Hamburgs Steuerbetrüger: 304 Selbstanzeigen

Hamburgs Senat hat sich bisher nicht mit der Frage befasst, ob Steuerbetrüger künftig auch im Falle einer Selbstanzeige der Strafverfolgung ausgesetzt werden sollen. Unterdessen erhöht sich die Zahl der Selbstanzeigen in Hamburg immer mehr: Waren es zum 5. März 232 Selbstanzeigen, so sind es nach Informationen des Hamburger ver.di-Chefs und SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Wolfgang Rose derzeit sogar schon 304.

Rose: „Der Senat sitzt beim Thema Steuergerechtigkeit immer noch im Schlafwagen. Er beteiligt sich nicht an der bundesweiten Debatte, ob Steuerhinterzieher härter bestraft werden müssen. Er stellt zu wenig Steuerprüfer ein und prüft die Steuererklärungen von Millionären viel zu selten. Und auch beim Thema Vermögenssteuer, Kontrolle der Banken und Börsenumsatzsteuer ist vom schwarz-grünen Senat nichts zu hören. Diese Schlafmützigkeit passt überhaupt nicht zur dramatischen Lage der öffentlichen Finanzen und zur Dreistigkeit der Steuerbetrüger und Spekulanten.“

Eine Kleine Anfrage Roses an den Senat hat ergeben, dass mit den 232 Selbstanzeigen Erträge von rund 118 Millionen Euro nacherklärt wurden. „Allerdings enthalten die Selbstanzeigen zum Teil deutliche „Sicherheitszuschläge“ in den Fällen, in denen Erträgnisaufstellungen der Banken nicht vorliegen und kurzfristig nicht zu erhalten sind. Die Versteuerung erfolgt jeweils nach dem persönlichen Steuersatz“, so der Senat. Ganz grob betrachtet würden sich aus den nacherklärten Kapitalerträgen in Hamburg zusätzlich veranlagte Einkommensteuern von bis zu 30 Prozent ergeben. Hiervon verblieben in Hamburg wiederum lediglich bis zu 25 Prozent; Gleiches gelte für die Zinsen.

Das Rechtsinstitut der Selbstanzeige sei seit über 100 Jahren gesetzlich verankert und solle aus Sicht der zuständigen Behörde beibehalten werden, so der Senat. Die Einräumung der strafbefreienden Wirkung werde auch von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht infrage gestellt. „Befürwortet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde, dass Steuerbetrüger in jedem Fall einer Strafverfolgung ausgesetzt werden?“, fragte Rose. Antwort: „Auf das Rechtsinstitut der Selbstanzeige wird verwiesen. Im Übrigen haben sich weder der Senat noch die zuständige Behörde mit der Fragestellung befasst.“

Die Zahl der zusätzlichen Steuerprüfer bleibt weiterhin auf niedrigem Niveau: „Die Einstellungszahlen für die Ausbildung der Steuerbeamten für die Kalenderjahre 2010 bis 2012 sind gegenüber den Vorjahren deutlich erhöht worden“, so der Senat: „2010 ist beabsichtigt, 95 Finanzanwärter und 24 Steueranwärter einzustellen.

Für 2011 sollen nach derzeitigen Planungen 72 bis 80 Finanzanwärter und 24 Steueranwärter eingestellt werden.

Für 2012 ebenfalls 72 Finanzanwärter und wiederum 24 Steueranwärter. Inwieweit sich daraus zukünftig erhöhte Zahlen im Bereich der Betriebsprüfung und Steuerfahndung ergeben, ist noch nicht absehbar.“

Rose: „Das Ausmaß der kriminellen Energie bei den Reichsten der Reichen ist so groß, dass die Zahl der Steuerprüfer bei weitem nicht ausreicht. Jede Steuerprüfung bei Millionären bringt im Durchschnitt Nachzahlungen in Höhe von 135.000 Euro. Der Senat braucht mindestens 200 Steuerprüfer zusätzlich, um endlich diese Art von Kriminalität wirksam bekämpfen zu können. Der Senat muss seine Schlafmütze ablegen und Steuergerechtigkeit zum vordringlichen Thema machen. “

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