Alexandra Senfft über den Mythos vom „guten Nazi“

Der Mythos vom „guten Nazi“
Alexandra Senfft liest aus „Schweigen tut weh“

Dienstag, 8.05.2007, 20.00 Uhr
Uni-Café Libresso, Edmund-Siemers-Allee 1 (Uni-Hauptgebäude Westflügel)

Schweigen über die verklärte Gestalt des Vaters und Großvaters war ungeschriebenes Familiengesetz. Alexandra Senfft, Enkelin des 1947 hingerichteten SA-Manns Hanns Ludin, schildert in ihrer Familiengeschichte, wie drei Generationen durch die tabuisierte Schuld des Vorfahren drangsaliert wurden. Obwohl erst 1961 zur Welt gekommen, trägt sie als Enkelin des Kriegsverbrechers Ludin schwer am Erbe des Nazi-Großvaters, der als „Gesandter und Minister des Großdeutschen Reichs“ in der Slowakei für die Deportation von 70000 Juden verantwortlich war. Mit ihrem Buch „Schweigen tut weh“ will Alexandra Senfft den verlogenen Familienlegenden die zerstörerische Kraft nehmen. Hüter der Legenden waren die Frauen, die Ehefrau und die Töchter. Diesen fatalen Traditionszusammenhang bricht Alexandra Senfft auf, indem sie einfühlsam und liebevoll das biographische Scheitern ihrer Mutter Erika, der ältesten Tochter Ludins, anhand von Familienzeugnissen rekonstruiert. Erika Ludin erfuhr mit 14 Jahren als Einzige der Kinder Ludins die Wahrheit über das Verschwinden des Vaters; die anderen sollten glauben, er sei gefallen. Erika Ludin war eine außergewöhnliche Frau des linken Hamburger Nachkriegs-Establishments; Ausgangspunkt ihres Leidens, ihrer Depressionen, ihrer langen Alkoholexzesse, ihres frühen Todes war das in der BRD übliche Verschweigen und Verdrängen. Alexandra Senfft gelingt es, den langen, tiefschwarzen Schatten des „Dritten Reiches“, der jahrzehntelang auf ihrer Familie lag, zu vertreiben und zugleich ein Verständnis für die verzweifelte Situation ihrer Mutter Erika zu entwickeln, die am familiären Schweigezwang zerbrochen ist.

Alexandra Senfft, geb. 1961, war 1988 Nahostreferentin der Grünen-Fraktion im Bundestag, dann UN-Beobachterin in der Westbank und bis 1991 UN-Pressespecherin im Gazastreifen. Anschließend war sie als Reporterin und Redakteurin tätig. Heute schreibt sie für namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sie ist Vorstandsmitglied des Deutsch-Israelischen Arbeitskreises für Frieden im Nahen Osten e.V. „Schweigen tut weh“ ist im Claassen Verlag erschienen.

Veranstalter: Heinrich Heine-Buchhandlung mit Unterstützung des Literaturzentrums

Eintritt: Euro 6,–/erm. 3,–)

Kartenreservierungen unter
fon: 040/2279203 und 20769037
fax: 040/2291501
mail: lit@lit-hamburg.de

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