Abschiebung Minderjähriger ausgesetzt

Nach dem Selbstmord eines 17jährigen in Abschiebehaft hat Innensenator Ahlhaus angekündigt, künftig keine Minderjährigen mehr abschieben zu wollen, sofern sie nicht straffällig geworden sind. Die Opposition begrüßt dies, und die SPD fordert darüber hinaus, die UN-Kinderrechtskonvention endlich auch in Hamburg umzusetzen.

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion fordert den Senat auf, alles zu tun, damit die UN-Kinderrechtskonvention vorbehaltlos auch in Deutschland gilt und in Hamburg umgesetzt wird. „Es ist ein Skandal, dass die UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland zu Lasten insbesondere minderjähriger Flüchtlinge noch immer nur eingeschränkt gilt. Die Aufhebung des Vorbehalts wird seit Jahren gefordert und von einigen CDU-geführten Ländern immer wieder blockiert – bisher unter tatkräftiger Mithilfe des schwarz-grünen Senats“, sagte SPD-Innenexperte Andreas Dressel.

Der Vorbehalt müsse zurückgenommen werden. Das Kindeswohl müsse auch bei minderjährigen Flüchtlingen im Mittelpunkt stehen, so Dressel. Die Einsicht, dass Abschiebehaft für Minderjährige, die sich nicht strafbar gemacht haben, unverhältnismäßig ist, komme für den 17jährigen zu spät, der sich am Sonntag in der Untersuchungshaftanstalt das Leben genommen hatte. Die rückhaltlose Aufklärung des Selbstmords müsse – ungeachtet des Kurswechsels – weitergehen. Hierzu hat die SPD-Fraktion eine Anfrage an den Senat gerichtet.

Das „Übereinkommen über die Rechte des Kindes“ (UN-Kinderrechtskonvention) vom 20. November 1989 ist am 5. April 1992 für Deutschland in Kraft getreten. Für Deutschland hatte die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung Vorbehalte im Rahmen des Inkrafttretens der Konvention formuliert, die bewirken, dass z. B. minderjährige Flüchtlinge mit 16 Jahren in Deutschland schon wie Erwachsene behandelt werden – insbesondere mit der Möglichkeit der Abschiebehaft und nicht sichergestelltem Schulbesuch und unzureichender pädagogischer Betreuung.

Vielfältige Bemühungen der SPD-Bundesländer, aus dem parlamentarischen und dem außerparlamentarischen Raum, die Vorbehalte zurückzunehmen, scheiterten bislang immer an den CDU-Bundesländern – auch unter Mithilfe des CDU/GAL-Senats. Zuletzt hat sich Hamburg im Sommer 2008 der Stimme enthalten, als es um die Aufhebung des Vorbehalts ging – was im Bundesrat wie eine Ablehnung wirkt.

Einen Bürgerschaftsantrag der SPD aus dem November 2008 zur Aufhebung des Vorbehalts hat die CDU/GAL-Mehrheit ohne Ausschussberatung abgelehnt. Mittlerweile berät der Bundesrat erneut über eine SPD-Initiative zur Rücknahme des Vorbehalts (Bundesrats-Drs. 829/09) – Ausgang offen. Auch hierzu hakt die SPD-Fraktion erneut per Anfrage nach: „Als IMK-Vorsitzender muss Ahlhaus bei diesem Thema vorangehen und bundesweit für die volle Geltung der Konvention eintreten. Die bisherige schwarz-grüne Haltung ist beschämend.“

Auch im Übrigen fällt die schwarzgrüne Bilanz der Migrationspolitik nach Ansicht der SPD sehr gemischt aus. Es sei unverständlich, dass Hamburg sich nicht für eine dauerhafte und humane Bleiberechtsregelung stark gemacht habe. Auch die bisherige schwarzgrüne Position beim Staatsbürgerrecht mit dem Festhalten am Optionszwang zeige weder die Weltoffenheit noch Toleranz, derer sich Hamburg so gerne rühme.

Zu der Erklärung vom Innensenator Ahlhaus, keine Abschiebehaft für Minderjährige unbegleitete Flüchtlinge mehr zu verhängen, erklärt Mehmet Yildiz, migrationspolitischer Sprecher der LINKE: „Es ist sehr traurig, dass erst ein junger Menschen sterben muss, bevor diese offensichtlich unmenschliche Abschiebehaft-Praxis vom Senator überprüft und endlich beendet wird. Minderjährige Flüchtlinge brauchen Betreuung statt Gefängnis.

Es kann nicht sein, dass Menschen, die sich nichts zu schulden kommen lassen haben, in Abschiebehaft genommen werden. Das gilt selbstverständlich für alle Flüchtlinge. Menschen die bei uns Zuflucht suchen, sollten hier auch menschenwürdig behandelt werden.

Wie ernst der Senator der Senator seine Ankündigung wirklich meint, muss sich erst noch zeigen. Es wirkt zynisch, dass gestern ein Fünfzehnjähriger abgeschoben worden sein soll und zwei weitere Minderjährige noch in Abschiebehaft sitzen. Das hinterlässt bei mir den Eindruck, dass es sich weniger um Einsicht, als um einen halbherzigen Kompromiss an den grünen Koalitionspartner handelt.“

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