Kita-Lärm: OVG untersagt weiteren Ausbau

Direkt an einer vierspurigen Straße, unweit der auf einem Damm geführten S-Bahn und zudem in einer Einflugschneise: Trotzdem sah das Verwaltungsgericht in der geplanten Kita in der Reventlowstraße eine schwerwiegende Belästigung für die Nachbarschaft. Jetzt hat auch das Oberverwaltungsgericht entschieden: Der Widerspruch der Nachbarn hat aufschiebende Wirkung, der Ausbau darf nicht weitergehen, die Kita vorerst nicht weiter betrieben werden.

Sollte sich die Linie des OVG durchsetzen, gäbe es ein Problem, das weit über den Einzelfall Reventlowstraße hinausgeht: Der gesamte Kita-Ausbau wäre in Frage gestellt. Denn Kitas werden da gebraucht, wo die Menschen wohnen – und genau da können sich Nachbarn in bestehenden Wohngebieten offenbar weiterhin erfolgreich dagegen wehren.

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat die Eskalation im Streit um die Kita Reventlowstraße bedauert.

„Seit drei Jahren ist das Problem bekannt, und seit drei Jahren schiebt der Senat eine Lösung vor sich her“, sagte die SPD-Abgeordnete Carola Veit. Die aktuelle Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts zeige, dass es „für bestehende und neue Kitas in reinen Wohngebieten weiterhin kaum Rechtssicherheit gibt. Wir brauchen endliche eine Kita-Bedarfsplanung, die es den Bezirken ermöglicht, in vergleichbaren Situationen schon vor dem Entstehen von Konflikten einzugreifen und gegebenenfalls die Bebauungspläne zu ändern“, forderte Veit.

Die CDU habe in der vergangenen Legislaturperiode ein Gesetz „durchgepeitscht, das Konflikte zwischen Kitas und den Anliegern verhindern sollte. Wir haben damals davor gewarnt, das CDU-Gesetz werde nicht zu einer Befriedung führen. Leider haben sich unsere Befürchtungen bewahrheitet“, sagte Veit.

Kritik übte Veit an der Begründung des OVG. Dort heißt es, der Begriff der „Wohnbedürfnisse“ schließe lediglich Nutzungen ein, die in einem Wohngebiet allgemein erwartet würden oder mit ihnen verträglich seien. Kindertageseinrichtungen seien in besonders geschützten Wohngebieten bei typisierender Betrachtung nur mit Einschränkungen zulässig“.

Mit einem Beschluss 15. Oktober 2008 Tag hatte das Hamburgische Oberverwaltungsgericht die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg bestätigt, das die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Nachbarn gegen die für den Umbau und die Nutzung des Gebäudes Reventlowstraße 56 für eine Kindertagesstätte erteilte Baugenehmigung angeordnet hatte. Damit kann die Kindertagesstätte vorläufig nicht betrieben werden.

So berichtet das Oberverwaltungsgericht:

Oberverwaltungsgericht entscheidet: Kita Reventlowstraße muss vorläufig geschlossen werden

Mit einem Beschluss vom 15. Oktober 2008 (2 Bs 171/08) hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg bestätigt, das die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Nachbarn gegen die für den Umbau und die Nutzung des Gebäudes Reventlowstraße 56 für eine Kindertagesstätte erteilte Baugenehmigung angeordnet hatte. Damit kann die Kindertagesstätte vorläufig nicht betrieben werden.

Der Verein Sterni Park e.V. hatte im Februar 2008 die Baugenehmigung für das Gebäude beantragt, um dort eine Kindertagesstätte mit 60 Plätzen zu betreiben. Die Antragsgegnerin, das Bezirksamt Altona, erteilte im Juli 2008 eine Genehmigung für den Umbau des vorhandenen Gebäudes sowie für einen zweigeschossigen Anbau mit einem zusätzlich genutzten Souterrain. Der Antrag der Nachbarn (Antragsteller) auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat nun die Beschwerden des Betreibers Sterni Park e.V. und des Bezirksamtes zurückgewiesen.

Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, die angefochtene Baugenehmigung verletze die Rechte der Antragsteller. Eine Kindertageseinrichtung in der beantragten und genehmigten Größe sei bauplanungsrechtlich nicht zulässig, weil sie mit der für die Grundstücke der Nachbarn und der Antragsteller geltenden bauplanungsrechtlichen Gebietsausweisung unvereinbar sei.

Die betroffenen Grundstücke lägen nach dem Baustufenplan Groß Flottbek/Othmarschen von 1955 in einem besonders geschützten Wohngebiet. Der Be-

griff der „Wohnbedürfnisse“ schließe lediglich Nutzungen ein, die in einem Wohngebiet allgemein erwartet würden oder mit ihnen verträglich seien. Kindertageseinrichtungen seien in besonders geschützten Wohngebieten bei typisierender Betrachtung nur mit Einschränkungen zulässig. Maßgeblich sei bei diesen Einrichtungen, die nicht dem Wohnen dienten, der Umfang der Nutzung. Denn es bestehe typischerweise ein Zusammenhang zwischen der Größe der Einrichtung und ihrem Störungspotential. Zulässig seien danach nur „kleine“ Einrichtungen. Bei der Kita Reventlowstraße handele es sich nach der für 60 Kinder genehmigten Nutzung im Vergleich mit den in Hamburg existierenden Kitas nicht um eine solche „kleine“ Einrichtung. Diese sei auch bauplanungsrechtlich nicht mehr „klein“, weil der Baustufenplan nur eine zweigeschossige Bebauung erlaube und den Wohncharakter auch dadurch schütze, dass 7/10 der Grundstücksfläche nicht überbaut werden dürften.

Auf die Einhaltung der planerischen Ausweisung hätten die Antragsteller einen Anspruch.

Das Oberverwaltungsgericht hat sich zu der Frage, ob und wann der durch den Betrieb der Kindertagesstätte entstehende Lärm für die Nachbarn zumutbar oder nicht hinzunehmen ist, nicht geäußert.

4 Gedanken zu „Kita-Lärm: OVG untersagt weiteren Ausbau“

  1. Richtig so !
    Man kann unterschiedlicher Meinung sein, was das Thema Überbevölkerung und Kinder betrifft.

    Fakt ist:
    Lärm macht krank.
    Kindergärten gehören nicht in Wohngebiete!
    Dann wird die Akzeptanz besser.

    Terror gegen Anwohner ist das falsche Konzept.

  2. Genau – Kinder raus aus den Wohngebieten, sollen sie doch irgendwo zwischen Gewerbe und Industrie aufbewahrt werden, dann kann man endlich auch wieder ungestört Gas geben, ohne dass man fürchten muss, dass einem so ein unerzogenes Gör vor den Spoiler läuft! Die Alten schickt man schließlich auch aufs Land – richtig „wohnen“ tun doch eigentlich nur die 25- bis 45jährigen, und schließlich heißt es doch „Wohngebiet“!

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