Was tun wir gegen Rechts?

:: Eine Gefahr für unsere Demokratie ::
Von Susanne Buhl, stellv. Landesvorsitzende Jusos Hamburg

NAZISRAUS.jpgDie Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern sind vorbei und nach einem kurzen Aufschrei in den Medien ist wieder „Normalität“ in die Republik eingekehrt. Aber zeigen diese Wahlergebnisse nicht eine politische Situation auf, die als kritisch zu bezeichnen ist?

Die Rechtsextremen, in Form von NPD und mit anderen rechten Bruderschaften im Gepäck, haben in manchen Landkreisen Mecklenburg-Vorpommerns zweistellige Ergebnisse erreicht und sind nun mit sechs Mandaten im Parlament vertreten. In Sachsen sitzt die NPD schon mit neun Abgeordneten (ehemals 12) im Landtag und es ist zu befürchten, dass die Wahlerfolge der NPD fortgeführt werden.

Die Rechtsextremen erhalten Wahlkampfhilfen vom Staat, obwohl diese ganz offensichtlich gegen Freiheits- und Menschenrechte des Grundgesetztes verstoßen. Die Anschauungen und Ziele, die diese Gruppierungen verfolgen sind nach dem demokratischen Verständnis der Bundesrepublik verabscheuungswürdig, weil sie ausgrenzen und zwar nicht nur verbal sondern auch tätlich. Das Grauen, das jeden demokratisch und freiheitlich denkenden Menschen überfallen sollte, wird noch verstärkt durch die Tatsache, dass die Ausübung von politischen Mandaten die Organisationsfähigkeit der Rechten massiv unterstützt, verfestigt und vergrößert.

Diese „braune“ Brut ist genauso zersetzend für eine Demokratie, in der die Werte Solidarität, Gleichheit, Freiheit und Gerechtigkeit eine tatsächliche Bedeutung haben, wie Terroristen, die sich mit Selbstmordanschlägen Gehör verschaffen und Hasspredigern. So kommt die Bedrohung der Sicherheit in unserem Land nicht nur von außen, sondern sitzt ohne Migrationshintergrund mitten unter uns.

Die Aufklärung und politische Bildungsarbeit über demokratische Richtlinien durch Parteien und andere Organisationen scheint der rechtsextremen Propaganda bis jetzt nichts anzuhaben. Jegliche Anti-Rechts-Demos und Broschüren oder Aufrufe etc. erreichen, so zeigen es uns die Wahlergebnisse, sehr viele Menschen nicht.

Hinter den hohen Zustimmungsraten für extrem ausgrenzende Gruppierungen stehen zumeist eine Antriebskraft aus Hoffnungslosigkeit und ein starkes Sicherheitsbedürfnis von Menschen.

Der Staat, so scheint es, kann diese „schiefen“ Lebenslagen nicht mit genügend Unterstützung versehen, da die Mittel im Bereich der Sozialpolitik und dort besonders in der Jugendarbeit ganz im Gegensatz zum tatsächlichen Bedarf gekürzt werden. Die wichtigste Aufgabe des Staates, eine lebenswerte Grundlage für alle Menschen in diesem Land zu schaffen, wird so schlecht erfüllt und zeigt sich in den Wahlergebnissen.

In „kahlen“, besonders ostdeutschen Landschaften schufen die Rechtsextremen Hoffnungen durch Freizeitangebote, praktische Lebenshilfe und einfache glücksverheißende Propaganda. Sie handelten lokal und fuhren die Ernte durch den Wahlerfolg jetzt ein. Die herrschende Politik hatte dem nicht viel entgegenzusetzen und hat, was viel schlimmer ist, zugeschaut. Wir haben alle zugeschaut und schauen immer noch zu. Die Realität jetzt und heute erzwingt den Blick in die Vergangenheit; unsere Vergangenheit. Hitler und seine braunen Gefolgsleute wurden zunächst für Witzfiguren und Eintagsfliegen gehalten.

Aber aus dem braunen Schauspiel ist sehr schnell Realität geworden, mit grausamen Folgen nicht nur für uns und Millionen Menschen, sondern mit Auswirkungen für die ganze Welt.

