Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat die Entscheidung des Verfassungsgerichts über das CDU-Wahlrecht als „wichtigen Etappensieg für die Hamburger Demokratie“ begrüßt: „Es ist die größte denkbare Ohrfeige, wenn das Hamburgische Verfassungsgericht dem Ersten Bürgermeister und seiner Partei Wählertäuschung ins Stammbuch schreibt. Genau das hat Verfassungsgericht heute getan“, sagte SPD-Wahlrechtsexperte Andreas Dressel.
Er bezeichnete die Entscheidung als „verdiente Quittung für das Tarnen, Tricksen und Täuschen der CDU im Gesetzgebungsverfahren. Bürgermeister von Beust und CDU-Chef Fischer haben die Wähler gelinkt – das haben sie jetzt schriftlich.“ Das Unternehmen „Wahlrechtsraub“ habe in einem Kernstück den Stempel bekommen, den es verdiene – „verfassungswidrig.“
Das Verfassungsgericht hat heute die Relevanzschwelle, die nach dem Willen der CDU das Kumulieren und Panaschieren in den Wahlkreisen faktisch wirkungslos machen sollte, wegen Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip und den Grundsatz der Normenklarheit für verfassungswidrig erklärt. „Eine der Sachlage zuwiderlaufende Gesetzesgestaltung, die die wahren Absichten des Gesetzgebers verschleiert, verstößt gegen das Rechtsstaatsprinzip…“, heißt es in dem Urteil.
Und weiter: Der Wähler „kann nicht erkennen, dass die ihm angebotenen Handlungsmöglichkeiten in Wirklichkeit eher theoretischer Natur sind. Er kann daher sein Wahlverhalten in Bezug auf die Möglichkeiten, bei der Wahl in den Wahlkreisen Persönlichkeitsstimmen im Wege des Kumulierens und Panaschierens zu vergeben, nicht an den Vorgaben des Wahlgesetzes ausrichten, sein Wahlrecht also nicht in der Weise ausüben, wie es für den zentralen Akt, mit dem der Wähler als Teil des Staatsvolkes seine Volksvertreter legitimiert, angemessen und geboten ist.“ Das Gericht spricht in diesem Zusammenhang von „Irreführung“ und „Intransparenz“.
In der Frage der Verletzung der Organtreue folgte das Gericht jedoch mehrheitlich nicht der Argumentation der Kläger.
Dressel: „Was die Verbindlichkeit von Volksentscheiden angeht, muss das Volk nun selbst handeln. Dazu wird es beim kommenden Volksentscheid die Chance haben. Nur das Volk kann den Volksentscheid retten. Schade, dass die eindrucksvolle Argumentation der beiden einzigen Richterinnen des Verfassungsgerichts keine Mehrheit erhalten hat.“
Zum weiteren Verfahren in der Bürgerschaft erklärte Dressel: „Das Verfassungsgericht hat der Bürgerschaft nun Hausaufgaben aufgegeben. Wir sind gespannt, ob die CDU diesmal einen Gesetzentwurf vorlegt, der mit der Verfassung vereinbar ist. Es bleibt dabei: Zu einer Missachtung des Votums des Volksentscheids wird die SPD-Fraktion ihre Hand nicht reichen.“