Rote Liste für schwarze Schafe

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion will mit Hilfe eines Korruptionsregisters härter gegen Bestechung, Bestechlichkeit und andere wirtschaftliche Verfehlungen in Hamburg vorgehen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf haben die Sozialdemokraten jetzt in die Bürgerschaft eingebracht.

Die SPD-Abgeordneten Andreas Dressel und Karl Schwinke präsentierten mit der Vorstellung des Gesetzentwurfs neueste Fallzahlen zur Korruption in Hamburg. Danach ist die Zahl der Korruptionsstraftaten im Jahr 2008 – nach einem kontinuierlichen Rückgang seit 2004 – drastisch gestiegen: von 247 im Jahr 2007 auf 605 im Jahr 2008. Schwerpunkte der Korruption in Hamburg sind danach die Verwaltung mit 138 registrierten Fällen gegenüber 72 Fällen im Jahr 2007 und die Wirtschaft. Hier gab es zwischen 2007 und 2008 eine Zunahme von sechs auf 97 Fälle.

Die geldwerten Vorteile auf Geber- und Nehmerseite im Korruptionsbereich haben im Jahr 2008 einen neuen Höchststand erreicht: fast 19 Millionen Euro. Basis dieser Kriminalitätszahlen sind die Antworten des Senats auf Kleine Anfragen der SPD-Bürgerschaftsfraktion.

Nachdrücklich setzten sich die SPD-Abgeordneten Dressel und Schwinke für die Wiedereinführung des Korruptionsregisters in Hamburg ein. „Wir brauchen diese rote Liste für schwarze Schafe – nicht nur für Korruption, sondern auch für andere Verfehlungen, die den Wettbewerb verzerren oder Sozialkassen und Allgemeinheit schädigen“, sagte Dressel.

In mehreren Bundesländern – etwa in Nordrhein-Westfalen – gebe es dieses Register, in das Unternehmen, natürliche wie juristische Personen aufgenommen werden, die aufgrund wirtschaftlicher und wettbewerbsrelevanter Verfehlungen nicht mehr an der Vergabe öffentlicher Aufträge beteiligt werden sollen. „Die Bürger erwarten zu Recht, dass Fehlverhalten auch im Wirtschaftsleben Konsequenzen hat – das Korruptionsregister ist neben anderen Instrumenten und Maßnahmen ein Beitrag dazu“, so Dressel.

Es sei ein „schwerer Fehler, dass die CDU das Korruptionsregister im Jahr 2006 aufgehoben hat – gegen die Stimmen von SPD und GAL und trotz Warnungen von Transparency International“, sagte der SPD-Innenexperte. CDU und GAL hätten im Koalitionsvertrag zwar Schritte in Richtung eines Korruptionsregisters angekündigt – passiert sei aber wenig. Vor diesem Hintergrund dürfe eine Hamburger Einzellösung als erster Schritt mit Vorbildcharakter nicht länger verzögert werden. (Auszug aus dem Koalitionsvertrag siehe unten).

Langfristiges Ziel müsse sein, ein bundesweit geführtes Korruptionsregister zu errichten. „Schließlich macht Korruption an den Landesgrenzen nicht halt“, betonte SPD-Wirtschaftsexperte Schwinke. Bisher sei die Einführung eines Korruptionsregisters auf Bundesebene immer wieder an der CDU/CSU gescheitert, bedauerte er. „Hamburg ist zu Recht stolz auf seine ehrbaren Kaufleute – aber dann müssen die schwarzen Schafe, die den Wettbewerb, die Sozialkassen, die Steuerzahler und die Allgemeinheit schädigen, auch die notwendigen Konsequenzen zu spüren bekommen. Ein Register hätte einen hohen präventiven Effekt“.

Schwinke verwies in diesem Zusammenhang auf Dumpinglöhne im Reinigungsgewerbe und die entsprechende Diskussion, die von Hamburg ausgehend in der ganzen Bundesrepublik geführt worden sei. „Auch Gesetzesverstöße gegen Mindestlohnregelungen könnten von dem Register erfasst werden“, so Schwinke. Mit dem SPD-Vorstoß werde endlich eine möglichst weitgehende Erfassung von Personen und Unternehmen möglich, denen korruptions- oder andere wettbewerbsrelevante Verfehlungen anzulasten sind.

Dressel und Schwinke warfen dem Senat Nachlässigkeit bei der Korruptionsbekämpfung vor. Sie verwiesen auf die jüngste Statistikpanne in der Innenbehörde. Anfang August hatte Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) einräumen müssen, Korruptionsdelikte über Jahre fehlerhaft erfasst zu haben – obwohl die zuständige Dienststelle unmittelbar der Leitung der Behörde für Inneres unterstellt ist.

„Wieder einmal drängt sich der Verdacht auf, dass der Senat beim Thema Korruption nicht sorgfältig genug arbeitet“, sagte Dressel. Er forderte die Innenbehörde auf, zukünftig umfassender und transparenter über Art und Ausmaß der Korruption in Hamburg zu berichten – z.B. in Form eines jährlichen Lagebildes. „Die Korruptionsdaten, die Hamburg an den Bund meldet, sollte Hamburg auch den Hamburger Bürgern und Unternehmen nicht vorenthalten. Transparente Information ist Teil wirksamer Prävention. Nur wer das Ausmaß des Problems kennt, kann es wirksam bekämpfen“, betonte Dressel: „Korruption bekämpft man nicht, indem man sie totschweigt.“

Auszug aus dem Koalitionsvertrag von CDU und GAL:

„Hamburg bemüht sich innerhalb eines Jahres um ein mit den Nachbarländern
vernetztes Korruptionsregister. Bei Nicht-Gelingen wird eine Hamburger Einzellösung gesucht.“ (S. 58)

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