Die GAL-Bürgerschaftsfraktion fordert wegen Sicherheitsmängeln des Digitalen Wahlstifts zusätzlich eine komplette Stimmauszählung bei der Bürgerschaftswahl. Farid Müller, verfassungspolitischer Sprecher der GAL-Bürgerschaftsfraktion, erklärt: “Der Digitale Wahlstift kann helfen, am Wahlabend ein vorläufiges amtliches Stimmergebnis zu erzielen. Doch vor dem Hintergrund der vielen Sicherheitsmängel muss danach eine komplette Stimmauszählung per Hand erfolgen.“
Senat und Landeswahlleiter haben die Bürgerschaft über Sicherheitsmängel beim Digitalen Wahlstift informiert. Vor diesem Hintergrund sei eine erneute Änderung des Bürgerschaftswahlgesetzes fünf Monate vor der Wahl notwendig. Diese Informationen ergeben sich aus dem Bericht des Landeswahlleiters in der letzten Sitzung des Verfassungsausschusses sowie aus den Antworten des Senates auf Kleine Anfragen.
Experten vom Chaos Computer Club haben weitere offene sicherheits- und verfassungsrechtliche Fragen festgestellt, die einem vorrangigen Einsatz des Wahlstiftes bei der Stimmauszählung im Wege stehen. Der Landeswahlleiter hat im Sommer einen technischen Beirat zur Einführung des Digitalen Wahlstiftes eingerichtet.
Senat und Landeswahlleiter sprechen gegenüber der Bürgerschaft von „Innentätern“, von „Montblanc- und Brennglasfällen“, die die digitale Stimmauszählung verfälschen könnten. Da in 17 Wahllokalen Stichproben vorgesehen sind, muss jetzt in einer Gesetzesänderung geregelt werden, wie mit Differenzen zwischen digitalen und handausgezählten Stimmergebnissen umgegangen werden soll. Nach Ansicht von Senat und Landeswahlleiter soll im Gesetz der Vorrang des Wahlstiftes festgeschrieben werden und nur in Ausnahmefällen eine Stimmauszählung per Hand erfolgen.
Neben den von Senat und Landeswahlleiter eingeräumten Sicherheitsmängeln haben die Experten weitere offene Sicherheitsfragen entdeckt. Den technischen Geräten um den Digitalen Wahlstift herum, wie etwa Laptops und Drucker, fehlen bisher Schutzprofile, um deren sicheren Einsatz zu gewährleisten. Zurzeit lässt der Landeswahlleiter die Abstrahlung des Stiftes prüfen, um damit die Frage zu beantworten, ob das vom Grundgesetz garantierte Wahlgeheimnis gewahrt wird. Darüber hinaus verweigert der Landeswahlleiter eine Offenlegung der Quellcodes der Stimmauszählungssoftware. Experten befürchten, dass Manipulationen so nicht ausgeschlossen werden können.
Schlussendlich machen verfassungsrechtliche Fragen aus Sicht der GAL eine komplette Stimmauszählung notwendig. Die Absicht, Stimmzettel, die nicht mit dem Digitalen Wahlstift ausgefüllt wurden, für ungültig zu erklären, ist verfassungsrechtlich hochproblematisch, wenn der Wählerwille erkennbar ist. Auch die Absicht, die Briefwahl für Wahlstiftverweigerer offensiv anzubieten, ist verfassungsrechtlich schwierig, da die Briefwahl mit ihren ebenfalls bestehenden Sicherheitsmängeln nur in wenigen Ausnahmefällen von Karlsruhe vorgesehen ist.
„Wenn die Bürgerschaftsmehrheit den Vorrang des Digitalen Wahlstifts vor dem realen Stimmzettel festschreibt, rechne ich mit vielen Wahlanfechtungen. Am Ende stünde mit hoher Wahrscheinlichkeit die Anordnung des Verfassungsgerichtes zur kompletten Stimmauszählung. Wer Florida an der Elbe verhindern will, muss Vertrauen schaffen und im Voraus eine komplette Stimmauszählung garantieren“, so Müller.