Sondervermögen Schulen: Auch LINKE kritisiert

Wir haben heute bereits über die Pläne des Senats berichtet, die Schulen in ein Sondervermögen zu überführen. Die SPD hat das kritisiert, jetzt auch die LINKE.

Mit einer Geschäftsordnungsdebatte will die Regierungskoalition ein weiteres „Sondervermögen“ zum 1. Januar 2010 in die Welt setzen. Die Fraktion DIE LINKE kritisiert diese Flucht in eine reine Schuldenwirtschaft scharf: Der Senat verabschiedet sich von jeglicher ordentlichen und transparenten Haushaltführung und schafft die demokratischen Kontrolle durch die Bürgerschaft ab. Zudem besteht die Gefahr von weiteren Privatisierungen, der Ausgliederung von Servicefunktionen mit Lohndrückerei als Folge sowie komplizierter Aushandlungsprozesse zwischen den Beteiligten.

Dem Sondervermögen Schule wird ein Immobilienvermögen mit einem Buchwert von 3,9 Mrd. Euro übertragen, d.h. der Wert einer Immobilienfläche von 9,1 Mio. qm. Der finanzpolitische Sinn dieses Schattenhaushaltes: Das ‚Sondervermögen‘ kann und soll weitere Kredite aufnehmen, um die Erneuerung und Erweiterung bzw. den Neubau von Schulgebäuden und Turnhallen zu finanzieren. Hier geht es um eine Investition von 4,2 Mrd. Euro.

Der finanzpolitische Sprecher Dr. Joachim Bischoff warnt den Senat vor einem Dammbruch bei den öffentlichen Finanzen: „Mit diesem Schritt tritt die Regierungskoalition in Hamburg jetzt die Flucht in eine reine Schuldenwirtschaft an. Nach den Sonderhaushalten für die HSH Nordbank und die Schuldenaufnahme zur Finanzierung der Steuerausfälle wird der Grundsatz einer ordentlichen und transparenten Haushaltführung völlig aufgegeben. Die Sondervermögen und damit auch deren Geschäftspolitik sind der demokratischen Kontrolle durch die Bürgerschaft entzogen. Künftig werden die Schulen vom Sondervermögen nicht nur saniert, sondern auch vermietet und – auch dies werden wir noch erleben – verkauft.“

Die Auslagerung des Eigentums an den Schulen birgt die Gefahr von weiteren Privatisierungen sowohl in der Form indirekter Privatisierung durch ÖPP bzw. PPP-Projekte (was der Senat nur für die nächsten drei Jahre ausgeschlossen hat) als auch durch den direkten Verkauf von Schulen, z.B. um Verbindlichkeiten des Sondervermögens zu begleichen oder auch aus anderen Gründen. Hamburg hat damit auf einen wichtigen Teil öffentlichen Eigentums auch mit Blick auf eine sozial-ökologische Entwicklung des städtischen Gemeinwesens keinen direkten Zugriff mehr. Dort dominiert dann vielmehr die Eigenlogik des Sondervermögens.“

Joachim Bischoff verweist auf weitere Gefahren: bestimmte Servicefunktionen wie Kantinen, Reinigung etc. können ausgegliedert werden – was in der Regel zu Lohndrückerei führt. Damit könnten bisher gültige tarifvertragliche Standards ausgehebelt werden, mit Besitzstandwahrung für die übernommenen MitarbeiterInnen und Verschlechterungen bei Neueinstellungen. Hinzu kommt die besonders schwierige Situation der HausmeisterInnen, die (siehe Hamburg Süd) in ihrer Doppelfunktion als Beschäftigte des Sondervermögens und den Schulen für bestimmte pädagogisch-soziale Aufgaben zur Verfügung stehende Akteure besonders belastet werden.

Die Fraktionsvorsitzende Dora Heyenn, Mitglied des Schulausschusses, kritisiert weiter: „Eine wirklich demokratische Willensbildung unter Einbeziehung der Bürgerschaft, Beschäftigten, Eltern, SchülerInnen etc. bei der Gestaltung von Schule und schulischem Umfeld wird faktisch ausgehebelt. Es dominiert stattdessen der Kosten- und Renditedruck. Die Stadt gibt auf 30 Jahre ihre Einflussmöglichkeiten aus der Hand und legt sich langfristig auf unkalkulierbare Mietzahlungen fest, die die Gestaltungsspielräume weiter einengen.“

Die Regierung kennt bei der phantasievollen Ausgestaltung ihrer Haushaltspolitik offensichtlich keine Schranken mehr: Die Bildung von Sondervermögen wird zum System. Schon kündigt der Senat einen weiteren Schattenhaushalt an: „Unabhängig von den Einsparbeschlüssen wurde in der Senatsklausur vereinbart, ein Sondervermögen ‚Hochschulen‘ einzurichten, um die bauliche Entwicklung Hamburger Hochschulen entscheidend voranzutreiben. Ziel ist es, dem Hochschulbau in einer eigenen Einheit Entwicklungsperspektiven zu geben. So können z.B. die Universitätsgebäude in den kommenden 10 Jahren umfassend saniert bzw. neu errichtet werden.“ Die undemokratische Inthronisierung eines neuen Hochschulpräsidenten war nur der Auftakt für die Fortführung der Politik der Sondervermögen.

Konzeptionslos treibt der schwarz-grüne Senat so durch die Wirtschafts- und Finanzkrise. Ohne Rücksicht auf Verluste werden am normalen Haushalt vorbei finanzpolitische Operationen auf den Weg gebracht, die das städtische Vermögen der demokratischen Kontrolle entziehen und die Möglichkeiten der politischen Steuerung der Entwicklung der Stadt dramatisch einschränken. Mit großer Leichtfertigkeit werden so die Zukunftspotentiale der Stadt aufs Spiel gesetzt.

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