CDU und Finanzen: Gipfel der Unglaubwürdigkeit

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat die CDU-Opposition aufgefordert, wieder auf den Boden finanzpolitischer Tatsachen zurückzukehren. „Die aktuellen Vorstöße sind an Unglaubwürdigkeit nicht zu überbieten. Erst hinterlässt die abgewählte CDU ihren Nachfolgern einen finanzpolitischen Trümmerhaufen, und wenige Tage später meldet sich die gleiche CDU mit großen Tönen zu Wort. Ex-Senator Wersich sollte lieber Vorschläge machen, wie man die ungedeckten Schecks von über 100 Millionen Euro in seiner ehemaligen Behörde einlösen kann – das wäre ein anständiger Beitrag zur finanzpolitischen Debatte“, so der SPD-Finanz-Experte Völsch mit Blick auf die Tatsache, dass allein im Einzelplan des ehemaligen Sozialsenators über 100 Mio. Euro fehlten und die Fraktion unter seinem Vorsitz nun ein Vorziehen der Schuldenbremse fordere.

Völsch weiter: „Der Rechnungshof hat in seinem Sonderbericht zur Haushaltslage festgestellt, dass die zuletzt von CDU und GAL gefassten Beschlüsse das strukturelle Defizit nicht verbessern können. Das ist eine Ohrfeige für die abgewählte Regierung. Herr Wersich und Herr Heintze sollten erst einmal die finanzpolitischen Trümmer ihrer Finanzsenatoren Frigge und Freytag beiseite räumen, bevor sie große Töne riskieren.“

Der Rechnungshof hatte in seinem im März veröffentlichten Sonderbericht bemängelt, dass die Konsolidierungsbeschlüsse der schwarz – grünen Regierung neben nicht spezifizierten Konsolidierungsbeiträgen wie „globalen Minderausgaben“ vor allem nicht weiter konkretisierte „allgemeine Effizienzsteigerungen“, rechnerische Buchhaltungseffekte sowie von der Zustimmung Dritter abhängige Faktoren enthielten.

„Der Rechnungshof hat völlig zu Recht eine langfristige Strategie eingefordert. Was wir nicht brauchen können, ist finanzpolitisches Vodoo nach der Methode der CDU. Die von Ex-Senator Frigge mit viel Aufwand betriebene sogenannte Zukunfts¬sicherungskommission war nichts weiter als Zeitverschwendung. Brauchbare Vorschläge sehen anders aus“, so Völsch weiter: „Wir haben uns sehr ehrgeizige Ziele gesetzt: wir wollen einen Haushalt ohne Neuverschuldung, wir wollen, dass die Ausgaben langsamer steigen als die Einnahmen, wir werden ein Finanzplanrahmengesetz einführen und damit Verbindlichkeit und Verlässlichkeit für alle Beteiligten schaffen. Die CDU ist herzlich eingeladen, daran konstruktiv mitzuarbeiten. Dazu gehören dann aber auch die Bereitschaft zur Selbstkritik und der Verzicht auf aktionistische Papiere und populistische Forderungen wie ein Vorziehen der Schuldenbremse, an die die CDU ja schon selbst nicht mehr glaubt. Im Interesse unserer Stadt müssen wir endlich ernst machen. Dafür brauchen wir aber eine langfristige Strategie und viel Ausdauer“ so Völsch.

Und der SPD-Fachsprecher für Finanzen, Jan Quast: „Die CDU hat es versäumt, in den letzten Jahren Vorsorge für die Einhaltung der Vorgaben der grundgesetzlichen Schuldenbremse zu treffen und stattdessen den Haushalt unanständig ausgeweitet – finanziert durch immer neue Schulden. Die SPD-Fraktion wird mit dem Senat daraufhin arbeiten, die Schuldenbremse zu erreichen“, so Quast weiter.

Auch die LINKE kritisierte den Vorstoß:

Mythos Schuldenbremse: Kurswechsel der CDU

Mit deutlichen Worten wies Dr. Joachim Bischoff, Sprecher für Finanz- und Haushaltspolitik der Linksfraktion, den CDU-Antrag zur Schuldenbremse zurück. Er kritisierte den Kurswechsel der CDU und warf ihr eine unseriöse Argumentation vor. Eine Schuldenbremse ändere zudem nichts an der Überschuldung der Öffentlichen Haushalte, sondern führe nur zu massiven Kürzungsprogrammen und damit zu einer Verschärfung der sozialen Spaltung.

