Gastschüler: Pragmatische Lösung gefordert

In der Diskussion um die Neufassung des Gastschulabkommens zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein hat die SPD-Bürgschaftsfraktion gefordert, Schülerinnen und Schüler aus dem Nachbarland, die in Hamburg eine weiterführende Schule besuchen, nicht von der Schule zu verweisen. Die bisherige Regelung sieht vor, dass die Kinder die jeweilige Schulstufe beenden dürfen, dann aber gehen müssen, weil das alte Abkommen ausgelaufen ist und Kiel sich weigert, die vollständigen Kosten für seine Landeskinder zu übernehmen.

Mit dieser Position werde die SPD in die Beratungen des Schulausschusses gehen, kündigte SPD-Schulexperte Ties Rabe am Dienstag an. Er mahnte in diesem Zusammenhang eine „vernünftige Entscheidung beider Länder an, die mit Rücksicht auf die betroffenen Schülerinnen und Schüler zu treffen ist“.

Junge Leute in Hamburger Schulen dürften nicht darunter leiden müssen, dass sich die beiden CDU-geführten Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein nicht einigen können, sagte Rabe, der selbst an einer Stadtrand-Schule unterrichtet, die von vielen Kindern aus Schleswig-Holstein angewählt wird.

Er forderte zugleich die Schleswig-Holsteinische Landesregierung auf, eine finanziell ausgeglichene Vereinbarung über Schulbesuche im Nachbarland nicht weiter zu blockieren. Beide Bundesländer müssten gleichzeitig für Transparenz sorgen, was die gegenseitigen Leistungen zugunsten des jeweiligen Nachbarlands und deren Finanzvolumen betrifft.

Hintergrund der laufenden Debatte ist eine Entscheidung der Hamburger Schulbehörde, ihre entsprechende Dienstanweisung zu überarbeiten: Anders als bisher sollen Schüler mit Wohnsitz in Schleswig-Holstein künftig nach Klasse 10 von Hamburgs Schulen verwiesen werden – selbst wenn sie zu Beginn ihrer Schulzeit lange Zeit in Hamburg gewohnt hatten und erst im Laufe der Zeit mit ihren Eltern umgezogen sind.

Mehrere Schulen hatten bereits entsprechende Briefe an ihre Schüler verschickt und die Abschulung zum Sommer angekündigt. „Die Schulbehörde eskaliert das Problem. Es kann nicht sein, dass Kinder sechs Jahre lang eine Hamburger Schule besuchen und dann wegen des Umzugs der Eltern von der Schule verwiesen werden. Das ist unsinnige Kleinstaaterei auf Kosten der Schülerinnen und Schüler.“

Die von der Schulbehörde vorgesehene Härtefallregelung sei überdies so streng, dass nur sehr wenige Betroffene von ihr profitieren könnten.

Ein unfreiwilliger Schulwechsel sei für Kinder durch den Verlust von Klassengemeinschaft und vertrauten Lehrern ohnehin problematisch. Darüber hinaus könne sich ein erzwungener Schulwechsel schlecht auf Leistungen und Schulerfolg auswirken. Schließlich berge ein Wechsel von einem Hamburger Gymnasium in ein Gymnasium in Schleswig-Holstein das Problem, dass Hamburg das Abitur mit zwölf Jahren bereits früher eingeführt hat. Entsprechend müsste ein Schüler theoretisch von der 10. Klasse eines Gymnasiums in Hamburg in die 12. Klasse eines Gymnasiums in Schleswig-Holstein wechseln. „Ein solcher Übergang ist reibungslos nicht zu schaffen“, sagte Rabe.

Die Härte, mit der die Schulbehörde in dieser Frage gegen Schülerinnen und Schüler aus Schleswig-Holstein vorgeht, aber auch die Kündigung des Gastschulabkommens erschienen unverhältnismäßig, sagte Rabe. Er appellierte zugleich an die Landesregierung in Schleswig-Holstein, eine Neuregelung des Gastschulabkommens nicht weiter zu blockieren. Rabe: „Hamburg zahlt drauf, und Schleswig-Holstein scheint das Schicksal seiner Landeskinder egal zu sein – das geht auf Dauer nicht.“ Das Gastschulabkommen müsse mit Blick auf die wachsende Zahl von Schülern aus Schleswig-Holstein neu geregelt werden.

Rabe verwies zugleich darauf, dass sich der Streit mit ein bisschen Geduld von selbst erledigt hätte. Wird die Hamburger Schulreform umgesetzt, können ab 2012 ohnehin keine Schüler aus Schleswig-Holstein mehr nach der Grundschulzeit die weiterführenden Hamburger Schulen besuchen. Die Grundschule in Schleswig-Holstein endet nach Klasse 4, die weiterführenden Schulen in Hamburg beginnen ab 2012 erst mit Klasse 7.

Rabe warf der Schulbehörde vor diesem Hintergrund vor, das Abkommen gekündigt zu haben, ohne die negativen Folgen dieser Entscheidung zu bedenken. Nach einem zweimonatigen vertragslosen Zustand Anfang 2010 gebe es nun lediglich ein Zwischenabkommen, in dem sich an den Ausgleichzahlungen Schleswig-Holsteins an Hamburg in Höhe von 8,5 Millionen Euro nichts geändert hat. Der für das Jahr 2010 eingeplante Konsolidierungsbeitrag in Höhe von drei Millionen Euro hat sich demnach nicht realisiert. Ob die erwarteten Einsparungen in Höhe von 24 Mio. Euro von 2010 bis 2013 erzielt werden können, ist mehr als fraglich.

Eindringlich mahnte Rabe, beim Abschluss eines neuen Abkommens Transparenz über das finanzielle Volumen von Leistungen zwischen beiden Bundesländern zu schaffen. Das betreffe etwa Steuervorteile aus der Landesbankenfusion. Zukünftig müsse nachvollziehbar geregelt werden, welche Berechnungsgrundlagen und Kosten in das Gastschulabkommen einfließen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.