Veit veröffentlicht Wersichs Giftliste

Bei verschiedenen Freien Trägern in Hamburg kursiert seit ein paar Tagen ein Papier, das es in sich hat: Es ist überschrieben mit „Strategiepapier BSG zur Haushaltskonsolidierung“ und nennt am Ende Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) als Autor. Wenn das Papier wirklich von Wersich stammt, müsste die GAL wohl einmal mehr die Koalitionsfrage stellen. SPD-Familienexpertin Carola Veit fragt den Senat in einer Kleinen Anfrage zu Einzelheiten der Planung.

In zehn Punkten listet Wersich angeblich auf, wie er sich eine „weitgehende Vermeidung der prognostizierten Anstiege (der Ausgaben) bis 2012“ vorstellt.

Die ersten beiden Punkte erstaunen, lassen sie doch Zweifel an der bisherigen ordnungsgemäßen Amtsführung aufkommen:

So wird im ersten Punkt die „konsequente Anwendung bestehender Regeln“ gefordert. Als Beispiel werden die „striktere Prüfung der Anspruchsberechtigung und -voraussetzungen, -höhe, -umfang, aber auch der Eigenbeteiligungen bzw. der Einkommens- und Vermögensnachweise bei der Leistungsbewilligung auf Grundlage der bestehenden Rechtslage“ genannt. Veit fragt folgerichtig, in welchen Bereichen dies denn bisher nicht geschehen sei – und in welcher Höhe dieses offenbare Versäumnis denn Hamburgs Haushalt belastet.

Im zweiten Punkt heißt es, es sollten die „vorrangigen Kostenträger beteiligt“ werden. Auch da die logische Frage: Warum wird dies nicht ohnehin und schon längst getan, welche Mehrausgaben hat dieses Versäumnis für Hamburg verursacht?

Punkt drei verlangt die „Beschränkung überdurchschnittlicher Leistungen oder Rechtsansprüche“ (meint er da zum Beispiel den fünfstündigen Kita-Anspruch in Hamburg?), Punkt vier will die „Umsteuerung in günstigere Hilfen bzw. Leistungsarten“, und fünftens sollen neue Vorhaben zurückgestellt werden, sofern sie nicht „die Wirtschaftlichkeit und Effektivität verbessern“. Sechstens sollen Unterschiede bei Kostenansätzen (zwischen verschiedenen Trägern) abgebaut und siebtens die „jährlichen Anpassungen bei Pflegesätzen, Platzkosten, Stundensätzen, Sozialleistungen u.dgl.“ ausgesetzt werden.

Punkt neun in seiner schonungslosen Offenheit soll wörtlich zitiert werden:
„9. Anpassungen/Erhöhung Selbstbehalte, Eigenbeteiligungen und Gebühren
Anhebung von Selbstzahleranteilen z.B. im Rahmen der Kostenentwicklungen (INflationsausgleich), Erhöhung der Kostendeckung durch vertretbare Eigenbeteiligungen, Rücknahme von Beitragsentlastungen.“

Und ganz am Ende dann die Aussage, die bei ihrer Umsetzung die Beschäftigten der Träger, aber auch Eltern und Angehörige auf die Straße treiben wird (ebenfalls wörtlich):
„10. Standardabsenkungen
z.B. Verringerung von Personalschlüsseln, Leistungsinhalten und -ansprüchen, Leistungsentgelten, Aufbau von Hürden für die Inanspruchnahme von Leistungen, Steuerungswirkungen über Informationen, Entgelte, Reduktion von Rechtsansprüchen (ggf. Fachministerkonferenzen, Bundesratsinitiativen)“

Deutlicher kann man den Abbau des Sozialstaats kaum beschreiben. Carola Veit nennt das gesamte Papier folgerichtig eine „Bankrotterklärung des Sozialsenators“.

Das Wersich Papier hier als PDF, die Anfrage von Carola Veit hier ebenfalls als PDF.

3 Gedanken zu „Veit veröffentlicht Wersichs Giftliste“

  1. Diese „Giftliste“ ist nur die konsequente Fortsetzung der Umverteilungspolitik seit dem Jahre 2001. Wie hat Olaf Scholz richtig bebabbt: Hamburg ist kein Unternehmen sondern ein Gemeinwesen, das nicht nur von Events und Leuchttürmen für wenige lebt.

  2. Klar und deutlich wird hier, dass sich der Sozialsenator ein Ende der Koalition herbeisehnt, damit auch Hamburg den familien- und sozialfeindlichen Zielen der neuen Bundesregierung folgen kann. Hier werden auch Neuwahlen riskiert. Sicherlich zwingt der Haushalt zu Einsparungen. Diese lassen sich aber auch durch sinnvolle Umverteilungen erreichen. Tragisch daran ist, dass der Wähler oftmals schon 10 Minuten nach Bekanntgabe des amtlichen Endergebnisses einer Wahl vergißt, dass nun alle Wahlversprechen nichts mehr gelten. Die Zeche zahlt immer der „kleine Bürger“.

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