Hartz-IV-Verfahrensflut gegen ARGE-Willkür

15.501 Hartz-IV-Verfahren sind von 2005, dem Jahr des Inkrafttreten der Hartz-IV-Gesetze, bis zum Juli dieses Jahres beim Sozialgericht in Hamburg eingegangen. 15.501 Mal haben sich in diesen Zeitraum Menschen an das Sozialgericht gewandt, um gegen fehlerhafte Entscheidungen der ARGE oder willkürliche Zurückweisungen von Anträgen zu klagen bzw. Rechtsschutz zu beantragen. Dabei nimmt, ganz im bundesweiten Trend, die Zahl der Verfahren ständig noch zu. In den ersten Monaten 2009 überstieg sie die Vergleichszahlen von 2008 um 11%. Das ergab eine Anfrage der LINKEN.

„Die Verfahrensflut belegt eindrucksvoll, was ich in meiner Sozialberatung immer wieder erlebe: Die Bescheide der ARGE sind grundsätzlich nicht nachvollziehbar und häufig rechtswidrig“, erklärt der sozialpolitische Sprecher der LINKEN, Wolfgang Joithe.

„Noch viel mehr Hartz-IV-Geschädigte müssten gegen die Willkür der ARGEn klagen. Wer sich nicht wehrt, lebt nicht nur verkehrt, sondern verschenkt häufig dringend benötigtes Geld“, so Joithe weiter.

Die Hartz-IV-Verfahren dauern immer länger und die Bestände unerledigter Verfahren beim Sozialgericht und beim Landessozialgericht wachsen und wachsen. Christiane Schneider, rechtspolitische Sprecherin, weist auf die höchst problematischen Folgen hin, die die Überlastung der Gerichte für die Betroffenen haben: „Wenn Hartz-IV-Empfänger inzwischen durchschnittlich elf Monate oder länger warten müssen, bis das Sozialgericht in ihrer Sache entscheidet, dann ist für sie der Rechtsschutz nicht mehr ausreichend gegeben. Auch Richter schlagen deshalb Alarm.“

Der Ausweg, auf den die Hartz-IV-Parteien in dieser Situation kommen, ist absolut inakzeptabel. Für die Armen und Geringverdienenden soll der Rechtsweg eingeschränkt werden und wurde bereits eingeschränkt. So wurde z.B. die Anhebung des Mindeststreitwerts für Berufungen zum 1.4.2008 von 500 auf 750 Euro heraufgesetzt. Streitwerte wie Babyausstattung z.B. liegen oft unter der Grenze. So wird manchen Klägern, die ja auf jeden Cent angewiesen sind, der Weg in die Berufung versperrt – die Zahl der Berufungen ging nach dem 1.4.2008 um 12% zurück.

„Wir fordern den Senat auf, den Rechtsschutz durch bessere Ausstattung der Hamburger Sozialgerichte zu sichern und sich auf Bundesebene gegen die Einschränkung des Rechtswegs einzusetzen“, schließt Schneider.

Wolfgang Joithe verdeutlich die fragwürdige Vorgehensweise der ARGE anhand einer Mutter mit drei Kindern, die sich Hilfe suchend an sein Abgeordnetenbüro auf dem Dulsberg wandte. Keinesfalls ein Einzelfall, wie es die ARGE gern darstellt.
Aus unserer Erfahrung wissen wir zum Beispiel, dass es beim Einstweiligen Rechtschutz häufig nicht zum Abschluss des Verfahrens kommt. Der zuständige Richter greift zum Telefon, ruft die ARGE an und teilt mit, dass dem Begehren des Klagenden stattgegeben würde, wenn es zum Verfahren käme.

Nun erstellt die ARGE einen Änderungsbescheid, in dem genau das steht, was vom Klagenden gefordert wurde. Der Antrag auf Einstweiligen Rechtschutz ist damit hinfällig. Vorsorglich weist die ARGE dann noch darauf hin, dass sie für eventuell aufkommende Verfahrenskosten (des Klägers) nicht aufkommen würde.

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