Hamburgs Positionen zur 988. Sitzung des Bundesrates

Bundesrat macht Weg frei für das „Corona-Paket“ – Zweite Sondersitzung in dieser Woche

An der Sitzung nehmen Hamburgs Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher sowie Staatsrätin Almut Möller teil.

Historisches Hilfspaket für Deutschland in Corona-Krise

Der Bundesrat beschäftigt sich am Freitag mit dem Hilfspaket gegen die Auswirkungen des Coronavirus, das von Bund und Ländern gemeinsam auf den Weg gebracht wird. Der Bund kann damit neue Kredite in Höhe von rund 156 Milliarden Euro aufnehmen. Sie werden zur Finanzierung des milliardenschweren Hilfspakets benötigt, das Maßnahmen zur Rettung von Arbeitsplätzen und Unternehmen, zur Unterstützung von Krankenhäusern sowie zur Sicherung von Lebensunterhalt und Wohnungen der Bürger vorsieht.

Ein Bestandteil des Pakets ist die Errichtung eines Schutzschildes für Beschäftigte und Unternehmen, mit dem unter anderem das Kurzarbeitergeld flexibilisiert und die Liquidität für Unternehmen verbessert werden soll. Hierzu sollen steuerliche Maßnahmen wie die Gewährung von Stundungen sowie neue Maßnahmen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und bei den Bürgschaften dienen. Die KfW wird diese Programme entsprechend ausstatten, indem sie die nötigen Garantien zur Verfügung stellt.

Finanzsenator Dr. Andreas Dressel: „Es geht jetzt darum, den vielen Betroffenen schnell und unbürokratisch zu helfen. Deshalb ist es gut, dass wir nun gemeinsam mit dem Bund dieses umfangreiche Hilfspaket mit zahlreichen Maßnahmen auf den Weg bringen. Parallel dazu arbeiten wir mit Hochdruck an unserem Hamburger Schutzschirm für Corona-geschädigte Unternehmen und Institutionen, der in den kommenden Tagen startet und den wir eng mit den Bundesmaßnahmen verzahnen werden. Damit haben wir erste wichtige Bausteine, um die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie abzufedern.“

Zur Gesundheitsversorgung werden darüber hinaus Mittel für Schutzausrüstung sowie zur Entwicklung eines Impfstoffs bereitgestellt. Durch Neuerungen im Infektionsschutzgesetz ruft der Bundestag darüber hinaus eine epidemische Lage von nationaler Bedeutung aus. Dadurch bekommt der Bund erweiterte Kompetenzen unter anderem um Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgung mit Arzneimitteln und Medizinprodukten zu treffen und die Gesundheitsversorgung aufrechtzuerhalten. Das Gesetz ist auf ein Jahr befristet und tritt zum 31. März 2021 automatisch außer Kraft. 

Zur Sicherstellung der stationären Versorgung ist zudem eine Erhöhung von Bettenkapazitäten für die Behandlung von an COVID-19 Erkrankten erforderlich, etwa durch Verschiebung oder Aussetzung planbarer Aufnahmen, Eingriffe oder Operationen. Dadurch sehen sich Krankenhäuser erheblichen Einnahmeausfällen ausgesetzt. Diese werden mit dem Krankenhausentlastungsgesetz mit Pauschalbeträgen aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds ausgeglichen.

Dazu Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks: „Die Krankenhäuser sollen durch leerstehende Betten keinen finanziellen Nachteil haben. Ich bin froh, dass wir einen Corona-Schutzschirm für Einrichtungen der medizinischen Versorgung spannen können, die in der Krise extrem gefordert sind.“

Auch ein erleichterter Zugang zu Arbeitslosengeld II und Mitteln aus der Grundsicherung ist Bestandteil des „Corona-Pakets“. Hiervon sollen vor allem Selbstständige und Kleinunternehmer bei finanziellen Einbußen profitieren können. Werden entsprechende Leistungen noch bis Ende Juni 2020 beantragt, wird vorerst die Vermögensprüfung ausgesetzt. Auch werden Kosten für Unterkunft und Heizung generell als angemessen betrachtet.

Dieselben Erleichterungen können auch ältere und erwerbsgeminderte Bürgerinnen und Bürger beanspruchen. Darüber hinaus erhalten Familien in krisenbedingter finanzieller Notlage erleichterten Zugang zum Kinderzuschlag. Außerdem sollen Anreize für die Aufnahme einer Tätigkeit neben der Rente oder in der Saisonarbeit gesetzt werden.

