Polizei und Richter unter einem Dach

Verkehrte Welt: Während Justizsenator Till Steffen seine Pläne für die Autonomie der Gerichtsbarkeit verfolgt und sogar nach Schleswig-Holstein „exportieren“ will, plant der Senat nach einem Bericht des Abendblatts jetzt sogar eine gemeinsame Einsatzzentrale von Polizei, Staatsanwaltschaft und Haftrichtern während des Schanzenfests. Die LINKE vermutet, dass dies dem Grundgesetz widerspricht – aber es ist zugleich eine Chance für Festgenommene, die Rechtmäßigkeit der Festnahme überprüfen zu lassen.

Christiane Schneider, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion: „Der CDU-GAL-Senat erklärt im Vorwege des Schanzenfestes den rechtlichen Ausnahmezustand und missachtet mit der Einrichtung einer gemeinsamen Einsatzzentrale von Polizei, Staatsanwaltschaft und Haftrichtern das Prinzip der Gewaltenteilung zwischen Exekutive und Judikative. Es ist ein handfester Skandal, dass ausgerechnet unter der Regierungsbeteiligung der GAL die Unabhängigkeit der Justiz in der Praxis ausgehebelt werden soll, indem die Haftrichter organisatorisch in einer Einsatzzentrale mit Polizei und Staatsanwaltschaft zusammengelegt werden sollen.“

Die Gewaltenteilung ist Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips gemäß Artikel 20 Grundgesetz. Im Grundgesetz-Kommentar (Horst Dreier) wird zum Gewaltenteilungsgrundsatz in Art. 20 II 2 ausgeführt, dass „die Unabhängigkeit der Rechtsprechung, insbesondere auch durch die organisatorische Selbstständigkeit der Gerichte besonders strikt gewährleistet wird“. Auch in § 150 des Gerichtsverfassungsgesetzes ist normiert, dass die Staatsanwaltschaft von den Gerichten unabhängig ist.

Die LINKE befürchtet, dass durch die organisatorische Zusammenlegung in Form einer Einsatzzentrale von Polizei, Staatsanwaltschaft und Haftrichtern die reibungslose Inhaftierung von vermeintlichen Straftätern in der Untersuchungshaft durchgesetzt werden sollen, genauso wie die Durchführung von so genannten „Beschleunigten Verfahren“ gemäß § 417 StPO, bei denen wesentliche Verteidigungsrechte außer Kraft gesetzt werden. Außerdem ist eine objektive Gefahrenprognose bei präventiven Gewahrsamnahmen durch die Polizei nicht mehr gewährleistet.

Anstatt die im Koalitionsvertrag von CDU und GAL vereinbarte Informationspflicht der Polizei gegenüber den Gerichten zur „Überprüfung von polizeilichen Zwangsmaßnahmen“ bei Demonstrationen zu gewährleisten (S. 55, „Polizei“), damit willkürliche Masseningewahrsamnahmen verhindert werden, hat sich jetzt der law-and-order-Kurs von Innensenator Ahlhaus durchgesetzt.

Laut Bericht der Bild Hamburg vom 8. September wird die Polizei „eine Festnahmestrasse einrichten: Polizisten, die Gewalttäter festnehmen, übergeben sie an Kripo-Beamte, die die Festgenommenen erkennungsdienstlich behandeln und sofort zum einem Staatsanwalt bringen, der unverzüglich darüber entscheidet, ob Haftbefehl beantragt und der Festgenommene dem Haftrichter zugeführt wird.“ Diese Festnahmeprozedur soll in der Gefangenensammelstelle in der Stresemannstr. eingerichtet werden, die 200 Plätze für Ingewahrsamnahmen umfasst.

Die LINKE fordert die sofortige Rücknahme der rechtsstaatsfeindlichen „Gemeinsamen Einsatzzentrale von Polizei, Staatsanwälten und Haftrichtern“.

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