Wohnungsbau: Die Grünen sind lernfähig

Weil sich Spekulanten eine goldene Nase verdienen, fordert die GAL-Fraktion „eine neue Politik der Grundstücksvergabe nach sozialen Kriterien“. Zu schwarz-grünen Regierungszeiten hätte diese Forderung noch mehr beeindruckt…

Oft verdienen sich Spekulanten durch mehrfachen Weiterverkauf von ehemals städtischen Grundstücken eine goldene Nase, so die GAL: „Mit jedem Geschäft steigt der Quadratmeterpreis. Die Zeche zahlen die Mieterinnen und Mieter.“

In einem Antrag fordern die Grünen den Stopp der Weiterverkäufe. Jens Kerstan, Vorsitzender der GAL-Fraktion und Mitglied im Stadtentwicklungsausschuss: „Wir müssen endlich ein Verkaufskonzept haben, das Spekulation und Mietpreistreiberei eindämmt. Obwohl die SPD dies vor der Wahl lautstark kritisiert hatte, wird städtischer Grund weiter im Höchstgebotsverfahren verkauft. Das muss ein Ende haben, sonst bekommen wir Hamburgs Mietenproblem nicht in den Griff. Es wird aber nicht reichen, nur die Vergabe städtischer Flächen zu ändern. Auch bei der Bebauungsplanung auf privaten Grundstücken muss es verbindliche Vorgaben für Verkäufer und Investoren geben. Städtebauliche Verträge können hier den Rahmen vorgeben, der Miet- und Eigentumspreise in Grenzen hält.“ Zu Fragen der Haushaltskonsolidierung äußerte sich Kerstan in diesem Zusammenhang nicht.

Olaf Duge, Sprecher für Bauen und Wohnen der GAL-Fraktion, erklärt: „Wir müssen zudem den Zwischen-Verkauf von Grundstücken unterbinden. Denn dadurch steigen am Ende die Mieten. Es kann nicht sein, dass noch der vierte und fünfte Grundstücksentwickler einen Reibach auf Kosten der Mieter und Mieterinnen macht. Wir wollen regelhaft mindestens 30 Prozent Sozialwohnungen auf ehemals städtischen Flächen, ein Fünftel soll für Baugemeinschaften reserviert sein. Außerdem brauchen wir eine Absicherung im Falle des Weiterverkaufs. Normalverdiener könne keine Kaltmiete von 14 Euro pro Quadratmeter bezahlen.“

Beim Verkauf von städtischen Grundstücken für den Wohnungsbau fordert die GAL in ihrem Antrag:
•Konzentration auf gemeinnützige oder öffentliche Wohnungsbauunternehmen und solche, die ihren Wohnungsbestand langfristig halten
•Regelhaft mindestens 30 Prozent geförderter Wohnungsbau und 20 Prozent der Fläche an Baugemeinschaften
•Regelhaft Mietenkonzept für nicht geförderte Wohnungen und Verkaufspreiskonzept für Eigentumswohnungen. Absicherung durch Übertragungsklausel bei Weiterverkauf
•Regelhaft Weiterverkauf der Eigentumswohnungen für zehn Jahre zu untersagen. Absicherung durch Weiterübertragungsklausel bei Verkauf
•Bindungslaufzeiten auf 30 Jahre im innerstädtischen Bereich hochsetzen und ggf. Grundstück auch unterwertig per Bürgerschaftsbeschluss verkaufen
•Verstärkt auf Erbbaurecht statt auf Verkauf setzen

Bei der Schaffung von neuem Planrecht (Wohnen) für private Grundstücke soll es städtebauliche Verträge geben mit:
•Regelhaft mindestens 30 Prozent gefördertem Wohnungsbau und 20 Prozent der Fläche für Baugemeinschaften
•Regelhaft Mietenkonzept für nicht geförderte Wohnungen und Verkaufspreiskonzept für Eigentumswohnungen. Absicherung durch Weiterübertragungsklausel bei Verkauf des Grundstücks
•Regelhaft Weiterverkauf der Eigentumswohnungen für zehn Jahre zu untersagen. Absicherung durch Weiterübertragungsklausel bei Verkauf

Die GAL-Fraktion fordert vom Scholz-Senat einen sofortigen Kurswechsel bei der Grundstücksvergabe. Städtische Grundstücke gehören in die Hand von langfristig orientierten Unternehmen. In Hamburg gibt es genügend Wohnungsbauunternehmen, Genossenschaften oder Baugemeinschaften mit sozialem Gewissen. Bisher können diese im Bieterwettbewerb mit Spekulanten und Immobilienfonds oftmals nicht mithalten.

Fallbeispiele, die es nach Willen der GAL künftig nicht mehr geben sollte:

Stillstand am Güterbahnhof Barmbek
Auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofes wurden, nach einer Entwicklung durch die ehem. Bahntochter Aurelis, einzelne Grundstücke für Eigentumswohnungen verkauft. Der Bezirk erstellte hier maßgeschneidertes Planrecht. Diese Grundstücke wurden danach mehrfach verkauft, jedes Mal stieg der Preis. Der Eigentümer konnte die Wohnungen vor Baubeginn nicht für ca. 4.000 Euro pro Quadratmeter – mitten in der Flugschneise – verkaufen. Es geht das Gerücht, dass er mittlerweile insolvent ist. Seit Jahren wurde an dieser Stelle kein einziger Stein bewegt.

Es stellt sich folgende Frage: Wie soll Hamburg das Wohnungsproblem in den Griff bekommen, wenn am Ende nicht gebaut wird, weil sich der dritte oder vierte Grundstückskäufer verspekuliert hat? Hätte man das Grundstück an Genossenschaften oder Baugemeinschaften vergeben, würden dort jetzt Familien leben.“

BNQ an Spezialfond verkauft
Das Bauvorhaben BNQ auf St. Pauli wurde aufgeteilt und zum Teil verkauft. Die Aberdeen Kapitalanlagegesellschaft hat das Grundstück mit den bis Mitte 2012 geplanten 63 freifinanzierten Mietwohnungen für 19 Mio. Euro gekauft. Die geförderten Wohnungen und die Bestandsgebäude bleiben im Besitz von Köhler & von Bargen.

Es stellen sich folgende Fragen: Wie schlägt sich der Kaufpreis auf die Miete durch? Wie viel Gewinn macht Köhler & von Bargen durch die Projektentwicklung? Welche Auswirkungen haben die Miethöhen auf die Bewohnerstruktur im Quartier?

Höchstgebotsverfahren im OxPark
Auf dem Gelände der ehemaligen Klinik Ochsenzoll in Langenhorn soll ein großes Wohngebiet mit rd. 800 Wohnungen entstehen. Ein Teil des Gebietes wurde kürzlich im Höchstgebotsverfahren ausgeschrieben. Auf dem Teilstück sollen 120 Einfamilien-, Doppel-, und Reihenhäuser entstehen.

Es stellen sich folgende Fragen: Warum wird nicht wenigstens ein Teil der Häuser zu vergünstigen Preisen per Einzelausschreibung über das städtischen Eigenheimprogramm an Familien mit geringeren Einkommen vergeben? Bis Ende 2002 galt in Hamburg noch der sog. Grundstückskostenrichtsatz. Familien konnten zu einem günstigen Preis das Grundstück erwerben und sich somit ihr Haus leisten.

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