Der Deutsche Gewerkschaftsbund Nord (DGB Nord) fordert Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Landesregierungen Hamburgs, Schleswig-Holsteins und Mecklenburg-Vorpommerns auf, ihren Einfluss gegen Streikbrecheraktivitäten und mögliche Rechtsverstöße der Deutsche Post AG geltend zu machen. 21 Prozent des Unternehmens gehören dem Bund.
Im Zusammenhang mit den Streikbrecheraktivitäten und der Sonntagszustellung sei es möglicherweise zu Gesetzesverstößen gekommen, so der DGB Nord: Es bestehe ein Anfangsverdacht der Schwarzarbeit, Steuerhinterziehung sowie des Verstoßes gegen das Verbot der Sonntagsarbeit und der Verletzung des Postgeheimnisses.
Die Deutsche Post AG hatte am Sonntag Briefe und Pakete u.a. in Hamburg, Kiel, Lübeck, Bad Oldesloe, Trittau, Schwerin, Wismar, Rostock, Neubrandenburg, Zinnowitz, Wolgast und Neustrelitz zustellen lassen. Zum Anreiz wurden 100 Euro steuerfreie Prämie in bar, der individuelle Stundenlohn plus 30 Prozent Sonntagszuschlag und die Anrechnung der Wegezeit zur Arbeitsstätte als Arbeitszeit angeboten. Das Anreizangebot wurde den Stammkräften aus bisher nicht bestreikten Betriebsteilen, den befristet Beschäftigten, Streickbrechern aber auch betriebsfremden Personen unterbreitet.
Uwe Polkaehn, Vorsitzender des DGB Nord: „Die Post als früheres Staatsunternehmen betätigt sich nach der Teilprivatisierung jetzt in Wildwestmanier, um den Aktionäre immer höhere Gewinne zulasten der Beschäftigten zu verschaffen. Der Bund hält 21 Prozent der Aktien, daher ist er in besonderer Weise gefordert, unternehmerische Machenschaften gegen die soziale Marktwirtschaft und das Tarifsystem zu unterbinden. Die Koalition will die Tarifkultur in Deutschland stärken – die Post-Manager machen mit dem Einsatz von Leiharbeitern und Werkverträgen genau das Gegenteil. Das dürfen Bundes- und Landesregierungen nicht hinnehmen.“
Sofern sich der Verdacht bestätige, dass betriebsfremde Personen Zugang zu Brief- und Paketsendungen hatten, sei nicht nur das Postgeheimnis verletzt, sondern auch illegale Beschäftigungsverhältnisse geschlossen worden. Darüber hinaus werde die Deutsche Post AG erklären müssen, mit welchem Grund sie gegen das Verbot der Sonntagsarbeit verstoßen hat. Polkaehn: „Die gegenwärtigen Streiks, in deren Folge die Brief- und Paketzustellung überweigend eingestellt wurde, sind verfassungsrechtlich geschützt. Sie sind kein stichhaltiges Argument dafür, bei den zuständigen Landesämtern eine Ausnahmegenehmigung zu erwirken.“
Die Arbeitskampfmaßnahmen der Gewerkschaft ver.di werden weiter ausgedehnt. Bundesweit befinden sich 25.000 Postler im Dauerausstand. In Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg Vorpommern sind es 3.750 Kolleginnen und Kollegen.
Zum Hintergrund:
Auslöser des schweren Tarifkonfliktes bei der Deutschen Post AG ist der Bruch des Vertrages zum Schutz vor Fremdvergabe durch den Aufbau von 49 Regionalgesellschaften für die Zustellung. Um diesen Vertragsbruch zu kompensieren, hatte ver.di zum 1. April die Bestimmungen zur Arbeitszeit gekündigt und eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich gefordert. In der sechsten Verhandlungsrunde vom 2. Juni hatte ver.di dann mit einem umfassenden Angebot versucht, die Post von einer einvernehmlichen Lösung zu überzeugen und vom Konfliktkurs gegen die Beschäftigten abzubringen.
Das Gesamtpaket sah unter anderem eine Rückführung der 49 Regionalgesellschaften (DHL Delivery GmbHs) in den Haustarifvertrag der Deutschen Post AG vor, eine Verlängerung der Schutzregelungen zu Kündigungen und Fremdvergabe, den Verzicht auf eine lineare Einkommenserhöhung in diesem Jahr und eine strukturelle Veränderung der bestehenden Entgelttabelle für alle neu eingestellten Beschäftigten, wonach diese künftig nicht mehr nach zwei, sondern erst nach drei Jahren in die jeweils nächsthöhere Erfahrungsstufe aufsteigen würden. Die Deutsche Post AG hatte dieses Angebot nicht angenommen. Für diesen Fall hatte die zuständige ver.di-Konzerntarifkommission das Scheitern der Verhandlungen erklärt.
Jeder vierte Vollzeit-Beschäftigte bei der Post arbeitet zum Niedriglohn, jeder Zehnte hat nur einen befristeten Vertrag, viele Zusteller sind nur als Minijobber oder Zeitarbeiter für das Unternehmen tätig.
Der Text einer Stellenanzeige der Deutsche Post AG:
„Für unsere Zustellstützpunkte in Bad Oldesloe, Mölln, Ratzeburg und Oering suchen wir Brief/ Paketzusteller als Vertretung für vorübergehenden Bedarf. Sie sind mindestens 18 Jahre alt, körperlichen Tätigkeiten gewachsen und im Besitz eines Führerscheines B. Wir bieten Ihnen einen Stundenlohn von zzt. 11,78 Euro an 5 Werktagen im Zeitrahmen ca. 07:00 bis 17:00 Uhr. Die Wochenarbeitszeit beträgt 38,5 Stunden.
Ihre schriftliche Bewerbung richten Sie bitte an: Deutsche post AG, NL Brief Lübeck, Personalabteilung 199-4, 23590 Lübeck oder matthiasb@ deutschepost.de“