Polizeirecht: SPD legt Gesetzentwurf vor

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion will Hamburgs Polizeirecht überarbeiten und hat hierzu einen Gesetzentwurf in die Bürgerschaft eingebracht.

„Konsequenter Schutz unserer Freiheitsrechte und konsequente Wahrung unserer Sicherheitsinteressen – das ist für uns kein Gegensatz“, sagte SPD-Innenexperte Andreas Dressel bei der Vorstellung der 14seitigen Initiative. Mit ihr sollen die Befugnisse der Polizei in Teilen erweitert, in anderen Bereichen eingeschränkt werden.

So will die SPD die zulässige Höchstdauer bei Unterbindungsgewahrsam und Aufenthaltsverbot halbieren – auf sieben Tage beim Unterbindungsgewahrsam, auf sechs Monate beim Aufenthaltsverbot. Gleichzeitig setzen sich die Sozialdemokraten etwa dafür ein, den Kennzeichenabgleich „in engen verfassungsrechtlichen Grenzen“ wieder zu ermöglichen. Erweitert werden die Befugnisse der Polizei zum Durchsuchen nach Waffen. Gestärkt wird außerdem der Opferschutz durch Einführung eines Kontakt- und Näherungsverbotes gegen Schläger.

Die SPD-Initiative ist Ergebnis einer sorgfältigen Prüfung des von der CDU-Alleinregierung im Jahr 2005 beschlossenen Gesetzes. „Das Bundesverfassungsgericht hat darüber hinaus auch Hamburg Nachhilfe in Sachen Grundrechte gegeben. In vier zentralen Punkten ist Hamburgs Polizeirecht nicht mehr mit den Anforderungen des Grundgesetzes vereinbar. Schwarz-Grün hat aber außer Absichtserklärungen im Koalitionsvertrag und äußerst unterschiedlichen öffentlichen Aussagen noch nichts zu Wege gebracht. Wir legen dazu einen abgewogenen Entwurf vor, der Hamburg sicherer macht und gleichzeitig die Bürgerrechte stärkt.“ Über den Entwurf soll die Bürgerschaft nach Willen der SPD-Fraktion in der nächsten Sitzung beraten.

Das sind die wichtigsten Punkte:

* Kampf gegen Waffen und Messer intensivieren: Durchsuchungen werden erleichtert. Bislang konnte seitens der Polizei in Waffenverbotszonen lageabhängig nur in mitgeführten Sachen nachgeschaut werden, ob dort Waffen vorhanden sind. Trug der Passant die Waffe am Körper, war die Polizei machtlos oder auf andere Möglichkeiten des Einschreitens angewiesen. Der Gesetzentwurf schafft eine allgemeine und anlassunabhängige Durchsuchungsmöglichkeit nach Waffen in Waffenverbotszonen. Dressel: „Dort, wo Waffen verboten sind, muss man nachsehen können, ob jemand welche bei sich hat. Die Frage, ob eine Kontrolle erlaubt ist, darf nicht davon abhängen, ob jemand sein Springmesser in einer Tüte oder unter der Jacke hat.“

* Kontakt- und Näherungsverbot für Schläger einfügen:
Immer wieder machen Gewalteskalationen in so genannten Nähebeziehungen – häufig bei Ehepaaren – Schlagzeilen. Die Sozialdemokraten wollen das bisherige polizeiliche Instrumentarium der Wegweisung (z. B. des prügelnden Ehemannes aus der gemeinsamen Wohnung) um ein befristetes Kontakt- und Näherungsverbot erweitern. Dressel: „Solche Gewalttäter gehören nicht nur aus der Wohnung verbannt. Das Opfer muss gerade außerhalb der eigenen vier Wände vor seinem Peiniger sicher sein können. Diese Regelungslücke zwischen Polizeirecht und Gewaltschutzgesetz wollen wir endlich schließen“, so Dressel. Wird dagegen verstoßen, sieht der SPD-Entwurf auch die Möglichkeit zur Ingewahrsamnahme vor.

