Robin-Wood-AktivistInnen protestieren heute am Hamburger Hauptbahnhof gegen die zum Jahreswechsel angekündigten saftigen Fahrpreiserhöhungen der Deutschen Bahn. Um auf den Protest aufmerksam zu machen, kletterten am Vormittag zwei Aktivisten in die Dachkonstruktion des Bahnhofs und entrollten ein acht Meter langes Transparent mit der Aufschrift: „Börsenbahn = Preiswahn – Privatisierung stoppen“.
Andere verteilten Flyer an die Passanten, die den Reiseplänen der Deutschen Bahn nachempfunden sind und darüber informieren, welche Nachteile die Bahnkunden bei einem Börsengang der Bahn in Kauf nehmen müssten.
Trotz Rekordgewinnen des Konzerns sollen Anfang 2007 die Fahrpreise im Nahverkehr um 3,9 Prozent und im Fernverkehr sogar um 5,6 Prozent steigen. Damit liegen die Erhöhungen klar über dem Anstieg der Mehrwertsteuer. „Offenbar sollen die Bahnkunden tief in die Tasche greifen, damit Bahnchef Mehdorn eine attraktive Bilanz für die Börse präsentieren kann“, kommentiert Jürgen Mumme, Verkehrsreferent bei der Umweltorganisation Robin Wood.
In einer repräsentativen Emnid-Umfrage im Auftrag von „Bahn für Alle“ hatten sich im November 71 Prozent der Befragten für den Verbleib der Deutschen Bahn in öffentlichem Besitz ausgesprochen. Das ist nicht verwunderlich, schließlich hätte ein Börsengang der Bahn neben erhöhten Preisen noch weitere Nachteile: Chaos durch nicht aufeinander abgestimmte Fahrpläne und Tarife verschiedener Anbieter, noch mehr Verspätungen und die Streichung von Verbindungen.
Zudem würde der Klimaschutz torpediert. Ein Gutachten im Auftrag der Bundesregierung hatte ergeben, dass ein Börsengang den Verkehrsanteil der umweltfreundlichen Bahn am gesamten Verkehrsaufkommen senken und den Ausstoß klimaschädlicher Gase steigern würde.
Dennoch soll Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee bis Ende März ein Privatisierungsgesetz erarbeiten. „Das ist gegen jede Vernunft und gegen den erklärten Willen der Bevölkerung“, kritisierte Mumme. Dieser Auftrag ist jedoch noch keine Entscheidung für den Börsengang; darüber wird der Bundestag erst im Sommer nächsten Jahres entscheiden.
Im Vergleich zu 2005 hat die Deutsche Bahn in diesem Jahr 800 Millionen Euro weniger investiert. Vor allem bei Instandhaltung und Wartung wurde gespart, so dass Netz und Züge immer maroder werden. Die Züge werden dadurch immer unpünktlicher, im Fernverkehr kommt jeder dritte Zug verspätet ans Ziel. „Die Zeche für die geschönte Bilanz zahlen die Bahnkunden schon jetzt mit Verspätungen und ab dem 1. Januar dann auch durch erhöhte Preise“, erläuterte Mumme. Beim Verkauf der Bahn müssten die Strecken eine Rendite von mindestens acht Prozent bringen, was nur durch Streckenstreichungen, Lohndumping und weiter steigende Ticketpreise zu erreichen wäre.
Am Freitag wurde bekannt, dass die Bahn beim Personen- und Schienenverkehr in den kommenden Jahren in Deutschland etwa 10.000 Arbeitsplätze abbauen will, während in die branchenfremde Logistiksparte kräftig investiert werden soll. „Statt eines Aufkaufs von Unternehmen auf der halben Welt durch den ‚Global Player’ Deutsche Bahn brauchen wir endlich eine Strategie, mit der wir den Anteil des Schienenverkehrs am heimischen Personen- und Güterverkehr massiv steigern können“, forderte Hans-Gerd Öfinger von „Bahn von unten“, einem Zusammenschluss kritischer Transnet-Gewerkschafter.
Das Bündnis „Bahn für Alle“ wird getragen von Attac, ROBIN WOOD, BUND, „Bürgerbahn statt Börsenbahn“, „Bahn von unten“, UMKEHR, den NaturFreunden Deutschlands sowie dem VCD Brandenburg und setzt sich ein für eine verbesserte Bahn in öffentlicher Hand.
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