Wohnungsmarkt aus der Balance

„Der Hamburger Wohnungsmarkt ist aus der Balance geraten“, sagt auch der GAL-Stadtentwicklungsexperte Claudius Lieven zum heute vorgestellten aktuellen Mietenspiegel.

Nach Ansicht der GAL sind die deutliche Steigerung des allgemeinen Mietniveaus und die starke Verteuerung der Altbaumieten vor allem auf Defizite in der Wohnungspolitik des Senates zurückzuführen. Die Neubaurate liegt seit Jahren unter dem allgemein für notwendig erachteten Niveau. Dies gilt besonders für den Neubau von Mietwohnungen, ein Resultat der einseitigen Orientierung des Senates auf die Förderung des Wohneigentums.

Die GAL fordert deshalb vom Senat eine verstärkte Förderung des Neubaus von preiswerten Mietwohnungen und eine aktive Politik zum Schutz der Mieterinnen und Mieter vor Verdrängung. „Sonst wird der Wohnungsmarkt zum Ausweis der sozialen Spaltung der Stadt“, sagt Lieven.

Die GAL begrüßt, dass der Senat nun auch die Forderung der GAL nach Einführung eines ökologischen Mietenspiegels aufgreift, nachdem die CDU diese Forderung noch im Juni in der Bürgerschaft abgelehnt hatte. Lieven mahnt außerdem eine Anpassung der Mietobergrenzen für Hartz-IV-Haushalte an, diese waren im Sommer nach jahrelanger Verzögerung an den Mietenspiegel von 2005 angepasst worden.

Die Wohnungsmieten stiegen in den letzten zwei Jahren mit 2,2 Prozent jährlich doppelt so schnell wie in der Periode 2003-2005. Damit lag die Steigerung der Nettokaltmiete spürbar über der allgemeinen Teuerungsrate. Gleichzeitig sind die Energiekosten stark angestiegen, so dass die meisten Mieterinnen und Mieter real erheblich stärkere Steigerungen verkraften mussten. Zum anderen sind die Mieten in den Altbaubeständen besonders stark angestiegen. Bereits in der letzten Mietenspiegelperiode hatten sich die Preise für modernisierten Wohnraum aus den Baualtersklassen vor 1918 um 11-16 Prozent erhöht. Dieser Trend hat nun auch die weniger gut ausgestatteten Altbauten und die Bauten aus der Phase von 1918 bis 1948 erfasst, wo die Mieten um 11 bzw. 26 Prozent zugenommen haben (Mietenspiegel Spalten B und E). Wenn nicht schleunigst gegengesteuert wird, hätte dies die Verdrängung von Familien und einkommensschwachen Haushalten aus den Altbauvierteln zur Folge. “Wir wollen keine Innenstadt, in der nun noch Singles wohnen“, sagt Lieven.

4 Gedanken zu „Wohnungsmarkt aus der Balance“

  1. Einerseits möchte man günstigen Wohnraum, andererseits sollen die alten einfachen Altbauwohnungen den heutigen Standards, hinsichtlich Wärmedämmung und Ausstattung, angepasst werden. Wenn dann auch bald wegen schlechter Wärmedämmung bei günstigen Altbauten auch noch die Miete gekürzt werden kann, soll man sich nicht wundern wenn modernisiert wird. Jeder Mieter sollte sich dann aber auch gut überlegen ob er jeden Monat für eine nicht so gute Wärmedämmung 20 Euro mehr bezahlt, oder gleich 100 – 200 Euro für eine teurere gut gedämmte Wohnung bezahlen möchte. Der Mieter muss es eh bezahlen, kein Vermieter kann den Mietern etwas schenken nicht mal die städtischen Wohnungsunternehmen.
    Wie noch alles bezahlt wurde, wolle kaum noch ein Sozialhilfeempfänger in einer „einfach“ Wohnung. Leerstände haben dann dazu geführt das viel modernisiert wurde. Heute wird um den „billigen“ Wohnraum von damals getrauert.

  2. So einfach geht es wohl nicht, Thomas: Qualität und Preis muss nicht diesen Zusammenhang haben. Mit den noch aus rot-grünen Zeiten stammenden Zuschüssen bei einer Energie-Sanierung und den entsprechenden KfW-Krediten zu 2,5 % macht doch in Wahrheit jeder Vermieter ein kräftgiges Schnäppchen, wenn er saniert und die Kosten umlegen kann. Ob er umlegen kann, entscheidet der Marktpreis – und den treibt die derzeitige Wohnungsbaupolitik in die Höhe. Für Mieter ist dieser Senat wirklich ein ärgerlicher Kostentreiber!

  3. Charlotte, alles selbst erlebt!
    Altbau saniert, danach 1Euro/Quadratmeter die Miete hoch, und dann alle 3 Jahre nochmal 50 Cent, über 10 Jahre. Das muss man erst mal vorher mehr verheizt haben, einsparen beim heizen kann man es jedenfalls nicht!
    Kreditzinsen ist nur ein kleiner Teil, die Rückzahlung muss auch gerechnet werden!
    Im Durchschnitt werden bei einer Wärmedämmsanierung zwischen 15000 bis 30000 Euro pro Wohnung investiert. Will das ein Eigentümer in 10 Jahren bezahlt haben sind meine Summen schon realistisch.
    Ob genügend Wohnungen gebaut werden entscheidet auch die Refinanzierung.
    Auch zu rot-grünen Zeiten haben Baugenossenschaften es abgelehnt zu bauen, weil die Bedingungen nicht akzeptabel waren. Bei 40% günstige öffentliche Gelder im gleichen Atemzug aber 60% Belegung zu verlangen, schreckt dann doch ab.
    Der größte Kostentreiber sind augenblicklich die Energiekosten! – ach wer ist damit angefangen HEW und HeinGas zu verscherbeln?

  4. Lieber Thomas, ich glaube, Du bringst da ziemlich viel durcheinander. Gelder zur Sanierung von Mehrfamilienhäusern gibt’s schon lange ohne Belegungsbindung, und das KfW-Geld zu supergünstigen Zinsen gibt es mit einer Rückzahlungsdauer von bis zu 30 Jahren. Mithin gibt es wirklich keinen Grund, im Sauseschritt die Miete raufzusetzen. Außer eben, der Markt gibt solche Mieten her. Dann macht der Vermieter ein ordentliches Plus bei der Geschichte, und dann sind wir wieder beim viel zu geringen Bauvolumen, das den Wohnungsmarkt verknappt und solche Auswüchse ermöglicht.

    Und was nun wiederum die Energiekosten angeht: Es ist ja eigentlich sehr vernünftig, dass Energie teuer ist – sonst würde ja niemand welche einsparen. Trotzdem mag es sein, dass der Verkauf der einst öffentlichen Versorgeungsunternehmen zu Preissteigerungen beigetragen hat, aber für sicher halte ich das nicht. Wechsel doch einfach die Anbieter – da gibt es eine Reihe von günstigeren als Vattenfall und Eon-Hanse.

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