Gewalt und Terror müssen bezwungen werden, egal ob religiös, ethnisch oder politisch motiviert und zwar in den Anfängen.

Hier soll auch noch mal in Erinnerung gerufen werden, was damals in Österreich mit dem „braunen Salonlöwen“ Haider passiert ist. Die Europäische Union hatte damals mit überwältigender Mehrheit ihn und seine Gefolgsleute als eine solche Gefahr empfunden, dass sogleich drei Weisen geschickt wurden, um vor Ort die politische Lage zu untersuchen.

Das wurde als übertrieben empfunden, aber Tatsache ist, die EU hat gehandelt, obwohl das Gemeinschaftsrecht es nicht explizit gefordert hat.

Aber was ist seitdem passiert? Rechtsextreme gibt es überall in Europa und zwar mit zunehmender Tendenz; ganz besonders in den ehemaligen Warschauer Pakt-Staaten finden sie Halt.

In Deutschland werden Wahlen demokratisch durchgeführt und bieten kaum Anlass angezweifelt zu werden. Die europäische Ebene ist im gemeinschaftsrechtlichen Sinne nicht verpflichtet hohe Wahlergebnisse rechts- (oder auch links-) extremer Parteien zu rügen oder zu verurteilen. Das sieht im Bereich des Stabilitäts- und Wachstumspakts ganz anders aus, in dem das Instrument des „Blauen Briefes“ als Sanktion genutzt wird. Doch herrscht hier nicht eine große Lücke im europäischen Vertragswerk? Auch wenn das Thema der politischen Verhältnisse in den einzelnen europäischen Ländern ein sensibles ist, so sollte, wie auch in Österreich in Ansätzen, die Europäische Union hier eingreifen und gemeinsam extremen Ideologien entgegenwirken. Eine „Rote Karte“ wäre ein probates Mittel von der und für die europäische Gemeinschaft, um in den „betroffenen“ Ländern auf die umfangreiche Thematik der demokratischen Grundwerte unserer Gesellschaft hinzuweisen. Gerade Deutschland als größter Nettozahler, Gründungsmitglied und bevölkerungsreichstes Mitgliedsland sollte bestrebt sein, als Vorbild zu dienen.

Der große europäische Integrationsprozess wird mit voller Kraft auf supranationaler Ebene gefahren, aber was passiert auf der lokalen Ebene? Dort, auf der untersten europäischen Organisationsebene wird nicht integriert und erweitert, sondern ausgegrenzt. Der große europäische Vereinigungsgedanke, der von Persönlichkeiten immer wieder versprüht wird, findet kaum Akzeptanz in der Bevölkerung. Die lokale Ebene, auf der die Bevölkerung angesiedelt ist, scheint für die supranationale und selbst teilweise für die nationale Ebene Lichtjahre entfernt zu sein. Die Kommunikations- und Verhaltensmuster zwischen den Ebenen scheinen andersartiger und entgegengesetzter nicht sein zu können.

Die soziale Lage wird für einige junge, aber auch ältere Menschen in unserem Land immer bedrohlicher. Sie verlieren die Verfügungsgewalt über ihr Leben und sehen keine Hoffnung in der Zukunft. Das gefährdet ganz massiv den demokratischen Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Während die Lösung dieses Problems ausbleibt, verschärfen sich die Folgeschäden in nicht absehbarem Maße.

Wir müssen handeln!

Deshalb fordern wir Jusos Hamburg eine an den tatsächlichen Bedürfnissen der Jugendlichen angepasste Unterstützung durch die lokalen, die nationalen und die europäischen Institutionen. Diese Hilfen für die Jugendlichen vor Ort in ihrem Lebensumfeld sollen bessere Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten, sinnvolle Freizeitangebote und andere Unterstützungsleistungen beinhalten. Gerade junge Menschen brauchen ein starkes positives Selbstbewusstsein, um sich nicht nur eigenständig ein selbstbestimmtes Leben aufzubauen, sondern auch um demokratische Werte und grundsätzliche Regeln des Zusammenlebens zu akzeptieren, damit eine demokratische, soziale Gesellschaft möglich ist.

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