Enquete-Kommission: Bildung bleibt verwickelt

Die Enquete-Kommission „Bildung“ der Bürgerschaft hat am Wochenende ihre Arbeit abgeschlossen. Greifbarstes Ergebnis: Die gemeinsame Empfehlung zur Abschaffung der Hauptschule und zum Ende des dreigliedrigen Schulsystems. Wie die SPD den Reigen der Kommentatoren eröffnet, können Sie hier weiterlesen – im O-Ton, denn der SPD selbst ist eine Zusammenfassung offenbar nicht gelungen.

Für die SPD-Gruppe in der Enquete-Kommission Bildung hat die Obfrau der Kommission, Britta Ernst, eine positive Bilanz der Arbeit des Gremiums gezogen. „Wir haben über die Parteigrenzen hinweg und in teilweise bemerkenswerter Zusammenarbeit Ergebnisse erarbeitet, die der Diskussion über die Bildungspolitik bundesweit neue Impulse geben werden. Die Fülle und Qualität der Entscheidungen hat selbst die Angehörigen der Kommission überrascht“, sagte Ernst am Sonntag.

Sie betonte insbesondere das Ende für die Schulform Hauptschule und den „unwiderruflichen Abschied vom dreigliedrigen Schulsystem in Hamburg“. Gleichzeitig seien wichtige Schritte getan worden, um die „soziale Schieflage im Hamburger Schulwesen entscheidend zu korrigieren und zu einer Verbesserung in der Schulbildung in Hamburg zu kommen“.

In der Frage der künftigen Schulstruktur habe die Enquetekommission entscheidende Fortschritte erzielt: „Hamburg verabschiedet sich unwiderruflich vom dreigliedrigen Schulsystem“, sagte Ernst. Die Abschaffung der Hauptschule und die Entwicklung von Stadtteilschulen werde zu nachhaltigen Verbesserungen des hamburgischen Schulsystems führen. Auch der Abbau des Sitzen bleibens und weniger Schulformwechsel und Abschulungen seien richtige Schritte, über die Einvernehmen hergestellt werden konnte. Hier gebe Hamburg bundesweit einen Impuls zur Reduzierung von Schulformen.

Die SPD hat in die Enquete-Kommission einen eigenständigen Vorschlag zur Veränderung der Schulstruktur eingebracht. Die SPD-Gruppe verbinde die Perspektive einer Schule für alle mit konkreten und machbaren Reformschritten, betonte die SPD-Bildungspolitikerin. Nach Ansicht der SPD-Abgeordneten der Enquete-Kommission entstehen Stadtteilschulen, in dem sich Schulen verschiedener Schulformen – Haupt- und Realschulen, Integrierte Haupt- und Realschulen, Gesamtschulen und Gymnasien – zu Stadtteilschulen zusammenschließen oder zu Stadtteilschulen weiterentwickeln.

Der Vorschlag der SPD-Gruppe, die Abschaffung der Hauptschule schon zum 1. August 2008 durchzusetzen, fand leider keine Mehrheit. Fest stehe, dass eine Entwicklung von Gymnasien zu Stadtteilschulen nur im Konsens erfolgen könne und ohne Zustimmung der Schulkonferenz nicht stattfinden wird. Auf dem Weg zu einer Schule für alle wird es ein Nebeneinander von Stadtteilschulen und Gymnasien geben.

Stadtteilschulen müssen attraktiv ausgestaltet werden. So sollen sie nach Möglichkeit aus Sicht der SPD als Ganztagsschule geführt werde. Wesentliche Vorarbeiten für die Stadtteilschule wurden von den Gesamtschulen erbracht. Strukturelemente der Gesamtschulen sollen daher in die Praxis der Stadtteilschule einfließen.

Im Zuge dieser Schulreform soll nach Auffassung der SPD-Abgeordneten in der Enquete-Kommission die Grundschulempfehlung zugunsten eines Beratungsgesprächs abgeschafft werden. Dem hat sich die CDU-Mehrheit leider nicht angeschlossen.

„Wir nehmen die Eltern ernst und respektieren ihren Willen bei der Entscheidung, auf welcher Schule ihre Kinder unterrichtet werden sollen.“ so Britta Ernst.

