Steuerschätzung: Noch weniger Geld

Man ist es inzwischen gewohnt: Wann immer vom Beust Senat Zahlen genannt werden, geht es um Mehrausgaben, höhere Gebühren, geringere Hilfen. Oder, das ist die andere Seite: Geringere Einnahmen. Heute war es wieder einmal Letzteres – gegenüber der Steuerschätzung vor einem Jahr gehen die Steuereinnahmen Hamburgs in den Jahren 2010 – 2013 voraussichtlich um weitere 792 Millionen Euro zurück.

Die Opposition sagt, sie hätte es besser gewusst und besser gemacht. Hier die Original-Texte:

Heute Mai-Steuerschätzung: Finanzbehörde bestätigt Befürchtungen der SPD-Fraktion

Die heute von Finanzsenator Frigge (CDU) veröffentlichten Zahlen zur Hamburger Steuerschätzung bestätigen die Prognose der SPD-Fraktion vom 7. Mai 2010 und fallen sogar noch einige Millionen schlechter aus. Die Hamburg verbleibenden Steuern gehen danach in den Jahren 2010 bis 2013 gegenüber der Mai-Steuerschätzung 2009 um weitere 792 Mio. Euro zurück (SPD-Prognose 774 Mio.). Der Senat muss damit noch einmal 143 Mio. Euro (SPD-Prognose 126 Mio.) mehr einsparen, als in der erst im Dezember beschlossenen Finanzplanung vorgesehen.

„Die Steuerschätzung zeigt, dass Hamburg völlig unvorbereitet und stärker als andere Bundesländer von der Wirtschaftskrise erfasst wurde“ sagte der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion Peter Tschentscher heute. Der schwarz-grüne Senat habe die kritische Phase des Wirtschaftsabschwungs „verschlafen“ und kein wirksames Konjunkturprogramm mit Beschäftigung fördernden Maßnahmen umgesetzt. Stattdessen wurden „schwarz-grüne Wunschzettel“ abgearbeitet, wie der Bund der Steuerzahler zutreffend festgestellt habe.

Umso konsequenter müsse der Senat jetzt umsteuern und alle Ausgaben auf den Prüfstand stellen. Als Beispiele nannte Tschentscher „Luxusinvestitionen wie den geplante Neubau der Hafencity-Universität, die westliche Anbindung der Hafencity oder die unterirdischen Schießstände der Polizei“, die gestrichen bzw. auf ein wirtschaftliches Maß reduziert werden müssten. Die milliardenschweren Planungen zum Umzug der Universität auf den Kleinen Grasbrook gehörten endlich eingestellt.

Darüber hinaus müssten die laufenden Betriebsausgaben der Behörden konsolidiert werden. Die Ausweitung der Behördenflächen um 100.000 qm in vier Jahren müsse rückgängig gemacht werden. Der Senat dürfe nicht immer neue Behördenstrukturen mit neuen Stellen schaffen, wie zuletzt mit dem Umbau der Kulturbehörde (12 neue Stellen) oder der neuen Sonderbehörde für den Schulbau (40 neue Stellen). Die noch am vergangenen Dienstag im Haushaltsausschuss von CDU und GAL beschlossene Finanzierung einer Werbeaktion zur „Umwelt-Hauptstadt“ für rund 8,5 Millionen Euro sei eine Provokation für alle Kita-Eltern und zeige, dass die Regierungskoalition bisher nicht die Kraft habe, endlich mit einer sparsamen Haushaltsführung zu beginnen. Der finanzpolitische Kurs von CDU und GAL führe geradewegs in die Schuldenfalle, die erhebliche Einschnitte bei staatlichen Leistungen und eine Verschärfung der sozialen Spaltung nach sich ziehen würde.

Tschentscher begrüßte die Ankündigung von Finanzsenator Frigge, dass der Senat im Bundesrat keinen weiteren Steuersenkungen zu Lasten der Länder zustimmen werde. Leider habe sich Bürgermeister von Beust (CDU) bisher aber nicht erfolgreich für eine Kompensation der erst im Dezember beschlossenen Steuersenkungen eingesetzt, wie es Finanzsenator Freytag seinerzeit mit großen Worten angekündigt hatte. „Durch die Steuerpolitik von CDU und FDP in Berlin, einschließlich der so genannten Mövenpick-Steuersenkung für Hoteliers“, so Tschentscher, „gehen den Hamburgern bis 2014 insgesamt 600 Millionen Euro, also im Durchschnitt 120 Millionen Euro pro Jahr verloren. Das ist das Vierfache der Summe, die der schwarz-grüne Senat derzeit durch eine familienfeindliche Gebührenerhöhung für die KITA-Betreuung abkassiert.“Steuerschätzung 2010: Sinkende Einnahmen verschärfen schwarz-grünes Haushaltsdesaster

Hamburg muss bis 2013 mit weiteren Steuerrückgängen in Höhe von 143 Mio. Euro rechnen. Dies ist das Ergebnis der für Hamburg spezifizierten Steuerschätzung Mai 2010. Für das laufende Jahr wird gegenüber dem Haushaltsansatz ein leichtes Plus von 119 Mio. Euro erwartet. In den Folgejahren 2011-2013 fehlen dann gegenüber dem Plan insgesamt 262 Mio. Euro.

