Presseberichten über Mißstände in der Feuerbergstraße eine sofortige Krisensitzung mit Sozialsenatorin Schnieber-Jastram und den Staatsräten Meister und Schön einberufen. Diese habe am 11. Oktober 2005 tatsächlich stattgefunden. Dabei muss der Bürgermeister wohl auf eine Doppelgängerin hereingefallen sein: Schnieber-Jastram befand sich nämlich zu diesem Zeitpunkt in der Türkei.

Von Beust sagte ansonsten aus, er sei nur am Rand mit der Einrichtung befasst gewesen. Wenig glaubwürdig, denn vor der Entlassung des ehemaligen Innensenators Ronald Schill (Herbst 2003) hatte dieser immer wieder Druck im Senat und beim Bürgermeister gemacht, weil ihm die Einrichtung der geschlossenen Unterbringung zu langsam ging. Von Beust bestätigte, dass Schill deswegen häufiger mit der Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) im Streit lag. Nachdem mehrfach Jugendliche ausgebrochen waren, sei Schill der Kragen geplatzt: Da habe er – von Beust – die Senatorin vor Schill gewarnt.

In einem Bericht von NDR 90,3 zur PUA-Sitzung heißt es:

Immer wieder fragten Ausschussmitglieder von SPD und GAL den Bürgermeister, ob er sich denn nicht an diese oder jene Berichterstattung aus dem Jahr 2004 über spektakuläre Ereignisse im Heim erinnere: Dadurch müsse ihm doch bekannt gewesen sein, dass Jugendliche zum Beispiel Psychopharmaka erhielten. Der Zeuge konnte sich aber an vieles nicht erinnern und sah auf keinen Fall einen Grund einzugreifen. Das änderte sich erst im Oktober 2005, als er unter anderem durch NDR 90,3 etwas über die eklatanten Misstände und Rechtsbrüche im Heim erfahren habe. Da habe er sofort eine Krisensitzung mit der Leitung der Sozialbehörde einberufen, sagte von Beust. Zu spät, finden Thomas Böwer (SPD) und die Grüne Christiane Blömecke. Beide zeigten sich mit den Antworten des Bürgermeisters unzufrieden: Es sei kaum glaubhaft, dass er sich mit Schill im Nacken so lange Zeit nur so nebenbei mit der Feuerbergstraße beschäftigt habe.

Der Ausschuss beschloss am Freitag mit dem Votum von SPD und GAL, weitere Zeugen einzuvernehmen. In dem Heim Feuerbergstraße sollen Minderjährige mit Psychopharmaka behandelt und ihrer Freiheit beraubt worden sein. Am 22. Juni wird die Zweite Bürgermeisterin, Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU), als Zeugin erwartet.

Hartnäckig hält sich zudem das Gerücht, dass auch Schill selbst sich noch als Zeuge zur Verfügung stellen wird. Der ehemalige Innensenator, der seit Jahren in Südamerika lebt, wolle die Chance nutzen, von Beust öffentlich zu widerlegen. Sollte der Bürgermeister dabei als Lügner entlarvt werden, würde dies – wenige Monate vor der Hamburg-Wahl 2008 – die Wahlaussichten der CDU möglicherweise beeinflussen.

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