Einen „schwarzen Tag für den Kinderschutz“ markiert der Vorstoß für verbindlichere U-Untersuchungen nach Ansicht der SPD-Familienexpertin Carola Veit. Der Grund: Wenn zwei von acht Untersuchungen ein Stück verbindlicher werden, dafür aber die einzige bisher wirklich verbindliche Untersuchung abgeschafft wird, so sei dies kein Fortschritt.
Mit ihrem Plan chaotisiere die Koalition das Sastem der Vorsorge-Untersuchungen und blockiere weitergehende Regelungen, so Veit, und weiter: „Vor drei Jahren haben wir Jugendpolitiker im Sonderausschuss ‚Jessica‘ gemeinsam festgestellt, dass vielen Kindern mit verbindlichen U-Untersuchungen geholfen werden könnte. Seit drei Jahren blockiert die CDU und setzt dieses gemeinsame Vorhaben nicht um. Und jetzt diese halbherzige Regelung!“
Die SPD habe einen eigenen Gesetzesvorschlag in Anlehnung an Regelungen im Saarland und anderen Ländern mehrfach eingebracht. Insbesondere Sozialsenator Wersich habe die Umsetzung stets verhindert. Die heutige Ankündigung eines „zweijährigen Modellversuchs“ sei der dürftige Versuch, die Öffentlichkeit über weiteres Nicht-Handeln in dieser Frage zu täuschen, so das Fazit der SPD-Bürgerschaftsfraktion.
Die SPD-Sozial- und Familienpolitiker Carola Veit und Dirk Kienscherf kritisieren, dass lediglich ein zweijähriger Modellversuch für einige Kinder entwickelt werden soll. „Es müssen endlich alle Kinder erreicht werden. Wir brauchen an dieser Stelle auch keine Modellversuche mehr, denn andere CDU-geführte Länder haben längst vorgemacht, wie es funktioniert. Hamburg ist hier eindeutig im Hintertreffen“, so Kienscherf und Veit.
Dabe gehe es nicht um Rechthaberei, sondern ums Kindeswohl. „Weil die CDU die Umsetzung auf die lange Bank geschoben hat, sind Kinder aus drei weiteren Jahrgängen nicht untersucht worden, obwohl es möglicherweise für ihre weitere Entwicklung entscheidend gewesen wäre und Fälle von Vernachlässigung und Misshandlung so nicht entdeckt werden konnten“, so Dirk Kienscherf, seinerzeit SPD-Obmann im Sonderausschuss „Jessica“.
Aus Sicht der SPD-Bürgerschaftsfraktion ist die jetzt endlich angekündigte Teil-Umsetzung zudem weniger als halbherzig: Es sei überhaupt nicht nachvollziehbar, dass jetzt lediglich die U 6 und die U 7 (nach ca. 12 und ca. 22 Monaten, d.Red.) verbindlich werden sollen. Die Untersuchungen in den ersten zehn Lebensmonaten seien aber nicht weniger wichtig: „Auch wenn dort die Teilnahmequote noch etwas höher liegt, geht es doch darum, gerade die Eltern zu erreichen, die ihre Kinder den Untersuchungen entziehen“, so Familienpolitikerin Veit. Gleiches gelte für die vorgesehenen Untersuchungen nach dem 24. Lebensmonat. Jessicas Martyrium zum Beispiel sei nicht mit dem zweiten Lebensjahr zu Ende gewesen. Die SPD-Fraktion habe daher stets gefordert, alle Untersuchungen bis zur Einschulung verpflichtend zu machen.
Als „Skandal“ bezeichnete Veit das Vorhaben der GAL, die für alle dreijährigen im Kindergarten gesetzlich vorgesehene Untersuchung aufzuheben. „Zwar hat die CDU nie ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt, damit wirklich alle Kinder untersucht werden können. Aber diese Regelung ist absolut sinnvoll und muss endlich flächendeckend umgesetzt werden, und nicht aufgehoben“, zeigte sich Veit entsetzt.
Besonders schlimm sei die Argumentation der GAL, dass die Dreijährigenuntersuchung im Kindergarten mit der neu eingeführten „U 7 a“ überflüssig sei. Veit: „Im Kindergarten sollen alle Kinder einmal untersucht werden, in der Regel im dritten Lebensjahr. Die neue U 7 a findet zwischen dem 34. und 36. Lebensmonat statt, also noch vor dem dritten Geburtstag. Offenbar haben sich CDU und GAL nicht einmal richtig informiert, worüber sie sprechen.“
Carola Veit: „Die GAL will die U 7 a n icht verbindlich machen, und die Unterschung im Kindergarten abschaffen. Damit werden dann etliche Dreijährige im Ergebnis überhaupt nicht untersucht. Das ist wirklich ein schwarzer Tag für den Kinderschutz in Hamburg.“