„Erschütterndes Dokument sozialer Zerrissenheit“

Als „erschütterndes Dokument sozialer Zerrissenheit“ bezeichnet Richard Wahser, Vorstandsvorsitzender des PARITÄTISCHEN Hamburg, die Ergebnisse des Armutsberichts der Bundesregierung, der heute vorgestellt wird. Demnach lebt jeder vierte Bundesbürger in Armut oder muss durch staatliche Hilfen wie Arbeitslosengeld II, Wohn- oder Kindergeld davor bewahrt werden.

„Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander“, so Wahser, „die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer.“ Der PARITÄTISCHE fordert eine sachliche Diskussion und entschiedene Maßnahmen gegen die soziale Spaltung: „Wir brauchen eine grundlegende Reform des Sozialsystems, die den Menschen wieder in den Mittelpunkt rückt, soziale Sicherheit schafft und gleichzeitig die bestehenden Ressourcen besser verteilt.“

Der bundesweite Abwärtstrend zeichnet sich auch in Hamburg ab: Im April 2008 erhielten nach einer Studie des Instituts für Arbeit und Qualifikation rund 30.000 Beschäftigte eine finanzielle Aufstockung zu ihrem Gehalt – über 72 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch immer mehr Kinder leben in Hamburg in Armut oder sind von Armut bedroht: Bekamen im August 2005 noch 46.800 Kinder bis 15 Jahre Sozialgeld, erhöhte sich die Zahl im April 2008 auf 54.300 Kinder.

Seit Jahren setzt sich der Verband für eine Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze auf mindestens 420 Euro ein. „Der derzeit geltende Satz von 347 Euro reicht nicht aus, um Armut zu verhindern“, fügt der Vorstandsvorsitzende hinzu. Zudem müsse ein Bemessungssystem erarbeitet werden, das die unterschiedlichen Bedürfnisse von Erwachsenen und Kindern sachgemäß abbilde. Derzeit wird der Regelsatz der Kinder von dem der Erwachsenen abgeleitet.

Darüber hinaus bekräftigt der PARITÄTISCHE Hamburg seine Forderung, einmalige Leistungen für Kinder – z.B. zur Einschulung – wieder einzuführen, die mit der Arbeitsmarktreform Hartz IV gestrichen wurden.

Der Verband betont die Bedeutsamkeit der Armutsberichterstattung: „Sie ist ein wichtiges Instrument, um Armut und die damit verbundenen Problemlagen vernünftig identifizieren und nachhaltige Handlungskonzepte zur Armutsvermeidung entwickeln zu können“, sagt Richard Wahser. Daher begrüßt der Verband, dass der Lebenslagenbericht im Koalitionsvertrag von CDU und GAL „über die statistische Erfassung hinaus zu einem interpretierenden und handlungsorientierten Instrument“ weiterentwickelt werden soll.

Der PARITÄTISCHE Wohlfahrtsverband Hamburg e.V. ist eine Service-Einrichtung für seine zurzeit 330 Mitglieder, die unter eigenem Namen und Logo auftreten. Sie arbeiten auf allen Gebieten der Sozial-, Jugend-, Frauen-, Behinderten-, Alten- und Gesundheitshilfe, betreiben ca. 1.000 Einrichtungen und Dienste, in denen 16.000 hauptamtlich Beschäftigte sowie 10.000 ehrenamtlich tätige Helfer/innen und Organmitglieder wirken.

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