Mit den Ergebnissen der Enquete-Kommission zeigten sich auch die drei von der SPD benannten Experten zufrieden: Die Fachexperten Prof. Reiner Lehberger, Sabine Schlüter und Dr. Dieter Wunder sehen die Schaffung des neuen Schulsystems, bestehend aus Stadtteilschule und Gymnasium, als Gewinn für das Schulwesen in Hamburg an.

Die Stadtteilschule wird ein leistungsstarkes und pädagogisch anspruchsvolles, integriertes System sein können, das sowohl zum Abitur führt als auch benachteiligte Jugendliche angemessen fördern soll. Das von vielen Eltern wertgeschätzte Gymnasium wird weiter bestehen und sich weiterentwickeln können. Der breite politische Konsens in der Schulstrukturpolitik und das Ende der unproduktiven Auseinandersetzungen um Schulstrukturen wird eine wichtige Voraussetzung für tief greifende Veränderungen im Schulwesen der Metropole Hamburg sein.

Ernst betonte, auch jenseits der Entscheidungen über die Schulstruktur habe die Enquetekommission wichtige Beschlüsse gefasst, um sowohl die Qualität des Unterrichts als auch die Arbeit in den Schulen zu verbessern. Als wichtigste nannte Ernst

§ gezielte Maßnahmen zur Verbesserung des Unterrichts

§ die Umsteuerung zur individuellen Förderung jedes Kindes und den raschen Ausbau
der integrierten Schulen

§ die Stärkung der Frühkindlichen Bildung

§ die Regionalisierung der Schulorganisation und Schulentwicklung

§ umfangreiche, gezielte Maßnahmen für Kinder und Jugendliche aus so genannten bildungfernen Familien und aus Familien mit Migrationshintergrund

§ eine Qualitätsoffensive an allen Schulen

§ den verbesserten Übergang aus der Schule in den Beruf

§ mehr Chancen für einen „Wiedereinstieg“ in die Bildung für Jugendliche, die die Schule ohne Anschluss verlassen hatten

§ den Einstieg in die Formulierung konkreter Kennzahlen für schulpolitsiche Ziele

Leider habe die CDU auch vielen wichtigen Vorschlägen die Zustimmung verweigert:

§ So sei der Forderung nach einem beitragsfreien Bildungsjahr für alle Kinder ein Jahr vor der Einschulung nicht gefolgt worden – der notwendige Einstieg in die generelle Beitragsfreiheit der Kitas und Vorschulen wurde so nicht erreicht.

§ Abgelehnt wurde auch die Forderung nach einer 10jährigen Schulpflicht für alle Kinder.

§ Die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die die Schulen ohne Abschluss verlassen, sollte deutlich gesenkt werden. Die SPD-Gruppe fordert eine Absenkung auf sechs Prozent.

§ Der Anteil der Menschen, die ohne Abitur studieren, soll deutlich steigen. Die SPD-Gruppe fordert eine Anhebung auf fünf Prozent (von heute 0,5 Prozent)

§ Wir brauchen mehr Jugendliche, die ein Hochschulstudium beginnen. Wir sollten uns vornehmen, den Durchschnittswert der OECD von 51 Prozent einen Jahrgangs bis 2015 zu erreichen (von heute 40 Prozent)

§ Die Integration von Förder- und Sprachheilschulen entsprechend den personellen und konzeptionellen Möglichkeiten aufwachsend von Grundschule aus zu beginnen.

Ernst lobte in ihrem Fazit zur Arbeit der Enquetekommission die intensive und gründliche Arbeit des Gremiums. „Wir haben uns erfolgreich davor gehütet, schnelle, aber im Zweifelsfall falsche Lösungsansätze zu verfolgen.“ Ideologische Auseinandersetzungen seien in den Hintergrund getreten, Sacharbeit habe im Vordergrund gestanden. „Das hat auch damit zu tun, dass die Probleme im deutschen Bildungswesen seit PISA nicht mehr zu leugnen sind und der Handlungsdruck in Hamburg groß ist“, betonte die SPD-Obfrau in der Enquetekommission. Die von der SPD benannte Fachexperten Sabine Schlüter, Prof. Dr. Reiner Lehberger und Dr. Dieter Wunder hätten entscheidend dazu beigetragen, dass die Kommission auf sehr hohem Niveau arbeiten konnte. „Ihnen gilt unser besonderer Dank“, sagte Ernst.