Sozialsenatorin Dr. Melanie Leonhard: „Zur Eindämmung des Corona-Virus und dem Schutz der Bevölkerung mussten sehr weitreichende Maßnahmen angeordnet werden. Die Schließung von Einzelhandel und Gastronomie, aber auch die Einstellung des Regelbetriebs an Schulen und Kitas stellt viele vor existenzielle Herausforderungen. Um insbesondere Selbstständige und Kleinunternehmer nicht allein zu lassen, die durch diese Schließungen in ihrer Existenz bedroht sind und kein Kurzarbeitergeld beziehen können, stellen wir schnell und unbürokratisch erleichterte Hilfen der sozialen Sicherung zur Verfügung. Mit dem Notfall-Kinderzuschlag schaffen wir für Familien eine weitere Möglichkeit, ihr krisenbedingt reduziertes Einkommen kurzfristig erst einmal aufzustocken.“

Auch im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht werden Änderungen beschlossen, die Teil des Hilfspakets sind, indem sie dem Schutz von Wohnraum- und Gewerbemietern sowie betroffenen Bürgerinnen und Bürgern in anderen Dauerschuldverhältnissen dienen. Hierzu gehören die Einschränkungen von Kündigungen von Miet- und Pachtverhältnissen, Regelungen zur Stundung- und Vertragsanpassung im Verbraucherdarlehensrecht sowie zu Leistungsverweigerungsrechten bei sonstigen Dauerschuldverhältnissen. Konkret betreffen die Regelungen beispielsweise Leistungen der Grundversorgung wie Strom, Gas oder Telekommunikation. Damit sollen etwa Mieter geschützt werden, die infolge der Corona-Pandemie ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr oder nicht rechtzeitig nachkommen können.

Hamburgs Justizsenator Dr. Till Steffen erklärt hierzu: „Hamburg begrüßt die dringenden Regelungen insbesondere zum Schutz der Mieterinnen und Mieter. Falls die Krise aber länger andauern sollte, muss geprüft werden, ob alleine ein Kündigungsschutz dem Problem gerecht wird. Schließlich müssen die Mieterinnen und Mieter trotz fehlender Einnahmen weiter ihre Miete vollständig bezahlen. Wichtig und richtig sind auch die Regelungen, wonach Unternehmen, die wegen der Pandemie unverschuldet Fristen nicht einhalten können, keine Schadensersatzpflicht erwächst. Hier muss aber geprüft werden, ob die Begrenzung auf Dauerschuldverhältnisse sowie Verbraucherinnen und Verbraucher und Kleinstunternehmen nicht zu kurz greift.“

Gesetzentwurf zur Grundrente

Auch der Gesetzentwurf zur Grundrente steht auf der Tagesordnung. Eine entsprechende Stellungnahme wird der Bundesrat abgeben. Die Grundrente wird für langjährig in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherte mit unterdurchschnittlichen Einkommen eingeführt. Der Entwurf enthält Freibeträge im WohngeldWohngeld ist ein Mietzuschuss, bei Eigentum ein Lastenzuschuss, in der Grundsicherung für Arbeitssuchende, in der Hilfe zum Lebensunterhalt, in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und in den fürsorglichen Leistungen der Sozialen Entschädigung. Die Grundrente ist als Rentenzuschlag konzipiert und soll von einer nachzuweisenden Bedürftigkeit unabhängig sein. Grundrente erhält, wer mindestens 33 Jahre „Grundrentenzeiten“ erworben hat. In seiner Stellungnahme äußert der Bundesrat unter anderem seine Sorge, dass die rechtzeitige Umsetzung der Grundrente zum 1. Januar 2021 wirklich gelingt.

Hamburg sieht Nachbesserungsbedarf beim Gesetzentwurf zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität

Der Bundesrat beschließt ebenfalls seine Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität. Darin werden neben der Einführung einer Meldepflicht der Anbieter sozialer Netzwerke auch zahlreiche Strafvorschriften, insbesondere zur Bedrohung und Ankündigung von Straftaten, erweitert und verschärft.

Hamburgs Justizsenator Dr. Till Steffen erklärt hierzu: „Hamburg setzt sich schon seit langem für die verstärkte Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet ein. Der Gesetzentwurf geht in die richtige Richtung. Insbesondere bei den Strafvorschriften schießt er aber über das Ziel hinaus. Wir wollen gezielt Hasskriminalität im Netz bekämpfen und nicht Bagatellen auf dem Schulhof kriminalisieren. Wir haben hier konkrete Änderungsvorschläge eingebracht. Wir erwarten dass diese von der Bundesregierung berücksichtigt werden. Dieses wichtige Vorhaben darf nicht im Schatten der Corona-Krise in der Beratung und öffentlichen Diskussion zu kurz kommen.“

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