Morsal O.: Schreiber widerspricht Senator

Er sieht leidlich aus, kann reden, bewegt sich gern haarscharf neben der Wahrheit: Keine Frage, Senator Wersich hätte das Zeug zum Bürgermeister. Was er in dieser Woche erst einer Abendblatt-Journalistin und dann im Jugendausschuss erzählte, ging aber wohl einen Tick zu weit. Höflich, aber bestimmt kommt jetzt Widerspruch aus dem Bezhirksamt Hamburg-Mitte.

Das ist das seit Jahren ungelöste Problem der Jugendhilfe: Es gibt zwar ziemlich viele Helfer, aber keine Stelle weiß, was die andere tut. Mal ist die Schule befasst, mal der Kinder- und Jugendnotdienst (KJND), mal ist die Polizei involviert, und dann wieder das bezirkliche Jugendamt, und in manchen Fällen komen auch noch andere Dienste hinzu. Das ist schlecht für eine koordinierte Hilfe – aber sehr bequem, wenn man im Fall des Falles Verantwortung abschieben will.

So im Jugendausschuss: Die Senatsseite rückte – Wersich an der Spitze – mit Vertretern aller beteiligten Behörden an, nur nicht mit einem Vertreter des Bezirks. Wenig später wurde deutlich, warum: Dem Juegndamt Mitte sollte ein Großteil der Schuld zugeschoben werden.

Der Leiter des Bezirksamtes Hamburg-Mitte, Markus Schreiber (SPD), hat heute verhalten im Abendblatt und deutlicher bei NDR 90,3 die alleinige Verantwortung seines Bezirkes für Fehler im Mordfall Morsal zurückgewiesen. Er widersprach dabei insbesondere der Behauptung von Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU), Morsal O. sei ausschließlich in der Obhut des Bezirkes gewesen.

Tatsächlich habe der KJND, der direkt zu Wersichs Sozialbehörde gehört, sehr wohl Morsal wiederholt in Obhut genommen. Bezirk und Behörde hätten auch regelmäßig über das Mädchen beraten – zuletzt am 14. Mai, also einen Tag vor dem Mord. Eine kritische Bewertung müsse alle Beteiligten einbeziehen, nicht nur die Bezirke.

Die eigentliche Achillesferse des Systems, die fehlende übergreifende Koordination, griff auch Schreiber auf. Er kritisierte, dass bis heute ein EDV-Programm fehle, mit dem derartige Fälle von allen Dienststellen aus eingesehen werden könnten. Der behördenübergreifende Zugriff auf Informationen wird bereits seit dem Hungertod der kleinen Jessica im Jahr 2005 gefordert – damals übrigens eine gemeinsame Forderung aller Fraktionen.

Drei Jahre später ist auch auf diesem Feld nichts geschehen. Der Senat plant ein solches System erst für 2011 oder 2012 – oder eben noch ein wenig später, falls sich das dafür benötigte Geld irgendwie anders verjubeln lässt.

Ein Gedanke zu „Morsal O.: Schreiber widerspricht Senator“

  1. Ist Ihre Seite eigentlich Parteipolitisch unabhängig und warum steht kein Autor unter den Artikeln?

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