Zu teuer, zu klein, energetisch daneben – aber schick

„Der Senat ist in der Pflicht, die Anmerkungen des Rechnungshofs aufzunehmen, und hätte seinen Bauentwurf überarbeiten müssen“, so die Hochschul-Expertin der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Dr. Dorothee Stapelfeldt zum Beschluss im gestrigen Haushaltsausschuss. Selbst aus der CDU sei Überraschung laut geworden, dass der Senat mit einer unveränderten Drucksache in die Beratungen gegangen ist, also offensichtlich nicht im Geringsten daran denkt auf die Kritik des Rechnungshofes einzugehen. Dies sei ein Affront sowohl gegenüber dem Rechnungshof als auch gegenüber dem Parlament.

Bei den Anmerkungen des Rechnungshofes geht es nicht nur um den Standort, mindestens ebenso bedeutsam ist die Kritik an dem Bauentwurf, der nach Ansicht des Rechnungshofes die ökologischen Kriterien nicht erfüllt sowie viel zu teuer ist, weil er zu hohe Glasflächen- und Verkehrsflächenanteile vorsieht. Mit Ach und Krach sei in dem Bauentwurf die Vorgabe erreicht wurden, den Primärenergiebedarf unter 100 kWh/m² pro Jahr zu halten (genau 99,2 kWh/m²). Nach Aussage des Rechnungshofs aber nicht deshalb, weil das Gebäude an sich energieeffizient wäre, sondern ausschließlich weil die Energieversorgung mit Fernwärme erfolgt. „Diesen Vorwurf konnten weder der Senat noch die Regierungsfraktionen entkräften“, so Stapelfeldt.

„Die HafenCity-Universität (HCU) braucht ein eigenes und Identität stiftendes Gebäude, wenn sie sich entwickeln soll. Darüber kann es gar keine zwei Meinungen geben. Allerdings muss sie auch Entwicklungsperspektiven erhalten. Sie muss mittelfristig über ausreichend Flächen für Lehrende und Studierende verfügen und langfristige Wachstumsperspektiven haben“, so die Hochschul-Expertin.

Auch in dieser Hinsicht seien die Planungen für den HCU-Neubau fatal: „Das geplante Gebäude ist nicht nur viel zu teuer und nicht energieeffizient, es ist auch zu klein“, so die SPD-Abgeordnete weiter. Bisher habe die HCU mehr als 1.800 Studierende. Deren Zahl solle auf 1.500 verringert werden, die man dann gerade eben in dem geplanten neuen Gebäude unterbringen kann. Sowohl Studierendenzahl als auch personelles Niveau würden damit für immer zementiert. Und das vor dem Hintergrund, dass bereits im Jahre 2005 Sachverständige in einer Anhörung des Wissenschaftsausschusses deutlich gemacht haben, dass die Hochschule mit lediglich 1.500 Studierenden eigentlich viel zu klein angelegt sei, wenn sie das von ihr erwartete internationale Renommee jemals erreichen wolle.

Auch Peter Tschentscher, Haushalts-Experte der SPD-Fraktion, kritisiert die Aussage des Senats, man wolle es politisch und dann könne es kosten, was es will. Es müsse dringend das Prinzip der Wirtschaftlichkeit eingehalten werden. Das gebiete alleine schon die Landeshaushaltsordnung, zu deren Einhaltung der Senat verpflichtet ist. Tschentscher: „Es ist schon beachtlich, dass der Rechnungshof auch in der gestrigen Sitzung des Haushaltsausschusses in vollem Umfang bei seiner Kritik geblieben ist. Ich erwarte vom Senat und auch von CDU und GAL, dass sie die Kritik des Rechnungshofes ernst nehmen und dem Verfassungsorgan Rechnungshof Respekt entgegen bringen. Die sachlich fundierte Kritik des Rechnungshofes als „Polemik“ abzutun, wie es die Wissenschaftssenatorin getan hat und zu erklären, man habe kein Vertrauen mehr in den Rechnungshof, wie es der Fraktionsvorsitzende der GAL tat, ist in keinster Weise akzeptabel.“

„Die GAL erwartet hoffentlich nicht, dass man sie ernst nimmt mit ihrer Argumentation, je mehr man für die Wissenschaft ausgebe, desto besser für die Wissenschaft“, so der Abgeordnete weiter. Angesichts milliardenschwerer Verlagerungsdiskussionen zur Universität und anderer Großprojekte könne einem sonst Angst und Bange werden.

Von Konsequenzen aus dem womöglich rechtswidrigen Verhalten des Senats und der Koalitionsfraktionen war nach der heutigen Sitzung des SPD-Fraktionsvorstands noch nicht die Rede: Die Fraktion hätte vermutlich die Möglichkeit, das Verfassungsgericht anzurufen, um den Umgang mit Landeshaushaltsordnung und Rechnungshof überprüfen zu lassen.

Ähnliche Forderungen erhebt die LINKE, die das Vorgehen von Senat und Schwarzgrün scharf kritisiert.

Deren wissenschaftspolitische Sprecherin Dora Heyenn kritisierte das euphorische Bekenntnis der GAL-Fraktion zu den Millionenausgaben für die HCU: „Um den Stellenwert der Wissenschaft in Hamburg zu verbessern muss in Forschung und Lehre und nicht nur in Beton investiert werden. Millionen für ein zu kleines und nicht erweiterbares Luxusgebäude auszugeben und gleichzeitig den Studierenden Studiengebühren abzuknöpfen zeigt nur, dass die GAL die Fixierung auf teure Leuchtturmprojekte inzwischen verinnerlicht hat.“

Haushalts- und Finanzexperte Dr. Joachim Bischoff sieht sich durch den Verlauf der gestrigen Sitzung in seiner Einschätzung bestätigt: „Es liegt ein klarer Verstoß gegen die Landeshaushaltsordnung vor. Senat und Koalitionsparteien haben die Rolle und Funktion des Rechnungshofes negiert und somit die bisherige Grundlage für die Kontrolle der öffentlichen Finanzen außer Kraft gesetzt. Angesichts dieses schwerwiegenden Verstoßes gegen Recht und Gesetz in der Freien und Hansestadt Hamburg muss geprüft werden, ob der Konflikt dem Hamburger Verfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt werden muss.“

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