Die SPD-Bürgerschaftsfraktion spricht sich für eine Mindestlohn-Initiative aus; Sprecher Uwe Grund: „Wer arbeitet, muss von seinem Lohn leben können.“ Fast ebenso die GAL: „Armutslöhne verhindern!“, sagt deren Sprecherin Gudrun Köncke.
Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat den Senat aufgefordert, seine Blockadehaltung beim Thema Mindestlöhne aufzugeben. „Wir brauchen gesetzliche Regelungen für einen Mindestlohn, und wir brauchen sie schnell“, forderte der SPD-Sozialpolitiker Uwe Grund am Mittwoch. Im außertariflichen Bereich befänden sich die Löhne „im freien Fall“. Der Senat dürfe diese Entwicklung nicht weiter zulassen. „Hamburg ist eine der reichsten Städte Europas. Dass in dieser reichen Metropole immer noch Menschen für drei bis fünf Euro die Stunde arbeiten müssen, ist ein Skandal. Da ist die soziale Balance in Gefahr“, warnte Grund.
Die CDU sei bei diesem Thema „betont kaltschnäuzig“, sagte der SPD-Abgeordnete. „Dem Senat ist das Empfinden für soziale Gerechtigkeit längst verloren gegangen. Er denkt nicht einmal darüber nach, welche Folgen seine gewissenlose Ignoranz für die ansteigenden Zahlungen von Arbeitslosengeld II hat.“ Auch der Hamburger Senat sei dafür verantwortlich, dass wirksame Regelungen auf Bundesebene bisher nicht verabschiedet werden konnten.
Grund übte in diesem Zusammenhang Kritik an der Sozialpolitik des Senats. Er verweigere die Auskunft darüber, wie viele der knapp 200.000 SGB-II-Leistungsempfänger Vollzeit arbeiten und zusätzlich Arbeitslosengeld II beantragen müssten, sagte der Sozialpolitiker. „Der Senat will das auch gar nicht wissen, weil klar würde, was seine Blockade einer Mindestlohnregelung kostet.“
Statt Menschen für Hungerlöhne arbeiten zu lassen und ihnen zusätzlich Arbeitslosengeld II zu zahlen müsse ein Mindestlohn festgelegt werden. „Es muss möglich sein, mit dem Geld zu leben, das man mit seiner Arbeit verdient“, sagte Grund. Er bezeichnete eine Mindestlohnregelung als „Entscheidung von wirtschaftlicher Vernunft. Schließlich schütze der Mindestlohn ehrliche und solide Unternehmer vor unfairem Wettbewerb. Wer demgegenüber seine Mitarbeiter mit Hungerlöhnen abspeist, verdient nicht unseren Respekt als vermeintlich erfolgreicher Unternehmer. Das ist nicht soziale Marktwirtschaft wie Ludwig Ehrhardt sie wollte, sondern menschenverachtende Ausbeutung. Von unserer 2002 verstorbenen Ehrenbürgerin Marion Gräfin Dönhoff stammt die Forderung, dass die Marktwirtschaft ethische Regeln benötige: Denn knallharter Kapitalismus ende im Kannibalismus.“
Die GAL-Fraktion bekräftigt in der heutigen Bürgerschaftsdebatte ihre Forderung nach einer wirksamen Lohnuntergrenze und einem erleichterten Verfahren für branchenspezifische Mindestlöhne. „Die Schere zwischen Spitzenverdienern und Geringverdienern hat sich nicht nur weiter geöffnet, sondern widerspricht den Grundprinzipien sozialer Gerechtigkeit“, sagt die arbeitsmarktpolitische Sprecherin Gudrun Köncke.
Hamburg führt in der Rangliste derjenigen Städte mit dem höchsten Bruttosozialprodukt. Gleichzeitig wächst die Anzahl der Hamburgerinnen und Hamburger, die auch durch Vollzeitarbeit ihren Lebensunterhalt nicht mehr selbst bestreiten können und auf ergänzende Sozialhilfe angewiesen sind. „Die heutige Lohnentwicklung ist keine Lohnspreizung mehr, sie setzt die Soziale Marktwirtschaft außer Kraft. Immer mehr Menschen sind von der wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt. Deshalb ist der Staat gefordert einen Rahmen zu setzen“, sagt Gudrun Köncke.
Die Bundesregierung verharrt im Streit um die Anerkennung branchenspezifischer Mindestlöhne ohne erkennbare Bewegung. Eklatante Fälle von Lohndumping, wie jüngst bei den Reinigungskräften im Hotelgewerbe, zeigen deutlich, dass das Thema Mindestlöhne auch ein Hamburger Landesthema ist. „Hamburg hat die Chance einen wirksamen Impuls in dieser Debatte zu geben und muss endlich Position beziehen, um die sozial und volkswirtschaftlich fatale Entwicklung von Armutslöhnen zu beenden“, fordert Gudrun Köncke.
Bezüglich der Einführung von gesetzlichen Mindestlöhnen spalten sich doch schon lange die Geister. Die einen verlangen ihre uneingeschränkte Einführung, um dem immer wieder vorkommenden Lohndumping ein Ende zu bereiten, die anderen sind der Meinung, dass Mindestlöhne das Prinzip der Lohnbildung nach Angebot und Nachfrage untergraben. Ich bin jetzt schon gespannt, ob in diesem Punkt jemals ein sinnvoller Konsens gefunden wird und wie dieser ausschaut, denn meiner Meinung nach sind Löhne, wie sie derzeit mancherorts gezahlt werden, viel zu niedrig, um angesichts permanent steigender Lebenshaltungskosten seinen Lebensunterhalt davon bestreiten zu können.