Ausgang und Ziele der Enquete-Kommission

Ausgangspunkt der Enquete-Kommission waren neben den ungenügenden Leistungen der Hamburger Schülerinnen und Schüler in Bildungsstudien (PISA, KESS, LAU) vor allem die deutlich gewordene, große soziale Ungerechtigkeit des bestehenden Schulsystems. Die Deutschland im OECD-Vergleich attestierte höchste Abhängigkeit des Schulerfolgs von der sozialen Herkunft der Schülerinnen und Schüler erzwangen im gleichen Maße eine Reform des gesamten Schulsystems. Gleiches gelte für das Unvermögen des deutschen Schulsystems, Kindern aus benachteiligten Familien besser zu fördern und ihre Nachteile auszugleichen. Ein Kind aus oberen Schichten hat in Hamburg eine 4,25-fach höhere Chance, eine Gymnasialempfehlung zu erhalten als ein Kind, das aus einer Arbeiter- oder Facharbeiterfamilie stammt. (KESS 4).

Insbesondere die Krise der Hamburger Hauptschulen hat Handlungsdruck erzeugt. Auch die CDU hat endlich eingesehen, dass diese Schulform keine Zukunft hat.

Auf Antrag von SPD und GAL beschloss im Januar 2006 die Hamburgische Bürgerschaft einstimmig die Einsetzung der Enquete-Kommission „Konsequenzen der neuen PISA-Studie für Hamburgs Schulentwicklung“ nach Artikel 27 der Hamburgischen Verfassung in Verbindung mit § 63 der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft , die in einem hohen Anteil mit ausgewiesenen Bildungsexpertinnen und -experten besetzt werden konnte.

„Schulreformen können eine Gesellschaft nicht direkt verändern. Ein gutes Bildungssystem aber ist Grundlage für ein eigenständiges und zufrieden stellendes Leben. Ein gutes Bildungssystem eröffnet der nächsten Generation die Chance auf sozialen Aufstieg“, betonte Ernst. Es müsse endlich Schluss damit sein, dass „die Qualität der Schulbildung vom Bücherbestand und der Dicke des Portemonnaies der Eltern abhängt“.

Die Experten Prof. Reiner Lehberger, Sabine Schlüter und Dr. Dieter Wunder befürworteten ungeachtet der Gleichwertigkeit der Abschlüsse eine klare Profilierung von Stadtteilschule und Gymnasium. Ziel muss es sein, die zwei Schulformen in ihrer Unterschiedlichkeit für Eltern attraktiv zu gestalten. Das Gymnasium ist eine akzeptierte leistungsfähige Schulform, die bei den Eltern großes Vertrauen besitzt. Wir erwarten allerdings eine stärkere Hinwendung zu einzelnen Schülerinnen und Schülern, so dass angestrebte Ziele ohne Schulformwechsel und Sitzen bleiben erreicht werden können. Die Stadtteilschule geht mit einer besonderen Ausstattung unterschiedliche Wege in der Förderung aller Schülerinnen und Schüler, als Ganztagsschule verfügt sie über zusätzliche und attraktive Möglichkeiten der pädagogischen Arbeit, sie gibt Jugendlichen mehr Zeit zum Abitur. Die unterschiedliche Profilierung der zwei Wege erfordert es, Eltern in Klasse 4 gründlich zu beraten und ihnen eine Empfehlung für den weiteren Schulweg zu geben; allerdings liegt die Entscheidung dazu allein bei den Eltern.

Die Experten sehen die Probleme des neuen Schulsystems, insbesondere die Aufgaben, die der Stadtteilschule gestellt werden, als derart komplex an, dass es erst nach einem längeren Nebeneinander beider Schulformen möglich sein wird, den Schritt zu einer Verbindung von Stadtteilschule und Gymnasium zu gehen. Das neue System gibt Eltern für einen längeren Zeitraum Sicherheit und Verlässlichkeit.

