Schulbau: Missachtung des Parlaments?

Dass der Senat Hamburgs Schulen in ein sogenanntes Sondervermögen überführen will, kritisiert außer der SPD auch die LINKE. Kritik kommt auch aus einem Kreiselternrat. Wir dokumentieren.

Das erklärt die LINKE:

Mit der Vorstellung des Sondervermögens Schulbau hat der Senat deutlich gemacht, dass er sämtliche Schulimmobilien aus dem Verwaltungsvermögen der Behörde für Schule und Berufsbildung überführen will, und zwar nach dem Modell Hamburg Süd.

Dazu erklärt Dora Heyenn: „Allein die gemeinsame Vorstellung mit den Erkenntnissen der Behörde aus dem Modell Hamburg Süd ist ein Skandal. Der Senat ist nicht dem Überweisungsbeschluss der Bürgerschaft gefolgt, erst einen Zwischenbericht vorzulegen, und zwar bis zum 10. Juni 2009, und erst danach über die Ausweitung zu entscheiden.“

Die Schulbehörde kündigte mehrfach im Schulausschuss an, Informationen rechtzeitig zur Verfügung zu stellen. Zweimal versprach sie einen Zwischenbericht zum 1. Quartal 2009 und nach einem Antrag der LINKEN, bis Mitte Juni der Bürgerschaft einen Erfahrungsbericht zur Verfügung zu stellen, stand er am 22.9. auf der Tagesordnung des Ausschusses. Und was war? – Er konnte nicht vorgelegt werden aber genau einen Tag später wurde er in der Deputation diskutiert. Jetzt sollen die Erfahrungen aus dem Modell Hamburg Süd und die Gesetzesvorlage für das Schulbauprogramm gemeinsam im Oktober beraten werden.

„DIE LINKE betrachtet dieses Vorgehen als schlichte Missachtung des Parlaments“, so Dora Heyenn.

Auch der finanzpolitische Sprecher der Bürgerschaftsfraktion DIE LINKE, Dr. Joachim Bischoff, kritisiert das Sondervermögen Schulbau scharf: „Das Sondervermögen Schulbau reiht sich ein in die Kette von Finanztransaktionen und Schaffung von Nebenhaushalten, die allen Vorstellungen von Wirtschaftlichkeit, Effizienz und sorgsamen Umgang mit öffentlichem Vermögen Hohn sprechen.“

Schulen und Turnhallen sind in einem baulich katastrophalen Zustand. Über Jahrzehnte ist hier eine kontinuierliche Substanzerhaltung und Modernisierung verschlampt worden. Der anfallende Finanzbedarf wird von der Behörde mit ca. 3 Mrd. € angegeben, tatsächlich weisen alle Zahlen auf einen Bedarf von insgesamt 4,2 Mrd. € hin.

„Die Neuverschuldung ist unvermeidlich, aber nicht über einen eigenen Wirtschafts- und Finanzkreislauf. Das Sondervermögen Schulbau wird ermächtig, eigenständig Kredite aufzunehmen. Das setzt die unseriöse Finanzpolitik der schwarzgrünen Regierungskoalition in Hamburg fort“, so Joachim Bischoff.

Entgegen den Behauptungen des Senats ist die Einrichtung eines Sondervermögens Schulbau keineswegs nur eine Konzentration vorhandener Kompetenzen: neue Stellen, Verwaltungsstrukturen und Aufsichtsaufgaben werden neu geschaffen. Für einen Senat, der die Vereinfachung und Verwaltungsmodernisierung popagiert, ein wirkliches Trauerspiel.

Der Rechnungshof warf der Schulbehörde im Januar vor, dass die Wirtschaftlichkeit des Modell Hamburg Süd nicht erwiesen sei. Der finanzielle Vorteil des ÖÖP-Projekts (Öffentlich-öffentliche Partnerschaft) betrage nicht, wie von der Behörde errechnet, 12,18 Prozent, sondern lediglich 5,44 Prozent gegenüber einer rein staatlichen Lösung. Dieser Effizienzgewinn bedeutet aus Sicht des Rechnungshofs, mit dem ÖÖP-Projekt lassen sich keine Steuergelder sparen. Die Behörde gab in ihrer Pressekonferenz heute an, dass die Prüfungsergebnisse des Rechnungshofes berücksichtigt seien, kommt aber immer noch zu einem Effizienzvorteil von „knapp“ 11 %.

