Stadt kämpft für ausgebeutete Mieterinnen und Mieter

Aktionstage gegen Sozialleistungsmissbrauch: Die Sozialbehörde unterstützt die betroffenen Bewohnerinnen und Bewohner mithilfe eines Rechtsanwalts bei der Geltendmachung von Ansprüchen gegen ihre Vermieterin.

In Kooperation mit der Sozialbehörde und fördern und Wohnen AöR (f & w) macht ein Rechtsanwalt Schadensersatzansprüche gegenüber der Vermieterin des im Rahmen des Aktionstages im März 2018 geräumten Gebäudes Reetwerder 3 geltend. Dabei werden zunächst exemplarisch Schadensersatzansprüche in Höhe von 30.080,20 Euro sowie weitere laufende Kosten der öffentlichen Unterbringung für eine betroffene Familie geltend gemacht. Forderungen weiterer ausgebeuteter Mieterinnen und Mieter werden folgen.

Senatorin Dr. Melanie Leonhard betont, wie wichtig Hamburg das Vorgehen gegen die Ausbeutung von Menschen in Notlagen ist: „Mit den Aktionstagen nehmen wir Eigentümer ins Visier, die Menschen ausnutzen. Wir wollen solche Verhältnisse in Hamburg nicht haben. Ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die an den Aktionstagen mitgewirkt haben. Ihr Einsatz sorgt dafür, dass das Leben vieler Menschen besser wird. Darum geht es uns.“

Was sind Aktionstage?

Bundesweit gibt es Hinweise auf organisierten Missbrauch von Sozialleistungen und die systematische Ausbeutung insbesondere von aus der EU zugewanderten Menschen. Im Rahmen behördenübergreifender Schwerpunkteinsätze (sogenannte „Aktionstage“) geht die Stadt Hamburg unter anderem gegen Vermieterinnen und Vermieter vor, welche die Notlagen von Menschen ausnutzen. Ziel der Aktionstage ist die Beseitigung der Missstände und die Aufdeckung organisierter Strukturen. Die Sozialbehörde koordiniert die Schwerpunkteinsätze, bei denen jeweils rund 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschiedener Bundes- und Landesbehörden Hinweisen auf prekäre Wohnverhältnisse, ausbeuterische Strukturen und organisierten Sozialleistungsmissbrauch nachgehen.

Wie wird den betroffenen Menschen geholfen?

Die Einsätze richten sich ausschließlich gegen die Vermieterinnen und Vermieter und ihre Hintermänner und ausdrücklich nicht gegen die Bewohnerinnen und Bewohner der überprüften Immobilien. Wenn ein Gebäude beispielsweise wegen gravierender baulicher Mängel geräumt werden muss, sorgt die Stadt Hamburg mithilfe von f & w für eine alternative Unterbringung, sofern die Vermieterin oder der Vermieter nicht selbst Abhilfe schafft beziehungsweise sich die betroffenen Menschen nicht selbst helfen können. Niemand wird obdachlos.

Darüber hinaus unterstützt die Stadt Hamburg die betroffenen Menschen auch bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Vermieterinnen und Vermieter. In Betracht kommt hier beispielsweise die Rückforderung überhöhter Mieten wegen Mietwuchers sowie zusätzlicher Kosten wegen der alternativen Unterbringung nach von Vermieterinnen und Vermietern verschuldeten Räumungen.

Beauftragung eines Rechtsanwalts durch f & w

Zur Unterstützung der von Räumungen betroffenen Menschen hat f & w einen Rechtsanwalt mit der Geltendmachung der Unterbringungskosten sowie möglicher weiterer Ansprüche beauftragt. Zu diesem Zweck haben die öffentlich untergebrachten Mieterinnen und Mieter ihre Schadensersatzansprüche an f & w abgetreten.

Beispielsfall Reetwerder 3

In einem ersten Beispielsfall macht der von f & w beauftragte Rechtsanwalt nun die Ansprüche einer dreiköpfigen Familie geltend, welche nach dem Aktionstag in dem Gebäude Reetwerder 3 im März 2018 ihre Wohnung verlassen und öffentlich untergebracht werden musste.

Im Rahmen der behördlichen Überprüfung am 22. März 2018 waren in dem Gebäude 120 Menschen angetroffen worden, die sich neun Wohnungen teilten und dafür wucherisch hohe Mieten zahlten. Die derzeit von f & w unterstützte Familie zahlte für ein gemeinsam bewohntes 26 m²-Zimmer eine monatliche Miete von 500 Euro pro Person. Diese überhöhte Miete verstößt gegen geltendes Recht und wird nunmehr durch den beauftragten Rechtsanwalt von der Vermieterin zurückgefordert.

Zudem wurde das Haus am Reetwerder 3 infolge eines Brandes nach dem eigentlichen Aktionstag für unbewohnbar erklärt. Seitdem ist die Familie in einer öffentlichen Unterkunft von f & w untergebracht. Auch die laufenden monatlichen Unterbringungskosten werden mithilfe des Rechtsanwalts von der Vermieterin erstattet verlangt.

Insgesamt belaufen sich die wegen Mietwuchers zurückgeforderte Miete sowie die bislang entstandenen Kosten der öffentlichen Unterbringung in dem genannten Beispielsfall auf 30.080,20 Euro. Diese Kosten macht der von f &w beauftragte Rechtsanwalt derzeit zunächst außergerichtlich gegen die Vermieterin geltend. Sofern keine fristgemäße Zahlung seitens der Vermieterin erfolgt, wird ein gerichtliches Verfahren eingeleitet werden.

Laufend weitere Aktionstage

Die Stadt wird auch 2019 behördenübergreifende Aktionstage organisieren. Zuletzt war am 29. November 2018 erfolgreich der fünfte Aktionstag durchgeführt worden. Dabei hatten rund 200 Behördenmitarbeiter zeitgleich drei auffällige Wohnobjekte in verschiedenen Bezirken überprüft.

Am Vogelhüttendeich 88 in Hamburg-Mitte, an der Luruper-Haupstraße 225a in Altona sowie im Bauernrosenweg 26 in Wandsbek gingen die Behörden konkreten Hinweisen auf Missstände nach. An zwei Standorten, in Altona und Wandsbek, wurden die Gebäude aufgrund erheblicher baulicher und sicherheitstechnischer Mängel für unbewohnbar erklärt und geräumt.

Die Bewohnerinnen und Bewohner konnten sich hier größtenteils selbst helfen. f & w kümmerte sich um die öffentliche Unterbringung von zwei Familien mit Kindern. Auch in diesen Fällen werden Schadensersatzansprüche gegen die jeweiligen Vermieter geltend gemacht. k

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