Der CDU-Antrag fordert, dass Hamburg noch in diesem Jahr eine Schuldenbremse in seiner Verfassung verankert. Nach dem Willen der CDU-Fraktion soll Hamburg bereits von 2015 an keine Schulden mehr machen. Mit der Forderung gehen CDU und GAL-Fraktion weit über die zwischen Bund und Ländern vereinbarte Schuldenbremse hinaus, die spätestens ab 2020 ausgeglichene Haushalte fordert. Schon jetzt steht in der Haushaltsordnung: Hamburg darf von 2013 an grundsätzlich keine neuen Schulden mehr machen. Das hat die CDU 2007 mit ihrer damaligen absoluten Mehrheit in der Bürgerschaft festgelegt. Freilich hatte die CDU als Regierungspartei Ende 2009 vorgeschlagen, genau diese Begrenzung der Kreditaufnahme aufzuheben.

„Die politische Argumentation der CDU ist einigermaßen unseriös. Wenn jetzt erneut ein Kurswechsel vollzogen wird und eine noch restriktivere Begrenzung der Kreditaufnahme durch eine Festlegung in der Verfassung vorgeschlagen wird, müssten sich die Antragssteller zu der laufenden Konjunkturstabilisierung und der zu erwartenden gesamtwirtschaftlichen Entwicklung äußern. Der Antrag zu einer Verfassungsänderung wird von der Linksfraktion abgelehnt und zwar keineswegs nur wegen der offenkundigen Mängel in der Argumentation.“

Um die ausufernde Staatsverschuldung in Grenzen zu halten, hat eine Allparteienkoalition – außer der LINKEN – die Schuldenbremse eingeführt, die Bund und Länder verpflichtet, ihre Nettokreditaufnahme bis 2020 fast auf Null herunterzufahren. Da Steuererhöhungen von diesen Parteien weitgehend ausgeschlossen werden, bleibt nur der Weg der drastischen Beschneidung der Ausgaben. Überall im Land werden deshalb rigide Sparprogramme aufgelegt.
Die gesetzlichen Einschränkungen für den Rückgriff auf öffentliche Kredite tragen aber wenig zur Lösung des Problems der Verschuldung bei. Bei der ausufernden Staatsverschuldung wird hier ausschließlich die Ausgabenseite betrachtet. Mit der Schuldenbremse sollen Bund und Länder verpflichtet werden, ihre Nettokreditaufnahme bis 2020 fast auf Null herunterzufahren. Wenn diese Festlegung eine Debatte über Art und Umfang von öffentlichen Leistungen sowie die Bereitstellung von Finanzen für diese Aufgaben ausschließt, soll damit eine drastische Beschneidung der Ausgaben erzwungen werden.

Die Konsequenz dieser Festlegung sind massive Kürzungsprogramme und in vielen Bereichen wie öffentliche Infrastruktur, soziale Sicherheit, Bildung und Kultur führt die Unterfinanzierung zu einer Verschärfung der sozialen Spaltung.

„Es ist ein Mythos zu glauben, dass sich Länder durch rigide Konsolidierungsprogramme aus wirtschaftlichen oder Schuldenkrisen heraus sparen können. Diese Fehlentwicklung werden allein durch langfristige, nachhaltig ausgerichtete Restrukturierungsprozesses der Ökonomien aufgehoben werden können“, sagte Dr. Bischoff. „Alle verfassungspolitischen Klimmzüge mit Schuldenbremsen und Schuldenverbot helfen den öffentlichen Haushalten nicht aus der Zwangslage. Es ist zwar wenig populär, trotzdem gilt: Für die öffentlichen Aufgaben müssen über die Festsetzung von Steuern entsprechende Einnahmen aufgebracht werden. Der Schrei nach „Steuerbremsen“ entbindet uns nicht zu prüfen, wie hoch die Steuerbelastung ist. Zahlen alle BürgerInnen entsprechend ihrer ökonomischen Situation einen angemessenen Beitrag und welche Aufgaben können mit diesem Aufkommen finanziert werden?“

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