Wilhelmsburg: Kahlschlag für Gartenschau geplant

Gut 4.500 zum Teil sehr alte Bäume standen auf dem Gelände der künftigen Internationalen Gartenschau. Ein paar sollten gefällt werden – na gut, das war zu erwarten. Ende 2008 war von genau 484 Bäumen die Rede. Aber jetzt sollen weitere 2.235 Bäume der Motorsäge zum Opfer fallen. Insgesamt sind das dann 60 % des alten Baumbestands – ein Kahlschlag!

Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg nimmt Stellung:

Wilhelmsburg: igs will 2235 weitere Bäume fällen
Braucht Wilhelmsburg eigentlich so viele Bäume?

Vor ein paar Jahren hatte Wilhelmsburg einen schlechten Ruf: Müllberg, geplante Müllverbrennungsanlage, große Verkehrstrassen; eben die Insel für den Rest, für alles, was andere Stadtteile nicht haben wollten.

Aber: Es war grün hier und Besucher waren überrascht von den wunderschönen Ecken. Z. B. der Park an der Mengestraße: ein alter Friedhof mit einer kleinen lauschigen Kapelle und großem altem Baumbestand.

Diese grünen Besonderheiten sollten für die Allgemeinheit erlebbar werden. Eine Internationale Gartenschau wurde geplant. Später noch eine Internationale Bauausstellung als Zugabe.

Was ist im Zwischenpräsentationsjahr 2010 aus IBA und igs geworden? Am auffälligsten ist derzeit der Kahlschlag im Park an der Mengestraße. Jetzt gibt es einen „freien Blick“ von der Reichsstraßen-Auffahrt auf die Georg-Wilhelm-Straße.

Heiner Baumgarten, Geschäftsführer der igs, am 27.8.2008: „Der schöne, alte Baumbestand ist ein ganz großes Plus für die igs…“ und „Die Erlen prägen das Bild entlang der Wettern und Gräben, von denen zahlreiche das Gelände durchziehen.“

Ursprünglich war auch nur von 90 Bäumen die Rede…. Am 20.11. 2008. hieß es dann: „Von den mehr als 4500 Bäumen auf dem Gartenschaugelände müssen 484 gefällt werden.“ Jetzt wurde die Fällung von weiteren 2235 Bäumen beantragt.

Dazu Marianne Groß vom Einwohnerverein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg: „Ist dieser Kahlschlag wirklich nötig? Wir haben den Eindruck, dass hier Landschaft neu erfunden werden soll, statt mit dem Bestand zu planen.“

1983 wurde auf der Elbinsel ein durchgehender Grünzug von der Veddel bis nach Harburg geschaffen. 90 Millionen D-Mark waren frei geworden weil Hamburg damals nicht den Zuschlag für eine Internationale Gartenausstellung erhalten hatte. Auch die sog. „IGABrücke“, eine Brücke für Fußgänger über die Reichsstraße, stammt aus jener Zeit. Die Kanäle und Wettern wurden entschlammt, Uferbepflanzung wurde vorgenommen. Heutzutage gilt offenbar die Randbepflanzung als Übel und muss beseitigt werden, damit keine Blätter ins Wasser fallen. So lassen sich personalintensive Pflegemaßnahmen
einsparen. Ist das der Kerngedanke eines modernen „Volksparks des 21. Jahrhunderts?“ Mit dem Naturschutzgedanken ist es jedenfalls kaum vereinbar.

Bei allen notwendigen Veränderungen: Das Markenzeichen „Grüne Insel im Fluss“ muss die Elbinsel behalten. Nur so bleiben ihr die Einheimischen treu. Und nur so werden sich Besucher und Neu-Wilhelmsburger auf Dauer hier wohlfühlen.

Marianne Groß: „Eine Internationale Gartenschau, deren Markenzeichen ‚Kahlschlag‘ ist, darf es nicht geben.“
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Am DI, 9.2. – ab 18 Uhr – befasst sich auch der Regionalausschuss Wilhelmsburg/Veddel aus aktuellem Anlass mit dem Thema.
Ort: Rathaus Wilhelmsburg, Mengestr. 19 (Großer Sitzungssaal, Raum 401)
Bürgerfragestunde um 18 Uhr !

4 Gedanken zu „Wilhelmsburg: Kahlschlag für Gartenschau geplant“

  1. Das scheint bei Schwarz-Grün zur Gewohnheit zu werden. Da müssen Leute dabei sein, die eine Aversion gegen Bäume haben. Beim Buchenhof-Wald in Iserbrook sollen auch viel mehr Bäume gefällt werden, als ursprünglich beantragt. Dabei wurde Anfangs sogar versprochen mit dem Bauträger zusammen eine Lösung zu finden, die mehr Bäume erhalten kann. Für Schwarz-Grün ist die Europäische Umwelthauptsstadt wohl zu Grün. Tun wir doch alles, damit wir diesen Titel ja nicht wieder bekommen…

  2. Ich nehme den schwarz-grünen Senat ungerne in Schutz, aber die entsprechenden Fällgenehmigungen werden – aller Voraussicht nach – von der SPD-Bezirksverwaltung Mitte erteilt werden…

  3. Gartenschauen – regional oder international -haben immer eines gemeinsam: Erst wird abgeholzt, gerodet, gewachsene Strukturen zerstört und dann wird mit Millionen Steuergeldern eine Kunstwelt geschaffen, die dann euphorisch dem weitgehend kritiklosen Publikum vorgestellt wird. Leider weiß auch kaum jemand, daß hinter dem Geschäftsmodell der Gartenschauen Wirtschaftsverbände stecken, die für ihre Mitglieder wie Gartencenter oder Planungsbüros Lobbyarbeit betreiben. Die Gewinner sind immer die Lobbyverbände durch ihren Dachverband, der bereits einen Millionenbetrag aus der Stadtkasse (also unsere Steuergelder) erhalten hat – unabhängig davon, ob die Gartenschau ein Erfolg wird oder nicht. Der große Verlierer ist auf jeden Fall immer die
    Natur. Es wird Zeit, diese Fakten öffentlich zu machen, damit diese nicht mehr zeitgemäßen Gartenschauen endlich der Vergangenheit angehören!

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