Zu den Beschlüssen der Enquete-Kommission im Einzelnen:

I. Förderung von so genannten Risikoschülerinnen und Risikoschülern

Ernst betonte, die Enquetekommission habe insbesondere bei der Förderung so genannter Risikoschülerinnen und -schüler gute Lösungen erzielt:

* Gezielte Maßnahmen zur frühen Prävention (z.B. aufsuchende Familienarbeit durch Familienhebammen und Familienhelferprojekte) und Frühkindlichen Bildung, besonders für benachteiligte Familien, damit sie rechtzeitig in die Lage versetzt werden, ihre Kinder gut zu fördern (z.B. Ausweitung von Family-Literacy-Projekten wie „HIPPY“, deren Mitarbeiterinnen in die Familien hinein gehen und schon im frühkindlichen Alter so genannte „bildungsferne“ Eltern und Eltern mit Migrationshintergrund dazu befähigen, ihr Kind kognitiv zu fördern und auf die Schule vorzubereiten).

* Umsteuerung der Ressourcen (Sprachförderung, kleine Gruppen in Kita, Vorschule und Schule etc., verbindliche Ganztagsschulen), anhand der Lebenssituation der Kinder und Familien, dorthin, wo der Bedarf am größten ist (KESS-Sozialindex 1 und 2).

* Gezielte Fördermaßnahmen für Jungen und Kinder mit Migrationshintergrund (Lese- und Sprachförderung)

* Bessere Vernetzungen aller Angebote und Einrichtungen für Kinder und Familien, von Kita und Schule, über die Gesundheitsvorsorge und Sprachkurse für Eltern, bis zu Erziehungshilfe.

* Förderung von Interkulturalität und den bedeutendsten Weltsprachen und Sprachen der EU sowie den wichtigsten Herkunftssprachen (Farsi, Pashtu, Russisch, Türkisch etc.)

* Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern zum Umgang mit einer heterogenen Schülerschaft und zur Verbesserung des Unterrichts sowie Fortbildung für das Personal in den Hamburger Kitas – etwa im Zusammenhang mit der Sprachförderung.

* Recht auf nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses und bedarfsdeckende Möglichkeiten für Jugendliche den Abschluss nachzumachen (auch in Tagesform)

Folgenden Forderungen der SPD ist die CDU-Mehrheit in der Enquete-Kommission nicht gefolgt:

* Der Einführung eines beitragsfreien Bildungsjahrs für alle Hamburger Kinder ein Jahr vor der Einschulung.

* Dem Ausbau der integrativen Regelklassen an Grundschulen durch die schrittweise Integration der Primarstufen (Klasse 1 bis 4) der Sprachheil- und Förderschulen in die Grundschulen

* Einer Verlängerung der allgemeinen Schulpflicht für alle Schülerinnen und Schüler von 9 auf 10 Jahre. – Es kommt nur noch in sehr seltenen Ausnahmefällen vor, dass 15jährige Jugendliche einen Ausbildungsplatz finden. Üblicherweise besuchen sie stattdessen berufsschulische Bildungsmaßnahmen in Vollzeit (Warteschleifen), bis sie für den Ausbildungsmarkt alt genug sind. Das durchschnittliche Alter bei Beginn einer Ausbildung lag 2005 in Hamburg bei genau 20,3 Jahren! Ebenso wollen wir verhindern, dass Jugendliche nach der 7. oder 8. Klasse die Schule verlassen müssen, weil sie durch Klassenwiederholungen und den Besuch der Vorschule ihre neunjährige allgemeine Schulpflicht absolviert haben.

II. Hebung des Bildungsniveaus

Auch bei Punkt „Hebung des Bildungsniveaus“ hat die Arbeit der Enquetekommission zu konkreten Empfehlungen geführt:

* Einrichtung eines regelmäßigen Bildungsmonitorings, um Prognosen für den Fachkräftebedarf zu ermöglichen.

* Ausbau der Vollzeitschulischen Ausbildungen und Einführung einer Prüfung durch die Kammern, wie es das Berufsbildungsgesetz vorsieht.

* Ausbau und Vernetzung der Weiterbildung.

* Einstieg in die Benennung konkreter Zielvorgaben für das Jahr 2015, z.B. für die Einrichtung von Kita-Plätzen für die 3 und 4jährigen Kinder (Steigerung auf mindestens 85 Prozent), für die Beteiligungsquote der 5jährigen in Kita und Vorschule auf dann volle 100 Prozent etc.

