Sachs soll Wohnungsbau endlich ankurbeln

Um den auf geringem Niveau stagnierenden Wohnungsbau in Hamburg endlich wieder anzukurbeln, hat der Senat – wie angekündigt – heute den bisherigen SAGA GWG Vorstand Michael Sachs zum Wohnungsbaukoordinator ernannt. Eine Koordinatorenstelle, die der Beust-Senat erst vor wenigen Jahren abgeschafft hatte. Die Person halten alle Parteien für geeignet – aber die Opposition bemängelt, dass es ihm an Kompetenzen fehle und er zudem höhere Haushaltsbeiträge erwirtschaften solle, statt vor allem für preisgünstigen Wohnraum zu sorgen.

Die heutige Vorstellung des neuen Wohnungsbaukoordinators Michael Sachs ist von der GAL-Fraktion mit Zustimmung aufgenommen worden. Horst Becker, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der GAL-Bürgerschaftsfraktion, erklärte: „Herr Sachs kennt aus seiner langjährigen beruflichen Tätigkeit genau die Schnittstellen zwischen Politik, Verwaltung und Bauträgern. Er weiß also exakt, wo er ansetzen muss, um Prozesse in Gang zu bringen. Die Koalitionsfraktionen werden ihn bei seiner Arbeit nach Kräften unterstützen.“

Grote (SPD): Wohnungsbaukoordinator Sachs braucht echte Kompetenzen

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat Michael Sachs, dem neuen Wohnungsbau-Koordinator des Senats, im Interesse der Mieterinnen und Mieter Erfolg bei seiner Arbeit gewünscht. „Herzlichen Glückwunsch zum Amtsantritt – herzliches Beileid zu dem, was Sie im Amt vorfinden“, sagte der SPD Fachsprecher für Stadtentwicklungspolitik, Andy Grote.

Die derzeitige Lage im Hamburger Wohnungsbau sei desolat. Er fürchte, dass selbst ein Experte vom Schlage eines Michael Sachs – zumal angesichts seiner nur beschränkten Kompetenzen – erhebliche Schwierigkeiten haben werde, in der Hamburger Wohnungsbaupolitik tatsächlich etwas zu bewegen, sagte der SPD-Stadtentwicklungsfachmann. In der laufenden Legislaturperiode könnten die Resultate eines Umsteuerns in der Wohnungsbaupolitik kaum sichtbar werden, so die Befürchtung Grotes.

Es reiche bei der völlig festgefahrenen Situation im Wohnungsbau nicht aus, wenn der Wohnungsbaukoordinator lediglich als „Mediator“ aktiv werden soll. Es sei ferner ein Fehler, dass der Koordinator ausdrücklich keine eigenen Entscheidungskompetenzen erhält. „Damit verfügt er über keinerlei Durchsetzungsmöglichkeiten von Wohnungsbauinteressen im Konfliktfall. Er ist gegenüber anderen Behörden und Beteiligten in einer zu schwachen Position und kann sich höchstens im Einzelfall Rückendeckung von oben holen“, bedauerte Grote. Um dem Koordinator zu mehr Durchsetzungskraft zu verhelfen, wäre es erforderlich gewesen, dass wohnungsbaurelevante Vorhaben, Planungen und Senatsdrucksachen seiner Zustimmung bedürfen – „so wie es etwa für den Oberbaudirektor in stadtbildrelevanten Fragen geregelt ist“, sagte Grote.

Insofern sei zwar zu begrüßen, dass Sachs die Defizite der bisherigen Senatspolitik bei seiner offiziellen Vorstellung durch Bausenatorin Anja Hajduk (GAL) deutlich angesprochen hat. Über die Mittel, diese Defizite zu beseitigen, verfüge er aber bedauerlicherweise nicht. Die Berufung des Wohnungsbaukoordinators müsse mehr sein, als nur Symbolpolitik. Ein „Wohnungsbaukoordinator light“ könne aber die Aufgaben nicht bewältigen, die infolge einer „verkorksten schwarz-grünen Wohnungsbaupolitik“ jetzt zu erledigen seien. „Der Senat muss die Voraussetzungen schaffen, damit der neue Beauftragte auch Erfolg haben kann“, sagte Grote. Neben den Kompetenzen des Koordinators selbst müsse hierfür zwingend die Wohnungsbauförderung „komplett umgekrempelt und neu aufgestellt werden“, forderte Grote.

Insbesondere bei der Flächenvergabe, den Förderprogrammen, der Planrechtsschaffung und dem SAGA-Neubau müsse der Wohnungsbaukoordinator auf eine Kurskorrektur drängen. Bisher gebe es keine nennenswerte Wohnungsbaupolitik des Senats, die der Koordinator unterstützen könnte. „Bisher sind alle wohnungsbaupolitischen Instrumente des Senats wirkungslos geblieben“, sagte der SPD-Abgeordnete. Die Wohnungsbautätigkeit stagniere seit 2002 mit durchschnittlich 3700 Wohnungen im Schnitt auf einem unzulänglichen Niveau. Die Zielzahl von 5000 bis 6000 neuen Wohnungen pro Jahr werde nicht annähernd erreicht. Durch die Benennung eines Koordinators alleine wird noch keine einzige Wohnung mehr gebaut, entscheidend sind seine Handlungsspielräume, hier besteht erheblicher Nachbesserungsbedarf.

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat seit längerem die Wiedereinführung dieser Position gefordert und dafür viel Unterstützung aus der Wohnungswirtschaft erhalten. Die CDU hatte das Amt des damaligen Senatsbeauftragten für den Wohnungsbau im Jahr 2002 abgeschafft.

