SPD: Produktionsschulen langsamer ausbauen!

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat den Senat aufgefordert, den geplanten Ausbau der so genannten Produktionsschulen zu stoppen. „Bevor weitere Produktionsschulen gegründet werden, muss der Senat die vielen ungelösten Probleme der bestehenden sieben Produktionsschulen in den Griff bekommen“, sagte der SPD-Schulexperte Ties Rabe.

Mit Blick auf die bislang vorliegenden Fakten wäre es in der jetzigen Situation ein Fehler, weitere Produktionsschulen einzurichten. Der Landesrechnungshof hatte zuvor bereits Kritik am übereilten Ausbau der neuen Schulen geübt. Die SPD hat einen entsprechenden Antrag in die Bürgerschaft eingebracht.

Darum geht es:
Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) plant die Einrichtung von insgesamt zehn neuen Produktionsschulen mit zusammen 500 Plätzen. Dort sollen Schulabbrecher ohne Hauptschulabschluss in einem Schuljahr einen Einstieg in die Berufswelt oder einen Schulabschluss schaffen. Die Produktionsschulen werden von freien Trägern geführt. Vier neue Produktionsschulen wurden im September 2009, weitere drei im September 2010 eingerichtet. Die letzten drei sollen im September 2011 folgen.

Rabe wies auf die „unübersehbaren Anlaufschwierigkeiten der Produktionsschulen“ hin: „Nach wie vor fehlen diesen Schulen die Schüler. So blieb im September 2010 ein Fünftel aller Plätze leer, weil viele Schüler lieber das Berufsvorbereitungsjahr in den Berufsschulen besuchen. Im Schuljahr 2009/2010 konnte ein Leerstand nur abgewendet werden, weil man fast 40 Prozent der Plätze mit Schülern besetzte, für die die Produktionsschulen ursprünglich nicht eingerichtet worden waren.“

Anlaufschwierigkeiten gebe es auch in anderen Bereichen. Statt der von der Schulsenatorin versprochenen Erfolgsquote von 60 Prozent schafften von den 303 Schülern nur 52 einen Übergang in weitere Berufs- und Schulwege. Das entspricht einer Quote von rund 17 Prozent. Mit 81 Schülern brachen ungewöhnlich viele vorzeitig die Schule ab. Rabe: „Anlaufschwierigkeiten bei neuen Projekten sind kein Drama. Aber statt jetzt neue Schulen einzurichten, muss die Behörde zunächst dafür sorgen, dass die bestehenden Schulen Erfolg haben.“

Auch finanziell gebe es nach einem Jahr viele offene Fragen. Statt der erwarteten Investitionskosten von 525.000 Euro – das entspricht 75.000 Euro pro Schule – habe die Einrichtung der Schulen bislang 1.248.151 Euro gekostet. In einigen Fällen seien sogar noch weitere Mittel von anderen Behörden gezahlt worden. Gleichzeitig habe der Rechnungshof darauf hingewiesen, dass die Schulbehörde die Bürgerschaft über die Mehrkosten im Unklaren gelassen hatte. Für den laufenden Betrieb der Produktionsschulen seien Mehrkosten von jährlich rund zwei Millionen Euro zu erwarten. Der Rechnungshof hatte ebenfalls gefordert, die Erfolgsquote der Produktionsschulen zu überprüfen, bevor weitere Schulen gegründet werden.

Die SPD fordert nun den Senat auf:

1. Über das Verfahren und die Ergebnisse der behördeninternen laufenden Evaluierungen der Produktionsschulen die Bürgerschaft bis zum Ende des Jahres zu informieren

2. Ausführlich über die Bildungsverläufe der Schülerinnen und Schüler, die die erste Tranche der neuen Produktionsschulen ab September 2009 besucht haben zu berichten (Ausgangslage, schulischen Erfolg, wie Hauptschulabschluss, beruflichen Werdegang etc.)

3. Über die Ergebnisse der Evaluation des Übergangssystems, deren erste Ergebnisse zum Schuljahr 2010/2011 vorliegen sollen, die Bürgerschaft zeitnah zu informieren

4. in den Hamburger Berufsschulen den Produktionsschulen vergleichbare Angebote zu entwickeln und ebenfalls zu evaluieren,

5. Die Hamburgische Bürgerschaft über die korrekten finanziellen Auswirkungen der Einrichtung bereits bestehender Produktionsschulen zu unterrichten

6. vor dem Abschluss einer klaren Evaluation und deren Bewertung sowie einer korrekten Angabe der finanziellen Folgen keine weiteren Produktionsschulen in freier Trägerschaft in Hamburg einzurichten.

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