Folgende Forderungen der SPD-Gruppe wurden leider von der CDU-Mehrheit abgelehnt:

Generell fordern wir mehr Ehrgeiz bei der Setzung und Erreichung einiger Ziele:

* Stärkere Reduzierung der Klassenwiederholungen in der Sekundarstufe I (auf 1,5%),

* Reduzierung der Schulabbrecherquote bis 2015 auf drei Prozent,

* Reduzierung der Quote der Schülerinnen und Schüler, die die Schule ohne Abschluss verlassen auf maximal sechs Prozent. Damit orientiert sich die SPD-Gruppe an europäischen Benchmarks.

* Reduzierung des Anteils der Schulabbrecher mit Migrationshintergrund auf maximal 6%

* Wir wollen mehr Schulen in kürzerer Frist in Ganztagsschulen umwandeln. Unser Ziel: 100 Ganztagsschulen in sechs Jahren, davon 60 Grundschulen.
* Wir wollen, dass mehr junge Menschen ein Studium an den Hochschulen beginnen, ihr Studium früher beenden und es seltener abbrechen.
* Wir wollen die Hochschulen stärker für Menschen öffnen, die ohne Abitur, aber mit anderer Qualifikation ihr Studium beginnen wollen. Daher fordern wir die Steigerung des Anteils von Studierenden ohne Abitur von heute 0,5% auf 5%
* Im OECD-Durchschnitt beginnen heute 51 Prozent eines jeden Schulabschlussjahrganges ein Hochschulstudium. In Hamburg sind es „nur“ 40 Prozent. Zumindest die Durchschnittswerte der OECD-Länder sollten uns ein Ziel sein.
* Wir wollen das lebenslange Lernen fördern und die Teilnahme an der allgemeinen und der beruflichen Weiterbildung steigern.

III. Qualität von Schule verbessern

Es besteht Einigkeit darüber, dass eine Verbesserung des Bildungssystems in Hamburg auch eine Steigerung der Qualität der Schulen beinhaltet. Bundesweit werde das Schulsystem an drei Punkten verändert: Mehr Selbstständigkeit der Schulen, klare Bildungsstandards und die regelmäßige Evaluierung der schulischen Arbeit – dies sei auch in Hamburg so. Bereits Mitte der 90er Jahre sei von Hamburg die „empirische Wende“ ausgegangen, d.h. die systematische Untersuchung der Leistungsfähigkeit des Schulsystems. Auch hier habe die Enquete-Kommission wichtige Empfehlungen gegeben:

* die weitere Stärkung der Eigenverantwortung der Schulen

* die Stärkung der Schulleitung

* die Verbesserung der Aus- und Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern

* eine verbesserte Qualität der Steuerung seitens der Behörde

* eine Neue „feed-back-Kultur“ an der Schule, die sowohl Schülerinnen und Schüler als auch ihre Eltern einbezieht. Um eine möglichst objektive Rückmeldung zu erhalten, sollen auch anonyme Befragungen möglich sein.

* eine stärkere Förderung der mathematisch-naturwissenschaftlichen Kompetenz, verbunden mit einer stärkeren Teilnahme an Wettbewerben etc.

IV. Bildungsfinanzierung überprüfen

Aus Sicht der SPD muss der Mitteleinsatz im Bildungsbereich sorgfältig überprüft werden. „Hamburg sollte nicht nur viel Geld für die Schulen ausgeben sondern muss entsprechend auch die beste Schulbildung haben“, sagte Ernst. In diesen Zusammenhang gehöre auch die Forderung, die Leistung von Lehrern flexibel zu honorieren. Folgende weitere Schritte zu einer wirkungsvollen Überprüfung der Bildungsfinanzierung hebt die SPD-Schulexpertin hervor:

* regelmäßige und transparente Berichterstattung über Bildungsausgaben und die Wirksamkeit der Maßnahmen. Transparenz der Kosten für Schülerinnen und Schüler an unterschiedlichen Schulformen und Standorten. Transparenz über die Verwendung der vergebenen Lehrerstunden

* Priorität im Haushalt für Bildung und Jugendhilfe für den Elementarbereich

* die Zahl der Zurückstellungen von der Einschulung sowie die Zahl der Abschulungen und der Klassenwiederholungen zugunsten besserer Förderung muss reduziert werden

* Transparenz über die diversen Maßnahmen für 15- bis 25jährige ohne Ausbildungsplatz. Abbau sinnloser „Warteschleifen“, stattdessen verbindliche Begleitung von Jugendlichen, die Unterstützungsbedarf haben

* Ausbau der gezielten Mittelzuweisung für bestimmte Zielgruppen oder Stadtteile, z. B. für die Sprachförderung oder den Ausbau der Ganztagsschulen

* Reform der Lehrerbesoldung – Flexibilisierung, funktionsbezogene Zulagen, Aufstiegsmöglichkeiten für alle Lehrkräfte statt Regelbeförderung etc.