LINKE: Wohnungsbaukoordinator – nur ein Makler mit Mindestumsatz?

Zur heutigen Einsetzung von Michael Sachs, bisher Vorstand der SAGA GWG, erklärt Dr. Joachim Bischoff, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE: „Skandalös ist, was unerwähnt blieb: So ist der vermeintliche Koordinator angehalten, einen Konsolidierungsbeitrag von 10 Mio. Euro pro Jahr aus Mehrerlösen aus dem Verkauf städtischer Grundstücke zu erwirtschaften. Dies birgt die Gefahr, dass aus dem Wohnungsbaukoordinator ein Makler wird.“

Diese monetäre Zielvereinbarung unterläuft die im Wohnungsbauentwicklungsplan (WEP) zumindest grundsätzlich angelegte, deutliche Erhöhung der Zahl von neu gebauten (Sozial-)Wohnungen. Da diesbezüglich keinerlei Zielzahlen genannt werden, wird sich der Erfolg inklusive der Legitimation des Wohnungsbaukoordinators und seines achtköpfigen Stabes daran bemessen, ob diese 10 Mio. Euro für die Stadtkasse eingebracht werden. Die Interessenlage wird durch die Zielvorgabe weiterhin und womöglich noch zielgerichteter auf Verkäufe im Höchstgebotsverfahren gelenkt.

Auch die Schlüsse die Herr Sachs aus der Prognose der demographischen Entwicklung zieht, blenden die größte auf uns zukommende Problemstellung im Wohnungsmarkt aus. Während er den Fokus auf kleine, zentral gelegene Wohnungen für junge Leute richten will steht rund ein viertel aller Hamburger in den nächsten 10-15 Jahren vor der Altersarmut. Vom Bedarf an barrierefreien Wohnungen auf die man derzeit in Hamburg bis zu 3 Jahre warten muss, ganz zu schweigen.

Unerwähnt blieb letztendlich auch das städtische Potential der SAGA GWG und die Möglichkeiten, welche die Genossenschaften für eine Entspannung am Wohnungsmarkt hätten – wenn sie entsprechende Grundstücke bekämen. Doch stattdessen soll es den Investoren erleichtert werden zügig an Baugrundstücke heran zukommen.

Hamburg ist, was die Mieten angeht, schon länger eine der teuersten deutschen Städte. In Stadtteilen wie St. Pauli stiegen die Durchschnittsmieten seit 2005 um 28% von 7, 31 auf 10,22 €. Die Eigentumspreise liegen in guten Lagen mittlerweile bei 12.000 – 15.000 € je Quadratmeter. „Hamburg ist auf dem Weg zu den teuersten europäischen Metropolen aufzuschließen“, jubelte die Immobilienfirma Engel& Völkers. Die Gründe liegen im geringen Wohnungsbau, der steigenden Bevölkerung und in der undurchsichtigen Handhabung der städtischen Grundstücke.

Die Brisanz der Situation, die sich innerhalb der kommenden Jahre aufgrund der auslaufenden Sozialbindungen, des mangelnden Wohnungsbaus und dem massiven Anstieg der Altersarmut weiter zuspitzen wird, enthält einen sozialen Sprengstoff den der regierende schwarz-grünen Senat noch vollständig ignoriert.

Zu erwarten wäre in dieser angespannten Lage ein Team, das mit vernünftiger Ausstattung, hoher Kompetenz und gewisser Entscheidungsgewalt den seit langem dümpelnden Wohnungsneubau wieder in Fahrt bringt, nach geeigneten Grundstücken Ausschau hält und diese zu günstigen Preisen an soziale Träger vermittelt und mit den Wohnungsbaugesellschaften, vor allem der SAGA GWG und den Genossenschaften, über neue Zielvereinbarungen und deren Einhaltung verhandelt. Zudem auf die Qualität der neu geschaffenen Wohnungen Einfluss nimmt, insbesondere aufgrund des Mangels an günstigen Wohnungen und der Probleme für Menschen mit besonderen Handicaps. Weiterhin müsste ein Wohnungsbaukoordinationsteam den Senat und vor allem die BSU beraten und antreiben, eine über bzw. zwischen den Behörden angesiedelte Schaltstelle sein, die eine anerkannte und akzeptierte Interventionsberechtigung hat und die Belange der Bezirke im steten Austausch beherzigt.

Gerade die Grundstücks- und Preispolitik der Stadt hat dazu geführt, dass Genossenschaften und soziale Träger oft nicht mehr in der Lage sind, beim Neubau mitzuhalten. Laut Koalitionsvereinbarung sollen Höchstgebotsverfahren zwar ausgesetzt werden, doch die Realität ist eine andere. Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk hatte in einer Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses 2009 zwar zugesagt, künftig mehr Flächen (prozentual festgelegt) an soziale, genossenschaftliche und andere Wohnprojekte zu vergeben, wenn dies aber nicht in der Zielvereinbarung und Fachanweisung für den Wohnungsbaukoordinator fixiert wird, liegt der Verdacht nahe, dass es dem Senat damit nicht ernst ist. Und es steht gleichzeitig zu befürchten, dass mit dem neuen Wohnungsbaukoordinator vorrangig nicht etwa dem Neubau vor allem von Sozialwohnungen auf die Sprünge geholfen wird, sondern vielmehr ein städtisch legitimierter Grundstücksmakler samt Mitarbeiterstab eingesetzt wird, um eine bestmögliche finanzielle Vermarktung und Ausschöpfung der städtischer Grundstücke zu erzielen.

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