Bund gefährdet Bau der S 4 bis 2018

Verbindungen im 10-Minuten-Takt bis in direkt die City, mehr Kapazitäten für den Fern- und Güterverkehr, weniger Verspätungen und Zugausfälle und nicht zuletzt die Beseitigung des Nadelöhrs Hauptbahnhof – es gibt viele gute Gründe für das Projekt S 4, den Bau einer S-Bahn auf eigenen Gleisen nach Rahlstedt und Ahrensburg und darüber hinaus. Jetzt ist es gefährdet.

Die S-Bahn Hamburg GmbH will die S 4 bis 2018 realisiert sehen. Doch macht nun, nachdem der Hamburger Senat das Projekt S 4 lange vernachlässigt hat, der Bund den ehrgeizigen Plänen einen Strich durch die Rechnung? Das befürchten die beiden SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Martina Koeppen und Ole Thorben Buschhüter.

Während in Hamburg und Schleswig-Holstein langsam die planerischen Grundlagen dafür geschaffen werden sollen, den Bau der S 4 nach Ahrensburg und Bad Oldesloe in Angriff nehmen zu können, stellt Bundesverkehrsminister Ramsauer das Projekt S 4 in Frage: In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der SPD-Bundestagsfraktion schrieb die Bundesregierung Anfang Juli: „Die bis 2025 erwartete Verkehrsentwicklung auf der Strecke Lübeck – Bad Oldesloe – Ahrensburg – Hamburg erfordert keinen vordringlichen Ausbau der Strecke. Dies war das Ergebnis der im Auftrag des BMVBS durchgeführten Studie zum Verkehrsknoten Hamburg, in der die im Rahmen des Bedarfsplans zu finanzierenden Ausbaumaßnahmen im Knoten Hamburg ermittelt und bewertet werden.“

Martina Koeppen, verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion, hat dafür überhaupt kein Verständnis: „Der Bund nimmt die Verkehrsknoten-Studie zum Vorwand, sich um seine Verantwortung für einen leistungsgerechten Schienenverkehr auf der Strecke Lübeck – Hamburg zu drücken. Experten sind sich einig, dass ein Ausbau der Strecke erfolgt sein muss, wenn 2018 die feste Fehmarnbelt-Querung eröffnet wird. Aber offenbar sind dem bayrischen Bundesverkehrsminister Projekte im Süden der Republik wichtiger.“

Für den SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Ole Thorben Buschhüter kommt die Untersuchung ohnehin zu einem ganz anderen Ergebnis: „Zum gegriffenen Prognosehorizont 2025 hat das Gutachten den gesamtwirtschaftlichen Nutzen verschiedener Ausbaumaßnahmen untersucht. Das heißt nicht, dass man bis 2025 zuwarten kann, bevor Ausbaumaßnahmen ergriffen werden.“ Über das Projekt S 4 schreibt die Untersuchung sogar, dass bei einem angenommenen Kosten-Nutzen-Verhältnis von 1,0 ein Investitionsvolumen in Höhe von etwa 550 Millionen Euro möglich wäre. Bislang werden die Investitionskosten für die Strecke aber nur auf 250 Millionen Euro geschätzt. „Dem Projekt S 4 steht die Wirtschaftlichkeit damit bereits heute auf der Stirn geschrieben. Das muss auch der Bund anerkennen“, meint Buschhüter.

Nun rächt sich, dass der Hamburger Senat das Projekt S 4 jahrelang und vor allem in wirtschaftlich besseren Zeiten vernachlässigt hat. Bereits 2002 hatte die S-Bahn Hamburg GmbH eine Machbarkeitsstudie vorgelegt, die zu einem positiven Ergebnis kam. Doch passiert ist lange überhaupt nichts, trotz mehrerer einstimmiger Beschlüsse der Bürgerschaft. Erst nachdem Schleswig-Holstein Anfang 2008 sein so genanntes Drei-Achsen-Konzept vorgelegt hatte, geriet Hamburg in Zugzwang. Eine Betriebssimulation legte in diesem Jahr dar, dass das vorhandene S-Bahn-Netz eine weitere Linie verträgt, wenn man nur hier und da etwas umbaut. Nun soll als nächstes eine so genannte Vorplanung in Auftrag gegeben werden, die konkreter über die genauen Kosten Aufschluss geben soll. „Insgesamt hat man aber den Eindruck, dass die Stadtentwicklungsbehörde das Projekt S 4 nicht mit der gleichen Begeisterung wie für die Stadtbahn vorantreibt. Kein Wunder, wenn dann der Bund bei dem Projekt den Rotstift ansetzen will“, sagt Buschhüter.

Der Ausbau der Strecke Lübeck – Hamburg ist Bestandteil des vordringlichen Bedarfs des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) 2003, der jedoch aktuell überarbeitet wird. „Offenbar ist das Gerangel darum, welche Projekte zukünftig im vordringlichen Bedarf sein werden und welche nicht, bereits voll im Gange“, sagt Koeppen. In seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage von Koeppen und Buschhüter sagt der Senat nur, er kenne die neue Position des Bundes und habe Gespräche mit Schleswig-Holstein und dem Bund aufgenommen. Koeppen und Buschhüter reicht das nicht: „Hamburg und Schleswig-Holstein müssen sich entschlossen gegen die Bestrebungen des Bundes stellen, den weiteren Ausbau der Strecke Lübeck – Hamburg aus dem vordringlichen Bedarf zu streichen. Für das Projekt S 4 muss schnellstens eine Lösung gefunden werden.“

Während die Elektrifizierung der Strecke erfolgt ist, wurde der im BVWP 2003 vorgesehene Bau eines dritten Gleises zwischen Wandsbek und Ahrensburg noch nicht realisiert. Allerdings ist das dritte Gleis nicht gleichzusetzen mit dem Projekt S 4: Entweder die Fernbahnstrecke erhält lediglich ein drittes Gleis zwischen Wandsbek und Ahrensburg oder es erfolgt der Bau der S-Bahn-Strecke mit eigenen Gleisen von Hasselbrook wenigstens bis Ahrensburg. Eine Entlastungswirkung für den Hauptbahnhof würde aber nur im Falle des Projekts S 4 eintreten, weil nur in diesem Falle Züge vom Fernbahn- auf den S-Bahn-Teil des Hauptbahnhofsverlagert werden könnten. Hamburg und Schleswig-Holstein wollen nicht zuletzt deshalb das Projekt S 4, sehen aber auch in diesem Fall den Bund in der Pflicht. „Der Bund muss sich an den Baukosten der S 4 wenigstens in dem Umfang beteiligen, wie er anderenfalls Geld bereit wäre in den Bau des dritten Gleises zu investieren“, sagt Buschhüter. Zu einem noch drastischeren Ergebnis kommt das zitierte Gutachten: 60 Prozent des gesamtwirtschaftlichen Nutzens des Projekts S 4 würden auf den Schienengüterverkehr und den Schienenpersonenfernverkehr entfallen und nur 40 Prozent auf den Schienenpersonennahverkehr. Demnach müssten 60 Prozent der Kosten für das Projekt S 4 vom Bund finanziert werden und nur 40 Prozent von den beiden Ländern.

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