Gemeinsamer Kurs gegen Verdrängung

Seltenes Ereignis heute im Stadtentwicklungsausschuss: Fraktionsübergreifend soll ein Maßnahmebündel gegen die Verdrängung alteingesessener Bewohner aus aufgewerteten Stadtvierteln beschlossen werden. Die SPD begrüßt die fraktionsübergreifende Linie als „gutes Signal“. Und auch die LINKE wäre gern dabei gewesen.

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat die fraktionsübergreifende Verständigung auf Maßnahmen gegen die Verdrängung von alteingesessenen Bewohnern aus aufgewerteten Stadtviertel begrüßt. In der heutigen Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses werden die Fraktionen von SPD, GAL und CDU eine Reihe von Maßnahmen im Kampf gegen Aufwertung und Verdrängung beschließen, teilte SPD-Stadtentwicklungssprecher Andy Grote mit.

Nach mehrmonatigen Beratungen auf der Grundlage des SPD-Antrages „Schutzschirm gegen Verdrängung“ (Drs. 19/4811) wird für die abschließende Befassung in der heutigen Sitzung ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen von SPD, GAL und CDU vorliegen, mit dem der überwiegende Teil der SPD-Forderungen inhaltlich übernommen wird.

Der gemeinsame Antrag umfasst insbesondere die folgenden Punkte:

– Erhebung und Analyse von Daten über die Sozialstruktur der Stadtteile („Sozialmonitoring“) nach Münchner Modell, um damit den Erlass sozialer Erhaltungsverordnungen zu beschleunigen.

– Regelmäßige Durchsetzung eines möglichst hohen Anteils an öffentlich gefördertem Wohnungsbau in Bauplanungs- und Baugenehmigungsverfahren.

– Vergabe städtischer Wohnungsbaugrundstücke unter der Bedingung, dass darauf ein möglichst hoher Anteil an öffentlich geförderten Wohnungen realisiert wird.

– Geförderter Wohnungsbau durch SAGA/GWG gezielt in den von Aufwertung betroffenen Stadtteilen.

– Maßvolle Mietenpolitik der SAGA/GWG in den von Aufwertung betroffenen Quartieren, insbesondere nach Modernisierungen oder bei der Anpassung an den Mietenspiegel nach Auslauf der Sozialbindung.

– Entwicklung von Handlungsansätzen zum Schutz gewachsener Gewerbestrukturen und der kulturellen Vielfalt in den betroffenen Quartieren unter Einbeziehung insbesondere von städtischen Gewerbeflächen und treuhänderisch von Sanierungsträgern verwalteten Immobilien.

Grote begrüßte die fraktionsübergreifende Einigung: „Es ist ein gutes Signal, dass in wichtigen Punkten Einigkeit zwischen den Bürgerschaftsfraktionen von SPD, GAL und CDU erreicht werden konnte. Es ist zu hoffen, dass dem parlamentarischen Beschluss nun auch schnell politisches Handeln des Senats folgt. Es ist schon viel Zeit vergangen. Wenn in dieser Legislaturperioden noch etwas erreicht werden soll, muss es jetzt losgehen.“

Interfraktioneller Antrag Stadtentwicklung

Zum heutigen interfraktionelle Antrag von CDU, GAL und SPD: Stadtentwicklung mit Weitsicht- Hamburger Modell II – Bestandsaufbau, Verfahrensbeschleunigung & neue Instrumente erklärt Dr. Joachim Bischoff, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE:

„Wir begrüßen den interfraktionellen Antrag der CDU/GAL und SPD auch wenn wir leider nicht beteiligt wurden. Umso mehr freuen wir uns, dass trotzdem Aspekte aus unserem Petitum, übernommen wurden. Darunter beispielsweise eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel rechtliche Voraussetzungen dafür zu schaffen, um gegen Mietwucher vorgehen zu können oder den Aufbau einer genossenschaftlichen Immobilienagentur. Wir hoffen sehr, dass in absehbarer Zeit auch Taten folgen werden.“

Hintergrund:

Hamburg erlebt derzeit in einer Reihe von Stadtteilen Aufwertungsprozesse, die zu erheblichem Druck auf die seit langem dort lebenden Menschen führen und die Identität dieser Stadtteile bedrohen. Die erheblich gesteigerte Wohnungsnachfrage in Stadtteilen wie St. Pauli, Sternschanze, St. Georg, Altona Altstadt oder Eimsbüttel führt zu teilweise drastisch steigenden Mieten und zur zunehmenden Verdrängung einkommensschwächerer Bevölkerungsgruppen aus diesen Stadtteilen.

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hatte daher bereits im November 2009 ein umfassendes Maßnahmenpaket (Drs. 19/4811, Anlage) als „Schutzschirm gegen Verdrängung“ vorgelegt. Hierüber wurde im Stadtentwicklungsausschuss der Bürgerschaft seitdem mehrfach – unter anderem im Rahmen einer Expertenanhörung – beraten.

Für die abschließende Befassung im Stadtentwicklungsausschuss haben sich die Fraktionen von SPD, GAL und CDU auf einen gemeinsamen Antrag verständigt. In ihm übernehmen die Fraktionen in weiten Teilen die von der SPD vorgeschlagenen Punkte. Die SPD wird ihren ursprünglichen Antrag daher für erledigt erklären.

Ein Gedanke zu „Gemeinsamer Kurs gegen Verdrängung“

  1. Ja, bitte, es muß jetzt schnell losgehen. Es geht nicht an, dass Menschen und besonders Familien unter bedrückenden Wohnverhältnissen leben müssen! Alle haben schon genug Probleme. Wenn nun Taten folgen werden, entsteht zumindest wieder Hoffnung…

    Die Nachfrage nach Wohnungen von den sehr gut Verdienenden darf sich nicht auch noch auf die an die Innenstadt grenzenden Stadtteile ausdehnen. Wenn sie feststellen, dass die sich eigentlich ganz gut und rasch erreichen lassen. Und bei einem Besuch vor Ort sehen, dass einiges bereits hübsch renoviert wurde. Als Mietinteressenten sind sie sicher gern gesehen und plötzlich sind dann die alten Mieter nicht mehr ganz so beliebt… was die sozialen Probleme verschärfen dürfte. Kann das jemand wollen?

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