Werbeverbot an Schulen nicht aufweichen!

Wir hatten satirisch schon einmal Trikot-Werbung für LehrerInnen gefordert, jetzt geht der Senat offenbar wirklich in diese Richtung: Zumindest soll wohl das bisher geltende Werbeverbot an Schulen aufgehoben werden. Protest kommt von GEW und SPD.

Sigrid Strauß, stellvertretende Vorsitzende der GEW Hamburg, kommentiert den Plan der Bildungsbehörde, ab Oktober direkte Produktwerbung auf dem Schulgelände zu erlauben (NDR 90,3 berichtete heute):

„Es ist ein unverzeihlicher Tabubruch, wenn sich der Senat dem massiven Druck der Wirtschaft beugt und das Werbeverbot an Schulen fallen lässt. Schulen sind keine Werbeflächen für profitorientierte Wirtschaft und sollen es auch zukünftig nicht sein. Die Wahrheit ist schlicht die: Die Wirtschaft will an das Geld der Kinder und Jugendlichen. Seit Jahren drängen Unternehmen unter dem Deckmäntelchen des pädagogisch motivierten Sponsoring an die Schulen. Dabei geht es ihnen nicht um Pädagogik, sondern darum, effektiver an die kaufkräftigen minderjährigen Kunden heranzukommen und einen extrem zukunftsträchtigen Markt zu erobern.“

Agenturen, die auf Werbung und Sponsoring an Schulen spezialisiert sind, gehen davon aus, dass allein das Taschengeld aller Schülerinnen in Deutschland im Jahr rund neun Milliarden Euro umfasst. Dazu kommen potenzielle 60 Milliarden Euro von Kindern und Jugendlichen beeinflusste elterliche Käufe.

Auf das Argument der Behörde, jede Schule könne ja selbst entscheiden, ob sie Produktwerbung zulassen wolle oder nicht, erwidert Sigrid Strauß: „Nicht die Wirtschaft, sondern der Staat ist verantwortlich für die ausreichende Ausstattung an Schulen. Jede Schule will gute Bildung bieten, aber immer öfter reichen die Mittel dafür nicht. Da ist es reichlich unverschämt, wenn die Behörde die Entscheidung über Produktwerbung den
einzelnen Schulen zuschiebt und sich aus der Verantwortung stiehlt!“

Die GEW fordert den Senat auf, das Werbeverbot an Schulen aufrecht zu erhalten.

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat die Überlegungen der Schulbehörde zur Öffnung von Schulen für Produktwerbung als „abenteuerlich“ bezeichnet und die Schulsenatorin aufgefordert, die Planungen einzustellen. „Wir erleben einen Schritt zur Privatisierung der Hamburger Bildung. Wir wollen keine Coca-Cola-Schulen. Und wir sind sicher: Insbesondere die Eltern wollen das auch nicht“, sagte SPD-Schulexperte Wilfried Buss am Mittwoch.

Er befürchte, dass die Hersteller von bei Kindern und Jugendlichen beliebten Produkten einen massiven Werbekampf in den Hamburger Schulen starteten, sagte Buss weiter. Es sei zu befürchten, dass alle bereits bestehenden Probleme der Stigmatisierung durch „Marken-Fetischismus“ in den Schulen verstärkt werden. „Kinder, deren Eltern sich die entsprechenden Produkte nicht leisten können, werden sich schämen, sie werden stigmatisiert. Das gleiche gilt für ganze Schulen. Denn natürlich werden sich Coca-Cola, Nike und Reebok nur in den Schulen breit machen, in denen sie auf eher kaufkräftige Eltern hoffen.“

Der soziale Frieden an den Schulen nehme bei einer Umsetzung der Überlegungen Schaden. „Dieser Schaden ist nicht mit dem Geld zu beheben, den die Schulen durch Produktwerbung einnehmen“, sagte Buss.

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