Im Jahr 2010 haben acht Prozent aller Beschäftigten in Hamburg, die in
Betrieben mit zehn und mehr Beschäftigten arbeiteten, weniger als
8,50 Euro je Stunde verdient, so das Statistikamt Nord.
Hamburgs DGB-Vorsitzender Uwe Grund: „Diese Zahl ist ein deutlicher Beleg dafür, wie dringend wir einen gesetzlichen Mindestlohn auf Bundesebene brauchen. Modelle die derzeit in der CDU diskutiert werden, reichen nicht. Wir wollen flächendeckend Löhne, mit denen jeder Beschäftigte wenigstens halbwegs über die Runden kommt und später nicht direkt in die Altersarmut rutscht. Was die Statistik ebenfalls belegt: Wenn es hauptsächlich geringfügig Beschäftigte sind, die zu Hungerlöhnen arbeiten, müssen die Minijobs weg. Sie stacheln zu Lohndumping geradezu an. Wir brauchen stattdessen ordentlich bezahlte, sozialversicherungspflichtige Jobs.“
Der Stundenlohn von 8,50 Euro ist der in der derzeitigen politischen Debatte zum Mindestlohn am häufigsten angeführte Grenzwert. Bei den von den extremen Niedriglöhnen betroffenen Personen handelte es sich hauptsächlich um geringfügig beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (46 Prozent), auch Minijobber oder 400-Euro-Jobber genannt. 30 Prozent
waren vollzeitbeschäftigt, 24 Prozent teilzeitbeschäftigt.
Neben Hamburg hatten nach diesen ersten Ergebnissen der aktuellen Verdienststrukturerhebung für das Jahr 2010 in Betrieben des Produzierenden Gewerbes und des Dienstleistungsbereichs mit zehn und mehr Beschäftigten die Länder Bayern und Hessen den geringsten Anteil von Arbeitnehmern mit Stundenverdiensten unter 8,50 Euro. Insgesamt betrug der
Anteil in den alten Bundesländern zehn Prozent.
Unter den Beschäftigten mit einem Stundenverdienst unter 8,50 Euro waren
in der Hansestadt etwas mehr Frauen als Männer. Bei den Teilzeitbeschäftigten
und geringfügig Beschäftigten waren es deutlich mehr Frauen
als Männer. Betrachtet man hingegen ausschließlich Vollzeitbeschäftigte, so
lagen doppelt so viele Männer wie Frauen unter diesem Stundenverdienst.
Die meisten Beschäftigten mit einem Stundenverdienst unter 8,50 Euro
arbeiteten in der Gebäudereinigung/Gebäudebetreuung (22 Prozent) – hier
meist in Minijobs – und in der Zeitarbeit (zehn Prozent) – hier vor allem in
Vollzeit – sowie in der Gastronomie (neun Prozent). In Gastronomiebetrieben
wurde fast jedem zweiten Beschäftigten (48 Prozent) weniger als
8,50 Euro je Stunde gezahlt. In den Betrieben waren die Beschäftigten mit
niedrigen Stundenverdiensten vor allem als Hilfsarbeitskräfte (42 Prozent),
als Verkäufer und in Dienstleistungsberufen (25 Prozent) sowie als Bürokräfte
(16 Prozent) tätig. Die meisten (56 Prozent) hatten keine Berufsausbildung.
Die Mehrheit dieser Beschäftigten (61 Prozent) war bei nicht tarifgebundenen
Arbeitgebern beschäftigt, 39 Prozent bei tarifgebundenen.
Jens-Peter Schwieger, Fachsprecher für Arbeit der SPD-Bürgerschaftsfraktion: „Die Zahlen geben einmal mehr Anlass, unsere Forderung eines gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro zu untermauern. Es ist ein Skandal, dass die Bundesregierung immer noch nicht handelt. Es muss gelten: Wer Vollzeit arbeitet, muss damit sein Auskommen finanzieren können.“ Es könne nicht sein, dass in Hamburg bspw. 7.629 (Zahl vom August 2011) Vollzeitbeschäftigte ergänzende Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) in Anspruch nehmen müssen, weil ihr Lohn für den Lebensunterhalt nicht reicht, so Schwieger.
„Dort wo die Stadt Einfluss nehmen kann, arbeiten wir an der Umsetzung eines Hamburger Mindestlohns, (Drs. 20/3743). Allerdings braucht es für die freie Wirtschaft und die beschriebenen Vollzeitarbeitsverhältnisse den gesetzlichen Mindestlohn auf Bundesebene von 8,50 Euro, den wir fordern, den die schwarz-gelbe Bundesregierung aber nicht will. Die neuen Zahlen zeigen zu-dem, dass Frauen besonders stark von schlechten Löhnen betroffen sind, da sie überproportional häufig in Minijobs oder Teilzeit arbeiten. Das ist auch gleichstellungspolitisch nicht hinnehmbar.“
Tim Golke, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE: „Das in Hamburg acht Prozent der Beschäftigten weniger als € 8,50 verdienen ist ein Skandal. Zudem sind Beschäftigte in Betriebe betroffen, für die ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag gilt. Nur ein Mindestlohn von € 10,00 reicht für ein Leben ohne Hartz IV und für eine existenzsichernde Rente. Wir brauchen dringend ein Landesmindestlohngesetz und einen gesetzlichen Mindestlohn auf Bundesebene.“
Auch der Senat hat sich bereits mehrfach im Bundesrat und in der Arbeits- und Sozialministerkonferenz für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns stark gemacht.