Kennen Sie die Szene in „Casablanca“, in der Polizeichef Louis Renault Rick’s Café schließt und angibt, er sei bestürzt und entsetzt, weil dort illegales Glücksspiel stattfinde? So ähnlich reagiert Senator Wersich in der Frage der Mietabzockerei, wenn er jetzt – nach monatelangem Nichtstun – ein „hartes Vorgehen“ ankündigt.
SPD-Sozialexperte Dirk Kienscherf hat die Ankündigung von Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU), härter gegen so genannte Miet-Abzocker vorgehen zu wollen, als „wenig glaubwürdig“ bezeichnet. „Senator Wersich tritt jetzt die Flucht nach vorn an – nachdem er die Miet-Abzockerei seines Parteifreundes Kuhlmann fast ein Jahr lang hingenommen hat. Das gibt seinen wortgewaltigen Ankündigungen einen schalen Beigeschmack“, sagte Kienscherf.
Wersich habe zu verantworten, dass möglicherweise Millionen an Steuergeldern unberechtigt ausgegeben wurden. Daran ändere das Einlenken Kuhlmanns gegenüber der Sozialbehörde nichts. Dass die Behörde dieses Einlenken ihres Ex-Deputierten und Miet-Abzockers jetzt sogar offiziell lobt und ihn als Vorbild hinstellt, setze dem ganzen die Krone auf, sagte Kienscherf.
Der SPD-Sozialexperte kritisierte die Behauptung Wersichs, er könne erst nach einer von der Bundesregierung angekündigten Verordnungsermächtigung zur lokalen Regelung der „Kosten der Unterkunft“ gegen Miet-Abzocke vorgehen. „Wersich weiß genau, dass er schon heute im Falle von Mietwucher und falschen Mietvertragsangaben etwas gegen Vermieter in der Hand hat. Offensichtlich aus Rücksicht auf seinen CDU-Sozialdeputierten Kuhlmann hat er seine Möglichkeiten aber nicht genutzt. Es ist ein Skandal, dass Wersich ein knappes Jahr lang unhaltbare Zustände hinnimmt und sich jetzt als Robin Hood der Ausgebeuteten darstellt, dem bislang die Hände gebunden waren.“
Mit der Pressemitteilung zu den Ergebnissen der schwarz-grünen Haushaltsklausur habe der Senat darüber hinaus bestätigt, dass das durch Miet-Abzocke Millionen von Steuergeldern verschwendet wurden. Der Senat hatte von einem Einsparvolumen von rund 4,2 Millionen Euro im Jahr 2011 sowie 8,9 Millionen Euro im Jahr 2012 gesprochen. „Senator Wersichs Kurskorrektur scheint finanzpolitisch begründet zu sein, nicht sozialpolitisch“, sagte Kienscherf.
Ein Wort noch zum Casablanca-Vergleich im Vorspann: Im Film kommt gleich nach Renaults Heuchelei der Oberkellner mit einem Bündel Geld und steckt es dem Polizeichef zu – sein Anteil am illegalen Glücksspiel, wie jeden Abend. Diesen Fortgang der Szene haben wir ausdrücklich NICHT mit dem Sozialsenator in Verbindung gebracht – wie kämen wir dazu!