* Maximaldauer des Unterbindungsgewahrsams halbieren:
Das von der CDU 2005 geänderte Polizeirecht ist an zwei zentralen Punkten übers Ziel hinausgeschossen – einer davon ist die Maximaldauer des Unterbindungsgewahrsams (Polizeihaft zur Verhinderung von Straftaten) von 14 Tagen. Dressel: „Die vorliegenden Zahlen belegen: Die Verlängerung des so genannten. Unterbindungsgewahrsams ist in dieser Form gescheitert. Hier muss der Gesetzgeber korrigieren.“ So sind Ingewahrsamnahmen von einer Woche oder länger nicht ein einziges Mal vollzogen worden. Nur sechs Ingewahrsamnahmen dauerten länger als drei Tage, nur einmal dauerte der Polizeigewahrsam mehr als vier Tage an. Offenbar gibt es hier auch einen grundsätzlichen Konflikt mit den Gerichten: Insgesamt hat die Innenbehörde seit Mitte 2005 in 242 Fällen die richterliche Bestätigung einer Ingewahrsamnahme einholen wollen. In weniger als acht Prozent der Fälle haben die Gerichte die Ingewahrsamnahme wie beantragt bestätigt, in 88 Prozent der Fälle mussten die Betroffenen umgehend aus dem Gewahrsam entlassen werden. Die SPD strebt eine Halbierung der Maximaldauer der Ingewahrsamnahme an. Dressel: „Sieben Tage sind als Maximaldauer absolut ausreichend. Gerade eine so einschneidende Maßnahme wie der Freiheitsentzug darf nicht länger dauern als tatsächlich erforderlich. Selbst die von Schwarz-Grün vereinbarte Begrenzung der Höchstdauer auf zehn Tage erscheint unangebracht und unverhältnismäßig.

* Maximaldauer des Aufenthaltsverbots halbieren:
Die maximale Dauer eines Aufenthaltsverbots soll von zwölf auf sechs Monate verkürzt werden. Die von der CDU beschlossene Option, Aufenthaltsverbote von einem Jahr zu erlassen, ist in den vergangenen drei Jahren seit Inkrafttreten der Gesetzesnovelle in keinem Fall zur Anwendung gekommen. Es gab zwar fast 57.000 Aufenthaltsverbote – überwiegend zur Bekämpfung der Drogenkriminalität – aber eine Maximal-Frist von sechs Monaten von sechs Monaten hat sich auch in Extremfällen als ausreichend erwiesen. Halten die Gefahren an, kann das Verbot verlängert werden. Dressel: „Auch hier muss nachjustiert werden.“

* Verfassungskonforme Regelung des Kennzeichenabgleichs:
Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus diesem Frühjahr ist auch in Hamburg der Kennzeichenabgleich ausgesetzt – auch die Hamburger Regelung ist verfassungswidrig. Dressel: „Wir wollen in engen verfassungsrechtlichen Grenzen den Kennzeichenabgleich weiter ermöglichen. Wir haben mit unserem Vorschlag die Karlsruher Vorgaben 1:1 umgesetzt.“

* Verfassungskonforme Regelung der Rasterfahndung:
Die bisherige Hamburger Rasterfahndungsregelung ist nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit dem Grundgesetz so nicht mehr vereinbar. Die Sozialdemokraten haben hierzu eine Präzisierung vorgeschlagen, die die Rasterfahndung in engeren Grenzen als bisher weiter erlaubt. Dressel: „Auch hier tut Schwarz-Grün nichts.“

* Kernbereichsschutz bei polizeilicher Wohnraum- und Telefonüberwachung:
Das Bundesverfassungsgericht hat eine dezidierte Rechtsprechung zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung bei Wohnraum- und Telefonüberwachungsmaßnahmen entwickelt, an denen Hamburg bei der letzten Polizeirechtsnovelle fast vollständig vorbeigegangen ist. Dressel: „Die alte CDU-Position hierzu ist verfassungsrechtlich nicht mehr haltbar. Wir legen deshalb auf Basis des neuen BKA-Gesetzes einen Vorschlag zum umfassenden Kernbereichsschutz vor. Hier kann es eigentlich keine zwei Meinungen geben.“

* Landesrechtlich noch strengere Anforderungen an Online-Durchsuchungen stellen:
Im Anschluss an die Einigung von SPD und CDU auf Bundesebene für eine Regelung zur Online-Durchsuchung will die SPD-Fraktion auch in Hamburg in wenigen Extremfällen von islamistischem Terrorismus aber auch organisierter Kriminalität unter engsten Voraussetzungen und unter „lupenreiner Umsetzung der Karlsruher Vorgaben die Online-Durchsuchung ermöglichen – zeitlich befristet, unter enger richterlicher und Datenschutz-Kontrolle“, so Dressel. Doch die Hamburger SPD-Fraktion geht in den Hürden noch weiter: „Im Gegensatz zum Bund ist bei jeglicher Relevanz für den Kernbereich privater Lebensgestaltung eine Online-Durchsuchung unzulässig. Auch haben wir die Geltungsdauer des Gesetzes verkürzt – auf fünf statt elf Jahre. Und wir haben zusätzlich eine parlamentarische Kontrolle eingebaut. Wer angesichts dieses einmalig engen Regelungskorsetts vom Überwachungsstaat redet, argumentiert wider besseres Wissen.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.