Statt Aufstieg „durchlässiger Abstieg“!

Der DGB Hamburg begrüßt es, dass Bürgermeister von Beust etwas für soziale Chancen bisher Benachteiligter tun will, kritisiert aber, dass der Senat mit seiner einseitig wirtschaftsfreundlichen Politik während der vergangenen Jahre die Verschlechterung der sozialen Teilhabe-Chancen vieler Hamburger mit verursacht hat.

„In einem geben wir Herrn von Beust Recht: „Die Aufstiegschancen hierzulande sind miserabel“, so Erhard Pumm, Vorsitzender des DGB Hamburg. „Aber: Für eine Aufstiegsgesellschaft hat gerade er nicht die Voraussetzungen geschaffen. Statt einer Aufstiegsgesellschaft gibt es mittlerweile die durchlässige Abstiegsgesellschaft mit Bildungsarmut, Ausbildungsplatzmangel, Arbeitslosigkeit, Minilöhnen sowie einer minimale Grundsicherung.“

In Umfragen äußern so viele Menschen wie selten zuvor die Befürchtung vor dem Abstieg: vor finanziellen Sorgen, vor Arbeitslosigkeit, vor Armut im Alter, vor einem rauer werdenden sozialen Klima. Und der Abstieg kann schnell gehen: Der Weg zu Hartz IV dauert gerade 12 Monate, und es trifft immer mehr Menschen auch aus der Mitte der Gesellschaft.

Wen Hartz IV bereits betrifft, der müsse sich von Äußerungen wie ,es geht nicht mehr um die notwendige Absicherung existenzieller Lebensrisiken, sondern um die Absicherung des sozialen Status‘ geohrfeigt fühlen, so Hamburgs DGB-Vorsitzender: „Bei Hartz IV wurden Arbeitslosen- und Sozialhilfe auf dem Niveau der niedrigeren Sozialhilfe zusammengeführt. Diese Grundsicherung, die nicht einmal mehr Maß nimmt am tatsächlichen Bedarf (Warenkorb), sondern statistisch festgelegt wird, ist für alle gleich und wurde völlig abgekoppelt vom zuletzt erzielten Lohn. Ein in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie
dagewesener Einschnitt in das soziale Sicherungssystem!“ Von der Wahrung des sozialen Status könne schon lange keine Rede mehr sein.

Erhard Pumm: „Erst in dieser Woche hat der Senat mit dem Einfrieren der mageren Hartz IV-Regelsätze deutlich gemacht, dass es ihm bei den Ärmsten nur noch um satt und warm geht.“

Wie notwendig eine Regelsatzsteigerung gewesen wäre, zeigten die gestiegenen Kosten fürs Leben und Wohnen in Hamburg. Die Energie- und Gesundheitskosten explodieren, die Mehrwertsteuererhöhung kommt, die Kosten für Fahrkarten in Hamburg steigen.

„Wo sind denn die guten Stellen, die den angeblich gelähmten „Aufstiegswillen“ wecken könnten?“, fragt Erhard Pumm. „Herr Uldall streicht doch gerade bei den Weiterbildungen, die erst fit machen könnten für einen Aufstieg! Eigenverantwortung wird gefordert, also Arbeitslose, schnitzt Euch selber die Arbeitsplätze?!“

Gerade der Hamburger Senat hat mit seiner Arbeitsmarkt- Familien- und Bildungspolitik dazu beigetragen, dass inzwischen fast 12 Prozent der Hamburger von Hartz IV leben, dass in den letzten Jahren ein Anstieg der Arbeitslosigkeit auf fast 90 000 Personen zu verzeichnen ist, dass rund 10 Prozent der Jugendlichen – unter Migrantenkindern sogar 20 Prozent – die
Schule ohne Abschluss verlassen, dass 5000 bis 10 000 Ausbildungsplätze fehlen, dass nur noch rund 44 Prozent der Hamburger über 55 einen Arbeitsplatz haben.

Erhard Pumm: „Es ist schön, wenn Herr von Beust niemanden ins Bodenlose fallen lassen möchte: Nur, nun müssen den schönen Worten auch konkrete Taten folgen. Das 90-Millionen-Sozial-Programm ist zwar ein netter Anfang, aber für 106 Stadtteile ein Tropfen auf den heißen Stein. In den Hafen werden zwei Milliarden und in die Luxus-Elbphilharmonie weit über 100 Millionen investiert – so lange es diese Schieflage bei den Investitionen gibt, kann
man keine soziale Einsicht, keine wirkliche Kurskorrektur erkennen!“

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