Ehemalige HWP bleibt besetzt

Schon in der Nacht zum Mittwoch haben Studierende das Gebäude der ehemaligen Hochschule für Wirtschaft und Politik (HWP) besetzt. Unter anderem protestieren sie gegen finanzielle Kürzungen, verschlechterte Studienbedingungen und undemokratische Strukturen an der Uni. Hier kommen die BesetzerInnen zu Wort.

Hier die Erklärung:

Die studentische Vollversammlung im Hörsaal des Fachbereichs Sozialökonomie hat am Mittwoch, den 01. Juni 2010 mehrheitlich die Weiterbesetzung der ehemaligen HWP bis mindestens zur Vollversammlung am Freitag um 14 Uhr im Hörsaal von VMP9 beschlossen.

Somit wird der reguläre Vorlesungsbetrieb durch Arbeitsgruppen, politischen Veranstaltungen und alternative Tutorien ersetzt. Weiterhin wird das Dekanat der WiSo-Faktultät blockiert.

Hintergrund ist die jahrelange Nichtnachbesetzung von freigewordenen Professuren für Arbeitnehmerrechte und Verbraucherschutz, fehlende Akademische Selbstverwaltung auf Fachbereichsebene sowie die drohende Schließung des Fachbereichs Sozialökonomie (HWP) durch die Kürzungspläne des SPD-Senats.

In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch drangen ca. 35 Studierenden aus dem Fachschaftsrat Sozialökonomie, Fachschaftsrat Sozialwissenschaften, Fachschaftsrat Geisteswissenschaften sowie von Aktivist*innen der politischen Hochschulgruppen CampusGrün, Regenbogen/AL und SDS um ca. 23 Uhr in die HWP ein und verbarrikadierten von innen alle Zugänge zum Fakultätsgebäude VMP9 der Universität Hamburg. Damit wurde neben der ehemaligen Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (HWP) auch die Verwaltung und das Dekanat der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften besetzt.

Auf der anschließenden Vollversammlung im großen Hörsaal der HWP wurde heftig über diese nächtliche Besetzungsaktion diskutiert. Schnell waren sich anwesende Studierende, Dozent*innen und Verwaltungsleitung einig, das gemeinsam gegen die Kürzungspläne vorgegangen werden muss. Wenn die Kürzungspläne des vorherigen schwarz-grünen und des jetzigen SPD-Senats umgesetzt werden, drohen dem Fachbereich Sozialökonomie massive Einsparungen bis hin zur Abschaffung unseres Studiengangs.

Aber auch das Dekanat steht in der Kritik. Schließlich ist dieses von oben eingesetzt und nicht demokratisch legitimiert. Das Dekanat der WiSo-Fakultät hat in den vergangenen Jahren zielgerichtet demokratische Entscheidungsstrukturen im Fachbereich Sozialökonomie unterlaufen. Dazu kommen Personalabbau in der Verwaltung sowie eine spürbare Verschlechterung der Studierendenbetreuung. Die Streichung von Professuren und der Abbau von Kernkompetenzen der ehemaligen HWP haben die Qualität des Studiums bis ins untragbare verschlechtert.

Dagegen vorzugehen findet unter den Studierenden, Mitarbeiter*innen und kritischen Professor*innen Einigkeit. Unterschiedlich sind allerdings die Meinungen zu den Aktionsformen. Bedeutet eine Besetzung doch auch immer ein Ausfall von Kursen und Vorlesungen. Die diskutierten Fragen lauteten: leitet das Studium mehr an der fortgeführten Qualitätsverschlechterungen oder doch mehr am zeitweiliger Ausfall durch Besetzung? Trifft diese Aktionsform uns Studierenden mehr als die Verantwortlichen im Dekanat und Senat? Am Ende setzte sich die Meinung durch, das ein radikaler Protest notwendig ist um Öffentlichkeit zu finden. Viele Studierende wurden erst durch die Besetzung dazu animiert über die Situation zu diskutieren. Im Studienalttag bleibt oft zuwenig Zeit dazu.

Besetzung bedeutet das Schaffen eines Freiraums zum informieren und diskutieren. Da die HWP somit in studentischer Hand ist, sollten rund um die Uhr Arbeitsgruppen, selbstorganisierte Tutorien und alternative Vorlesungen stattfinden. Diese müssen organisiert werden.

Wir schließen uns dem Beschluss für eine Re-Demokratisierung der Universität des Akademischen Senats an. Entscheidungen innerhalb der Uni müssen zukünftig wieder durch demokratisch gewählte Gremien der Akademischen Selbstverwaltung unter Mitwirkung aller Hochschulangehörigen und die Beteiligung aller Mitgliedsgruppen getroffen werden. Die Einrichtung von Organisationseinheiten unterhalb der Fakultäten muss im Hamburgischen Hochschulgesetz (HmbHG) soweit geregelt werden, dass dort geregelte Willensbildungsprozesse unter Beteiligung aller Gruppen möglich sind. Die Verantwortung für die wissenschaftliche Entwicklung der Studiengänge muss auf der wieder einzurichtenden Gremienebene der Fachbereiche liegen.

Wir zeichnen uns als Sozialökonomiestudierende durch das gemeinsame Studium von Menschen mit und ohne Abitur aus. Gesellschaftliche Verantwortung ist für uns wichtiger als vorgesetzte Anforderungen eines fremdbestimmten Arbeitsmarktes. Wir wollen auch weiterhin ein kritisches, interdisziplinäres und wissenschaftliches Studium und kein ökonomisiertes Mainstreamstudium.

Weitere Aktionen wie Flashmobs, ein Sternmarsch am 7. Juni sowie ein #YesWeCamp auf dem Hamburger Rathausmarkt sind in Vorbereitung.

Basisdemokratisch gegen Kürzungen und für freie und kritische Bildung!

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