Bauprojekte: Parlament hinters Licht geführt

Der ZOB Bergedorf ist ein gutes Beispiel für die unkontrollierten Kostensteigerungen bei vielen Projekten des schwarz-grünen Senats. Gegenüber dem Planansatz von rund 20 Euro haben sich die Baukosten auf rund 44 Mio. Euro erhöht.

Wegen der mit diesem Fall verbundenen Debatten und der Tendenz, sich über Budgetvorgaben hinwegzusetzen, hatte der Senat den Rechnungshof gebeten, die Ursachen der Kostenentwicklung beim Neubau des ZOB Bergedorf zu prüfen und den Senat zu beraten, wie zukünftig bei bedeutenden und komplexen Baumaßnahmen verfahren werden sollte.

„Die Elbphilharmonie ist kein Einzelfall. Auch viele andere Bauprojekte wurden ohne ausreichende Planung begonnen“, so der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Peter Tschentscher. Dadurch werde der Steuerzahler mit vielen Millionen Euro Mehrkosten belastet.

Ein passendes Beispiel sei der vom Rechnungshof geprüfte Umbau des ZOB Bergedorfs: Bereits im Oktober 2009 hatte die SPD-Fraktion im Haushaltsausschuss Fehler bei der Umsetzung des Projektes angemahnt. „Der Rechnungshof hat unsere Kritikpunkte aufgenommen und ist zu demselben Ergebnis gekommen“, so Tschentscher. Unter anderem habe der Senat bei den Vertragsverhandlungen nicht auf einen zeitnahen Abschluss hingewirkt und dadurch Mehrkosten von 2,2 Millionen Euro verursacht.

„Angesichts der schwierigen Haushaltslage wird es Zeit, dass der Senat die Kritik der Opposition und des Rechnungshofes ernst nimmt und keine Projekte mehr beginnt, die nicht hinreichend geplant und auf Wirtschaftlichkeit geprüft sind“, sagte Tschentscher.

Zu dem Sonderbericht des Rechnungshofs „Kostenstabiles Bauen“ erklärt der Haushalts- und finanzpolitische Sprecher der Linksfraktion, Dr. Joachim Bischoff: „Im Jahr 2005 hat die Bürgerschaft dem Bauprojekt ZOB Bergedorf zu gestimmt. Die damaligen Kostenschätzungen waren zwei Jahre alt und schon damals hätten 32 Mio. Euro beantragt werden müssen. 2007 wurde mit dem Bau begonnen, obwohl weder vollständige Kostenunterlagen vorhanden waren noch ein unter den verschiedenen Beteiligten ausverhandelter und abgeschlossener Bau- und Finanzierungsvertrag vorlag. Eine solche eklatante Verletzung der Haushalts- und
Budgetrechtes ist wohl eher der Ausnahmefall. Anders verhält es sich mit der Informationspflicht gegenüber dem Parlament, die von
Senatsseite schon öfter nicht ganz wörtlich genommen worden ist.

‚Als der Senat dem Haushaltsausschuss im Dezember 2008 mitteilte, die bisherigen Kosten von 20,8 Mio. Euro würden sich auf rund 21,55 Mio. Euro erhöhen, war die BSU bereits seit Oktober von der VHH über Mehrkosten in Höhe von 9,4 Mio. Euro informiert.‘ Das Parlament wurde hier also schlicht hinters Licht geführt. Die Regierungskoalition rückt häufig nur scheibchenweise und sehr spät
mit der finanziellen Wahrheit heraus.

Der Sonderbericht der Landesrechnungshof ist für den konkreten Fall des ZOB Bergedorf wichtig und die Schlussfolgerungen für kostenstabiles Bauen dürften alle Parteien mittragen. Die Explosion der Baukosten im öffentlichen Bereich ist weder zwangsläufig noch unabwendbar. Was sind die praxisrelevanten Schlussfolgerungen und wie kann sich was verändern?

Zunächst muss über die Bürgerschaft eine Veränderung der Bedingungen bei Wettbewerben von Architekten und Ingenieuren auf den
Weg gebracht werden. Die Kostensteigerungen werden schwerpunktmäßig durch Mängel in der Planungsphase ausgelöst.

Gerade die HaushaltspolitikerInnen müssen noch hartnäckiger auf der Etatreife der beantragten Projekte bestehen. Wirtschaftlichkeitsnachweise und Haushaltsunterlagen von Bauvorhaben dürfen nicht mehr mit Hinweis auf den politischen Willen der
Regierenden oder deren gestalterischen Optionen versagt werden.

Nicht zuletzt müssen Verstöße gegen das Budgetrecht und die Informationspflichten gegenüber der Bürgerschaft noch entschiedener
kritisiert werden.“

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