Schwarz-grüner Schulfrieden bröckelt

Nicht völlig frei von Häme stellt die SPD fest, dass gleich drei führende CDU-Bildungsexpertinnen offene Kritik am Primarschul-Experiment geäußert haben: Neben unbewältigten Haushaltslöchern, großen Organisationsproblemen und geballtem Widerstand der Gymnasiallobby ist dies eine weitere schwere Hürde, die Schulsenatorin Christa Goetsch nehmen muss.

„Erst wurde nur gegrummelt, jetzt gibt es ersten offenen Widerspruch. Der vom Bürgermeister beschworene schwarz-grüne Schulfrieden fängt an zu bröckeln.“ – Mit diesen Worten hat SPD-Bildungsexperte Ties Rabe auf die Kritik der ehemaligen Schulsenatorin Alexandra Dinges-Dierig an der geplanten Einführung der Primarschulen in Hamburg reagiert.

„Mit Frau Dinges-Dierig hat sich jetzt die führende Bildungspolitikerin der Hamburger CDU gegen die schwarz-grünen Pläne zur Einführung der Primarschule ausgesprochen. Ich hoffe, das sorgt im Senat für eine Neubewertung der gesamten schwarz-grünen Schulpolitik“, sagte Rabe.

Dinges-Dierig hatte in der BILD-Zeitung Kritik an der Einführung der Primarschule geübt. Im Moment gebe es nicht einmal genügend geeignete Gebäude, in denen sechs Jahrgänge Platz fänden – von einem überzeugenden Konzept ganz zu schweigen. „Durch die Primarschule kriegen wir einen Haufen Probleme zusätzlich, die wir eigentlich vermeiden wollten“, zitiert das Blatt die ehemalige Schulsenatorin. Zuvor hatte bereits Karin Brose, CDU-Sachverständige in der Enquetekommission Bildung, und die ehemalige CDU-Schulvordenkerin Ingeborg Knipper Kritik an der schwarz-grünen Schulpolitik geübt. Rabe: „Der Bürgermeister hat zu Beginn den Schulfrieden in Hamburg beschworen. Seine Variante zum Erreichen des Schulfriedens entpuppt sich schon nach einem halben Jahr als wenig belastbarer Minimalkompromiss.“

Rabe forderte Schulsenatorin Goetsch auf, die offensichtlichen Probleme der Hamburger Schullandschaft anzupacken. Die in dieser Woche veröffentlichten Ergebnisse der Pisa-Studie weise zahlreiche Wege aus der Bildungsmisere auf. „Aber Schulsenatorin Goetsch vergeudet mit ihrem Experiment Primarschule Zeit und Geld“, kritisierte der SPD-Schulfachmann. Dieses Geld fehle bei der notwendigen Verbesserung der Lage in den Hamburger Schulen. So habe Hamburg noch weniger Lehrer als 2001.

Unbeeindruckt von dieser Kritik aus beiden großen Bürgerschaftsparteien sind zumindest Hamburgs Grundschulen aber offenkundig auf einem ganz anderen Weg: Dort wird allerorten diskutiert und geplant, wie die mit großer Spannung erwartete neue Schulform mit Leben gefüllt werden kann. Und immer mehr Gruppen von Lehrerinnen und Lehrern aus weiterführenden Schulen werden gesichtet, die in Grundschulen hospitieren: Offenbar ist das Interesse groß.

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