Bildungsdiskussion: Ton wird schärfer

SchulkinerDer für den bildungspolitischen Landesparteitag der Hamburger SPD geplante einvernehmliche Schmusekurs mit einem Kompromiss-Antrag gerät offenbar in Gefahr. Der DGB Hamburg und sämtliche Einzelgewerkschaften haben sich jetzt in einer Erklärung für eine integrierte Schule bis Klasse 10 ausgesprochen. Gefragt ist auch Ihre Meinung: Stimmen Sie in der linken Randspalte ab!

„In keinem anderen europäischen Land sortiert man die Kinder so früh in verschiedene Schulformen wie in Deutschland – und schon gar nicht in den Ländern, die bei PISA besser abgeschnitten haben als wir“, sagt Erhard Pumm, Vorsitzender des DGB Hamburg. „Frühe soziale Selektion verstetigt sich im weiteren Leben; damit wird bereits im Kindesalter festgelegt, wer später gute und wer schlechte gesellschaftliche Teilhabechancen haben wird. Das gehört aufgebrochen, darin sind sich nicht nur alle Hamburger Gewerkschaften einig, sondern zunehmend auch Eltern, Pädagogen, Wissenschaftler und Politiker. Deshalb sagen wir: Hamburg braucht eine Schule für alle Kinder, eine integrierte Schule bis zur 10. Klasse.“

Hier der Wortlaut der Erklärung aller Hamburger Gewerkschaften:

Länger gemeinsam lernen –
Hamburg braucht eine Schule für alle Kinder!

Der DGB fordert eine Schule für alle. Wir wollen eine integrierte Schule bis zur 10. Klasse.

Wir wollen, dass alle Kinder und Jugendlichen in Hamburg gleich gute Chancen auf eine bestmögliche Bildung und Ausbildung bekommen.

Wir wollen leistungsfähige Schulen, in denen alle Kinder eine an ihren Stärken und Schwächen orientierte Förderung erhalten.

Denn wir wissen: Nur dadurch haben alle Kinder und Jugendlichen später gute Chancen auf beruflichen Erfolg und gesellschaftliche Teilhabe.

Begründung:

In keinem anderen Land ist der Schulerfolg der Kinder so abhängig von der sozialen und ethnischen Herkunft ihrer Eltern. Die Verteilung auf die Schulformen erfolgt eher nach sozialen Gründen als nach Leistung und Begabung. So werden Kindern Lebenschancen verweigert, Begabungen gehen verloren.

Eine ganz entscheidende Ursache dafür ist offensichtlich unser vielfach gegliedertes Schulsystem. In fast allen anderen Ländern gibt es das schon längst nicht mehr – schon gar nicht in den erfolgreichsten! Dort lernen die Kinder länger gemeinsam – und dadurch lernen alle mehr und besser!

Unser Schulsystem aus dem vorletzten Jahrhundert basiert auf früher Auslese statt auf Chancengleichheit durch individuelle Förderung.

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Hamburg und ihre Gewerkschaften halten es für nicht länger hinnehmbar, dass die Bildungschancen und damit die Zukunftschancen der Kinder und Jugendlichen in dieser Stadt weiterhin so ungerecht verteilt werden, dass Kinder aus den unteren sozialen Schichten und aus Migrantenfamilien aufgrund des gegliederten Schulwesens seltener zu hohen Bildungsabschlüssen kommen als andere.

Auch in Hamburg wächst die Unterstützung für eine grundlegende Reform des Schulwesens: bei Eltern und Lehrkräften, in Betrieben und Verbänden, in Wissenschaft und Politik.

Die Erfahrungen, die Hamburg in hohem Maß mit integrativen Schulen hat – vor allem mit Grundschulen und Gesamtschulen -, bieten eine gute Grundlage für unsere Vorstellungen einer Schule für alle Kinder.

Die Trennung der Schüler/innen nach Klasse vier, die Aufteilung in höhere und geringerwertige Bildungsgänge, die soziale Selektion in Schulformen ist nur aufzuheben, wenn alle Kinder und Jugendlichen in eine integrative Schule gehen, bis mindestens zur Klasse 10.

Eine gute Schule für alle, in der die Kinder in heterogenen Lerngruppen unterrichtet werden, in der individuelle Förderung stattfindet und die ohne das Aussortieren von Schülerinnen und Schülern in unterschiedliche Niveaus auskommt, kann nicht mit großen Lerngruppen und überlasteten Lehrerinnen und Lehrern gemacht werden. Die personelle Ausstattung der Schulen muss deutlich verbessert werden, die Arbeitszeit der Beschäftigten muss gesenkt werden, statt ständig weiter erhöht. Nur so ist heute die Qualität der Bildung zu
steigern.

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