Vorschläge der SPD-Gruppe, die durch die CDU-Mehrheit in der Enquete-Kommission keine Mehrheit fanden:

* Nach Wunsch der SPD sollten die durch den Abbau der Klassenwiederholungen eingesparten rund 20 Millionen Euro pro Jahr gezielt für die individuelle Förderung verwendet werden.

* Finanzielle Entlastung für die Eltern, um den Besuch von Kitas schon ab drei Jahren zu fördern. (neben der Beitragsfreiheit für alle Kinder ein Jahr vor der Schule)

V. Vielgliedrigkeit des Schulsystems reduzieren

Bei der Reduzierung der Vielgliedrigkeit des Schulsystems sind entscheidende Fortschritte gemacht worden. Insbesondere in diesem Bereich sind Vorschläge erarbeitet worden, die „die soziale Spaltung durch Wahl der Schulform beenden helfen“, sagte Ernst. Diese Punkte würden die Schulstruktur in Hamburg entscheidend nach vorn bringen.

* Einmütig hat die Enquete-Kommission beschlossen, die Zahl der Schulformen in Hamburg drastisch zu reduzieren.

* Zum 1. August 2009 soll die neue Schulstruktur mit der Einführung von Stadtteilschulen umgesetzt werden. Die Hauptschule wird damit in Hamburg abgeschafft.

* Jede weiterführende Schule in Hamburg wird die Möglichkeit des direkten Weges zum Abitur anbieten.

* Auch Gymnasien entwickeln sich zu Stadtteilschulen, wenn die Schulkonferenz diese beschließt.

* Formen der dauerhaften äußeren Differenzierung sollen zugunsten innerer Differenzierung und Individualisierung zurücktreten.

* Die Regionalisierung der Schulorganisation und Schulentwicklungsplanung.

* Erhalt des Elternwillens bei der Wahl der weiterführenden Schulform.

Konkrete Forderungen der SPD-Gruppe in der Enquete-Kommission:

* Alle Schulen müssen attraktiv und leistungsfähig werden. Denn mit der Attraktivität und Akzeptanz der Stadtteilschulen für die Familien steht und fällt das Konzept der Stadtteilschule. Dafür müssen Stadtteilschulen gut ausgestattet werden – mit mehr Zeit zum Lernen für die Kinder und einer Erfolg versprechenden Zusammensetzung des Personals – Sonderpädagogen, Gymnasiallehrer, Sozialarbeiter etc.

* Auch die Gymnasien müssen reformiert werden und sich besser auf heterogene Lerngruppen und die Förderung aller Kinder einstellen.

* Die CDU ist der Forderung nach der Perspektive einer „Schule für alle“ nicht gefolgt.

* Ebenso wurde der Vorschlag einer regionalisierten Schulaufsicht und Schulentwicklungsplanung zu Beginn des Umstrukturierungsprozesses abgelehnt.

* Die SPD Abgeordneten in der Enquete-Kommission setzten sich für die Abschaffung der Grundschulempfehlung ein, dieser Vorschlag fand jedoch keine Mehrheit.

* Der Vorschlag, die Integration der Förder- und Sprachheilschulen in das reguläre System von der Grundschule aufwachsend entsprechend den personellen und konzeptionellen Möglichkeiten zu beginnen fand keine Mehrheit.

Für die Gruppe der SPD waren in der Enquete-Kommission vertreten:
Benannte Experten/in:: Prof. Dr. Reiner Lehberger, Sabine Schlüter, Dr. Dieter Wunder
Abgeordnete: Prof. Barbara Brüning, Britta Ernst (Obfrau), Gerhard Lein. Stellvertreter/in: Wilfried Buss, Luisa Fiedler

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