Aydan Özoguz schreibt Parteigeschichte

Erstmals will die SPD eine Vize-Parteichefin mit türkischen Wurzeln wählen: Aydan Özoguz aus Hamburg. Der Bundesparteitag beginnt am Sonntag in Berlin.

Die Bundespartei stellte die Kandidatin in einem ausführlichen Portrait auf ihrer Homepage vor:

„Unter Ronald Schill wurde Aydan Özoguz als Abgeordnete in Hamburg rassistisch beschimpft. Sie will weg von Klischees. „Wir müssen weg von Begriffen wie Integration oder Multikulti, von denen kaum jemand weiß, was sie jeweils bedeuten sollen“, fordert sie.

Aydan Özoguz hat harte Lehrjahre in der Politik hinter sich. „Es war eine bedrückende Zeit“, sagt die künftige SPD-Vizevorsitzende über ihre Anfangszeit als Abgeordnete in der Hamburger Bürgerschaft. Grund war der Rechtspopulist Ronald Schill. Dieser war von 2001 bis 2003 Innensenator. In Ausschüssen sei oft versucht worden, Leute einzuschüchtern. „Ich habe zudem regelmäßig rassistische Briefe in mein Postfach bekommen“, erzählt die Tochter türkischer Kaufleute. „Das war eine Zeit, in der man das Gefühl bekam, jetzt wird das salonfähig. Immerhin hatte ein Fünftel der Hamburger diesen Schill gewählt“, betont die Hamburgerin.

Özoguz soll beim SPD-Bundesparteitag an diesem Montag zur ersten stellvertretenden Parteivorsitzenden mit türkischen Wurzeln in der rund 150-jährigen Geschichte der deutschen Sozialdemokratie gewählt werden. Die 44-Jährige, die mit dem Hamburger Innensenator Michael Neumann (SPD) verheiratet ist, sitzt erst seit 2009 im Bundestag.

Für die Fraktion arbeitet sie an integrationspolitischen Themen. Mit Blick auf die migrantenkritischen Aussagen des SPD-Politikers Thilo Sarrazin zeigt sie sich besorgt. „Da ist eine große Zahl an Büchern, die in eine ähnliche Richtung geht, nur nicht ganz so viel Aufmerksamkeit bekommt“, sagt sie. „Ich glaube, dass sich unbemerkt und unbewusst durchaus in Teilen der Gesellschaft Gedanken in eine Richtung bewegen, die andere Religionen und Kulturkreise diskriminieren oder auch ausgrenzen.“

Özoguz ist noch nicht lange im Berliner Politikbetrieb – nun ist sie kurz davor, stellvertretende SPD-Vorsitzende zu werden. Der Parteivorstand soll – so die eigene Zielsetzung – künftig 15 Prozent Mitglieder mit ausländischen Wurzeln haben. „Ich finde, dass die Quote nicht ein Allheilmittel sein sollte“, sagt Özoguz. Dennoch könnte ihre Wahl ein Signal sein, um Migranten in der Politik sichtbarer werden zu lassen. „Manchmal ist es wichtig, ein paar Türen aufzustoßen“, sagt sie.

Die frühere Mitarbeiterin der Körber-Stiftung plädiert dafür, konkret Probleme zu lösen, statt sich in allgemeinen Debatten und Klischees zu verlieren. So habe sich die wegen Gewaltdrohungen gegen Lehrer bekanntgewordene Rütli-Schule in Berlin-Neukölln, wo rund 90 Prozent der Schüler Migranten sind, hervorragend entwickelt. „Wir müssen weg von Begriffen wie Integration oder Multikulti, von denen kaum jemand weiß, was sie jeweils bedeuten sollen“, sagt sie. „Die größten Probleme gibt es, wo Menschen keine Ausbildung haben und nicht fit für den Arbeitsmarkt gemacht werden können.“ „

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