LINKE: Sinkende Einnahmen verschärfen schwarz-grünes Haushaltsdesaster

„Obwohl damit der Einbruch bei den Steuereinnahmen nicht ganz so stark ausfiel, wie ursprünglich befürchtet, bleibt Hamburgs Finanzlage dramatisch. Das liegt nicht nur an den Folgen der großen Wirtschafts- und Finanzkrise, sondern vor allem an dem Missmanagement des Senats. Der Senat hat in guten Zeiten keine Haushaltskonsolidierung betrieben, sondern Folgekosten verursacht. Er hält unverdrossen an seinen Leuchtturmprojekten fest und hat Ausgabenreste in Höhe von 1,1 Mrd. Euro angehäuft. Dafür lässt Schwarz-Grün die Hamburgerinnen und Hamburger mit seinem „Konsolidierungskurs“ büßen. Die Linksfraktion fordert angesichts der zugespitzten Haushaltslage den Verzicht auf Prestigeprojekte und eine Konzentration der Mittel zur Verbesserung der Lebensbedingungen der BürgerInnen“, erklärt Dr. Joachim Bischoff, haushaltspolitischer Sprecher der Linksfraktion.

Bis 2013 sieht der Senat gemäß aktueller Finanzplanung eine Neuverschuldung von rund 6,1 Mrd. Euro vor. Weitere Kreditermächtigungen ergeben sich aus den Sondervermögen „Stadt und Hafen“, „Schulbau“ und „Wohnungsbaukreditanstalt“. Zudem sind im Finanzplanungszeitraum Entnahmen aus Rücklagen und Stöcken von zusammen über 1,7 Mrd. Euro und Vermögensmobilisierungen von 0,4 Mrd. Euro eingeplant. Nach der neuen Steuerschätzung kommen jetzt noch einmal zusätzlich 150 Mio. Euro hinzu, die an Steuereinnahmen fehlen. Hamburg rast mit Volldampf in die Schuldenfalle.

In seinem Ergebnisbericht 2010 rückt der Landesrechnungshof zurecht das Missmanagement des Senats bei den öffentlichen Finanzen in den Mittelpunkt. Der Senat habe die Chance vertan, die kräftig sprudelnden Steuereinnahmen in 2007 und 2008 zur Haushaltskonsolidierung zu nutzen und zudem Folgekosten verursacht, die auch die nachfolgenden Haushalte belasten.
Trotz der dramatisch schwierigen Haushaltssituation hält der schwarz-grüne Senat an den aus dem Ruder gelaufenen Leuchtturmprojekten fest (Elbphilharmonie etc.). Zu Recht kritisiert deshalb der Rechnungshof, dass der Senat darauf verzichtet habe, „alle Investitionsvorhaben im Rahmen einer Abwägung von Kosten und Nutzen und ihrer für die Wirtschaft fördernden Wirkung auf den Prüfstand zu stellen.“ Auch das im November 2009 beschlossen Konsolidierungspaket aus Einnahmeverbesserungen und Einsparungen in Höhe von 1,15 Mrd. Euro sieht der Rechnungshof kritisch, weil es sich dabei teilweise um reine Augenwischerei und Luftbuchungen handele.

Diese unsolide Finanzpolitik charakterisiert insgesamt die Finanzplanung für die nächsten Jahre, die sich in einer deutlichen Verschlechterung der Haushaltsstruktur niederschlägt. Das zentrale Beispiel für Schlamperei: Ausgabenreste aus den Vorjahren, dass heißt Ausgaben, die in den Vorjahren zwar beschlossen, aber noch nicht oder nicht vollständig realisiert worden sind. Ende 2008 haben sie mit 1,1 Mrd. Euro ein Rekordhoch erreicht. Für diese Ausgabenreste sind aber im Haushalt 2009/2010 keine Deckungsmittel veranschlagt worden.

Das schlimmste Risiko für den Hamburger Haushalt und die Zukunftsperspektiven der Stadt aber besteht in dem nun vom schwarz-grünen Senat eingeschlagenen „Konsolidierungskurs“ (bisher konkretisiert bei Kita-Gebühren, dem „Konsolidierungspaket“ für die Bezirke und Kürzungen beim Breitensport, um teure Sportveranstaltungen für die Bessersituierten dieser Stadt zu finanzieren). Diese Abwälzung der Krisenlasten ist Ausdruck der politischen Unfähigkeit, einen Kassensturz zu unternehmen und neue politische Prioritäten festzulegen.

Die Erkenntnis, dass man sich aus der Krise nicht heraus sparen kann, soll neuerdings nicht mehr gelten. DIE LINKE kritisiert diesen haushaltspolitischen Kurswechsel, weil nur ein durch massive öffentliche Investitionen gesteuerter Strukturwandel der Hamburger Wirtschaft eine wirtschaftliche Erholung ermöglicht. Neben einer veränderten Steuerpolitik auf Bundesebene ist dies auch die grundlegende Voraussetzung, um aus der Schuldenfalle heraus zukommen.

1.Die unproduktiven Investitionen müssen sofort gestoppt werden. Hamburg kann sich keine aufwendige Förderung des Pferdesports den Ausbau autobahnähnlicher Straßen (Wilhelmsburg) und netter PR-Kampagnen wie „Umwelthauptstadt Europas“ mehr leisten.

2.Steuerausfälle können durch eine angemessene steuerliche Belastung von Vermögensbesitzern und Unternehmen gegenfinanziert werden. Zudem müssen kontraproduktive Ausgaben, z.B. umweltschädigende Subventionen sowie Steuerverschwendungen beendet und gerade auch in Hamburg eine konsequente Steuererhebung durchgesetzt werden.

3.Die Wirtschaft der Hansestadt erholt sich nur sehr langsam von ihrem Einbruch in 2009. Die bisherige Passivität des schwarz-grünen Senats in der Krise – vom großspurig angekündigten Konjunkturprogramm ist bis heute erst ein Bruchteil umgesetzt – programmiert neue Wachstumsverluste und damit weiter sinkende Steuereinnahmen. Hamburg sollte sich stattdessen ein mehrjährig angelegtes Investitionsprogramm zur Schaffung preiswerter Wohnungen und zur Sanierung der Infrastruktur leisten.

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