Frank Teichmüller: Wir verlassen die SPD!

Vielleicht ist es dem forschen Juso-Vorsitzenden auch noch egal, aber viele SPD-Mitglieder dürfte es erschrecken: Der ehemalige Vorsitzende der IG Metall Küste, Frank Teichmüller, droht nach 36 Jahren Mitgliedschaft in der SPD den Austritt seiner gesamten Familie aus der Partei an, berichtet HH-1 TV.

„Liebe Genossen, meine Frau, mein Sohn und ich werden aus der SPD austreten, wenn das Kandidatenaufstellungssystem Ilkanipour in dieser Partei möglich ist“, so Teichmüller in einem Brief, der unter anderem an den Vorsitzenden der SPD Hamburg, Ingo Egloff, gerichtet ist. Hintergrund ist die umstrittene Kampfkandidatur des dem rechten Flügel der Partei zugerechneten Hamburger Jusos Danial Ilkahinpour für den Deutschen Bundestag.

Ilkanipour hatte für die SPD-Mitglieder des „linken“ SPD-Bezirks Eimsbüttel vollkommen überraschend seine Kandidatur gegen den Bundestagsabgeordneten Niels Annen angekündigt und darüber erst in der letzten Minute die entsprechenden Gremien informiert.

Teichmüller wörtlich in dem Hamburg 1 vorliegenden Brief: „Ich erwarte, dass die SPD ein solches Verfahren stoppt. Wenn man auf diesem Weg Kandidat in meinem Wahlkreis werden kann, braucht die SPD offensichtlich ihre Mitglieder nicht. (…) Es darf in der Hamburger SPD keine CSU-Verhältnisse geben, wo die Mitglieder aus der Zeitung erfahren, was Sache ist.“

6 Gedanken zu „Frank Teichmüller: Wir verlassen die SPD!“

  1. Selbst wer die inhaltliche Einschätzung teilt, das die Kandidatur Ilkanipours nicht glücklich ist, muss doch eines vergegenwärtigen: Kein Parteivorsitzender hat die Macht, eine Kandidatur die legal in Ordnung ist zu stoppen. Es gibt nur einen demokratischen Weg, die Kandidatur gegen den Willen des Kandidaten aufzuhalten, und zwar durch die Delegierten.
    Das weiß natürlich auch Franz Teichmüller ganz genau. Insofern stellt sich die Frage, warum er dieses unmöglich zu erfüllende Ultimatum stellt.
    Im Gegenzug kann man auch fragen, warum Franz Teichmüller von diesen Entwicklungen aus der Zeitung erfährt. Ein solch herausgehobenes Mitglied sollte an den Mitgliederversammlungen seines Ortsvereins selbstverständlich teilnehmen.

  2. @Klaus:
    Das hast Du, glaube ich, nicht richtig mitgekriegt, denn das ist ja gerade der Vorwurf: Nicht einmal in der entsprechenden Versammlung seines eigenen Distrikts, dem auch die Teichmüllers angehören, hatte Ilkanipour sich „geoutet“.

    Insofern konnte auch keiner der nicht vorher eingeweihten Teilnehmer der Versammlung wissen, was ein Teil der gewählten Delegierten offenbar im Schilde führt.

    Es gab keinen Gegenkandidaten, alle haben nett über Niels Annen geredet, dann wurden Delegierte gewählt, von denen jeder erwartete, dass sie den offenkundigen Willen der Versammlung auch weitertragen.

    Was jetzt passiert, ist aus meiner Sicht Betrug – vielleicht nicht im strafrechtlichen, aber ganz sicher im moralischen Sinne.

  3. Ich fand bisher Niels Annen nicht wirklich überzeugend, und Danial Ilkhanipour kenne ich, tut mir Leid, gar nicht. Aber was da in meiner – vermutlich bald ehemaligen – Partei abgeht, das ist wirklich stellenweise unerträglich.

    Klar, das vergleichsweise kleine Hamburg kann nicht immer Bundespolitiker wie Schmidt, Wehner oder meinetwegen Apel hervorbringen. Aber dass wir nach einer Reihe erfolgreicher Bürgermeister von Brauer bis Runde (ja, der auch) heute nicht einmal ohne Krampf einen Kandidaten haben, tut schon weh. Und jetzt noch so ein Theater bei den Bundestagskandidaten!

    Ich kenne das so: Wenn eine Wahl ansteht, dann werden dafür Kandidaten vorgeschlagen. Manchmal melden sie sich auch selbst, das geht in Ordnung. Und dann haben alle, die daran Interesse haben, die Möglichkeit, sie eingehend zu befragen und sich eine Meinung zu bilden.

    Dass da nun einer erst sorgfältig seine „Wahlmänner“ nominieren lässt und dann daherkommt wie Kai aus der Kiste, das finde ich ziemlich bodenlos. Die Aufregung der Genossen in Eimsbüttel kann ich gut verstehen; ich würde genauso reagieren.

    Aber selbst wenn man meint, der Zweck heilige die Mittel, und man dürfe sich wichtige Ämter notfalls auch erschwindeln: Wie soll man das denn irgendeinem Wähler erklären? Wer soll denn einen Kandidaten wählen, von dem sein eigener Kreis sagt, dass er ihn gar nicht haben will?

    Als vor zwei Jahren die Kritik an Petersen anfing, lauter zu werden, habe ich dagegen gesprochen. Ich habe gesagt, der Mann ist unser Vorsitzender, mit großer Mehrheit gewählt, und dann kann er kein schlechter Kandidat sein. Aber als dann der ganze Landesvorstand (oder jedenfalls eine deutliche Mehrheit) gegen ihn sprach, war doch klar, dass er die Wahl nicht mehr gewinnen konnte. Wie soll man denn Wählerinnen und Wähler für einen Mann gewinnen, dem sein eigener Vorstand bescheinigt, dass er ungeeignet ist, habe ich damals gesagt.

    Gut, der Ersatzmann war dann nicht schlecht und hat ein respektables Ergebnis erreicht. Aber die Mehrheit gewinnt man so eben nicht.

    Und jetzt, in Eimsbüttel? Das Direktmandat können wir doch wohl abschreiben.

    Dass der Landesvorsitzende (oder gar der Bundesvorsitzende) dies nun ändern kann, glaube ich nicht. Es wäre von meinem Demokratieverständnis her auch schlimm: So etwas wäre Demokratie nach totalitärem Vorbild, da könnten wir uns die parteiinternen Wahlen auch gleich schenken.

    Mir fällt nur eine Lösung ein, die aber auch nicht der Satzung entspricht: Die Eimsbütteler sollten die „Vorwahlen“ für null und nichtig erklären, beide Kandidaten in eine Vorstellungsrunde schicken, und dann noch einmal wählen. Der Genosse Danial wird auf dem jetzt eingeschlagenen Weg bei der Bevölkerung keine Chance haben, und Niels hat sie jetzt auch nicht mehr.

    Ich glaube, August Bebel würde sich im Grabe umdrehen angesichts der Hamburger SPD von heute.

  4. Danial Ilkhanipour war ein Jahr im Büro von Kahrs tätig und hat von ihm gelehrnt. Die Abmachung zwischen den Flügeln lautete: Ihr behaltet den Kahrs und wir den Annen. Das Ilkhanipour jetzt den Annen absetzt ist ein astreiner Putsch.

    Was mich wundert also und wie naiv ist die Linke?

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