„Tauber in den Supermarkt!“

DGB Nord kritisiert Twitter-Äußerung von CDU-Generalsekretär scharf: Mehr als eine halbe Million Minijobber im Norden würden veräppelt

„Herr Tauber sollte dringend mal ein paar Monate als Minijobber in einem Supermarkt oder Fastfood-Lokal anheuern. Dann würde er keine schlechten Scherze mehr auf dem Rücken von Niedriglohnempfängern machen. Die von der CDU geplante Ausweitung der Minijobs ist ein Irrweg, der zu keinen sicheren Arbeitsverhältnissen führt. Das Vorhaben wird den Anteil prekärer Beschäftigung im Norden erhöhen und gute Arbeit zu fairen Löhnen im Norden erschweren. In vielen Dienstleistungsbranchen, in Bäckereien und Gaststätten ist ein Minijob auch für viele gut ausgebildete Beschäftigte die einzige mögliche Beschäftigungsform. Die abfällige Äußerung des CDU-Generalsekretärs zeigt, welches schiefe Bild vom Arbeitsmarkt in der Chefetage der Macht vorherrschen. Der Anteil atypischer und prekärer Beschäftigung nimmt zu, weil Unternehmen sich vor Festanstellungen und Tariflöhnen drücken. Wer aber so den Krankenversicherungen und Rentenkassen die Sozialversicherungsbeiträge systematisch entzieht, schädigt das Gemeinwesen enorm. Das wäre ein Thema für Bewerber um ein Regierungsamt“, sagte heute Uwe Polkaehn, Vorsitzender des DGB Nord. Mit den Minijobs sei auch die Armut im Norden explodiert.

Der Niedriglohnsektor wachse auch, weil es branchenübergreifend seit Jahren die Tendenz gebe, dass Arbeitgeber sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze durch Minijobs ersetzen: „Mit den Unionsplänen zum Arbeitsmarkt würden vor allem Frauen in wachsendem Maß in die Altersarmut getrieben. Anstatt Minijobs, wie es dringend nötig wäre, endlich in den Schutz der Sozialversicherung zu holen, sollen sie offensichtlich ausgeweitet werden, indem die Einkommensgrenze weiter angehoben wird. Nach 45 Jahren im Minijob bei gewerblichen Arbeitgebern und Versicherungsfreiheit entsteht aber nur ein Rentenanspruch von 163,61 Euro, so unsere Berechnungen. Daran würde auch eine Erhöhung der Einkommensgrenze nichts Wesentliches verändern. Die Minijobber im Norden brauchen dringend Verbesserungen. Dazu gehören auch effektive Kontrollen, denn vielfach bekommen die Minijobber noch nicht einmal den Mindestlohn, der ihnen zusteht. Über eine Million Menschen in Deutschland können von ihrem Einkommen nicht leben, fast jeder zweite neu abgeschlossene Arbeitsvertrag ist befristet. Darum muss sich die kommende Bundesregierung kümmern“, so Polkaehn.

263.572 geringfügig Beschäftigte gibt es in Schleswig-Holstein, 171.449 in Hamburg und 85.145 in Mecklenburg-Vorpommern (Stand: September 2016). Rund 60 Prozent der Minijobber sind Frauen. Eine Untersuchung ergab, dass 2015 knapp die Hälfte der geringfügig Beschäftigten weniger als 8,50 Euro brutto die Stunde erhielt, die Arbeitgeber damals mindestens hätten zahlen müssen. Jeder Fünfte erhielt nicht einmal 5,50 Euro.

Der CDU-Generalsekretär hatte in einem Internet-Dialog zur Vollbeschäftigung auf die Frage „Heißt das jetzt drei Minijobs für mich?“ geantwortet: „Wenn Sie was ordentliches gelernt haben, dann brauchen Sie keine drei Minijobs.“

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