Dazu Dora Heyenn: „Eine substantielle Auseinandersetzung mit der Kritik des Landesrechnungshofes kann ich nicht erkennen. Kein Wort zu dem Vorwurf des Verstoßes gegen die Landeshaushaltsordnung und der Hinweis auf die ‚wirtschaftlichen Investitionen mit Krediten’ ignoriert völlig, dass Schulbau in eigener Zuständigkeit der Behörde mit geringeren Finanzierungskosten billiger wäre.“

Statt harter Fakten – schließlich geht es ums Geld – werden subjektive Befindlichkeiten und „überwiegende“ Einschätzungen angeführt. Was heißt es denn, dass sowohl die Schulleitungen als auch die Schulhausmeisterinnen und -hausmeister zufrieden sind mit der neuen Organisation? Und was bedeutet es, wenn die SchulhausmeisterInnen ihre Arbeitssituation ‚überwiegend’ positiv sehen? Was hat man sich vorzustellen, wenn die Arbeitszeit ‚weit überwiegend’ als unproblematisch angesehen wird?

„Mit Effizienzvorteil und einer möglichst wirtschaftliche Lösung der Schulsanierungen haben diese Aussagen gar nicht zu tun und sind lediglich Nebelkerzen“, so Joachim Bischoff abschließend.

So stellt es der Vorsitzende des Kreiselternrats 12 da:

Liebe Eltern ,

wie der heute von der Schulbehörde verbreiteten Pressemeldung zu entnehmen ist (siehe Anlage), beabsichtigt der Schwarz-Grün-Senat, den bekannten und unstreitig vorhandenen Reparaturbedarf an den Hamburger Schulgebäuden (offiziell „Sanierungsstau“ genannt“) in Höhe von 3 Milliarden Euro dem Blick der Öffentlichkeit und der Haushaltsgesetzgebung zu entziehen. Nach einem heute im Senat beschlossenen Gesetzentwurf (der noch das Gesetzgebungsverfahren passieren muss, bevor er verbindlich würde) sollen:

* sämtliche Schulgebäude und -flächen der Stadt Hamburg auf einen privaten Träger übertragen und von diesem zurück gemietet werden

Zitat: „Sämtliche Schulimmobilien sollen aus dem Verwaltungsvermögen der Behörde für Schule und Berufsbildung in das Sondervermögen eingebracht werden. Das Sondervermögen soll für Bau, Bauunterhaltung und Bewirtschaftung der Schulen zuständig sein und die Immobilien an die Behörde für Schule und Berufsbildung vermieten“

* und die Reparaturen durch zusätzliche Kredite bestritten werden, für die die Steuerzahler aufzukommen haben.

In der feinsinnig formulierten Pressemitteilung liest sich das so: „Durch einen eigenen Wirtschafts- und Finanzkreislauf, optimierte Abläufe und eine effiziente Organisation wird ein kaufmännisch arbeitender Betrieb entstehen. Zur Finanzierung der investiven Aufgaben soll das Sondervermögen ermächtigt werden, eigenständig Kredite aufzunehmen. “

„Sondervermögen“ hört sich nett an, bedeutet aber bei der geplanten Konstruktion nichts anderes, als dass die Hamburger Steuerzahler auch weiterhin über die Mietzahlungen und etwaige Kreditbürgschaften für die Erhaltung und Reparatur der Schulgebäude aufzukommen haben (was an sich ja völlig in Ordnung wäre), künftig aber auch eine unter Umständen parlamentarisch nicht mehr kontrollierte Kreditaufnahme durch die Entscheidungsträger im „Sondervermögen“ abzusichern haben.

Gefährlich würde es, wenn das „Sondervermögen“ (das der Pressemitteilung zu Folge „als städtische Dienststelle“ bei der Finanzbehörde angesiedelt sein soll) in einer Rechtsform (z. B. GmbH) gegründet wird, die hinsichtlich ihrer Finanzen nicht mehr der direkten parlamentarischen Kontrolle und Haushaltsgesetzgebung unterworfen wäre. Dies könnte zu erheblichen Risiken für den Haushalt führen. Vor allem aber stellt sich die Frage, wer in jenem Sondervermögen das Sagen über die Mittelverwendung und Kreditaufnahme haben soll. In der Pressemitteilung heißt es dazu: „Neben ihrer Stellung als Mieterin wird die Behörde auch weiterhin für die Schulstandort- und Schulentwicklungsplanung verantwortlich bleiben.“ Das spricht dafür, dass Schulsenatorin Goetsch daran denkt, ihre bisherige Praxis bei der Stellenvergabe auch im „Sondervermögen“ fortzusetzen.

Herzliche Grüße,
Frank Ramlow

Kreiselternrat 12

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