Anlässlich des G8-Gipfels in Heiligendamm hat die GAL-Bürgerschaftsfraktion einen Antrag (hier als PDF) in die Bürgerschaft eingebracht, der die Welthafenstadt Hamburg zum Vorbild für eine andere Globalisierung machen soll.
In der Präambel der Hamburger Verfassung legt sich die Stadt fest, „Mittlerin zwischen den Erdteilen und Völkern im Geiste des Friedens“ sein zu wollen. Deswegen fordert die GAL-Fraktion, dass der öffentliche Einkauf zukünftig unter Beachtung sozialer Mindeststandards stattfindet und die Stadt gemeinsam mit Zivilgesellschaft und Hamburger Unternehmen eine umfassende Initiative für Fairen Handel startet.
Frithjof Schmidt, Vize-Vorsitzender des Entwicklungsausschusses des Europäischen Parlaments und Berichterstatter für Fairen Handel: „Konzepte, wie der Faire Handel weisen den Weg. Faire, stabile Preise, langfristige Lieferverträge, soziale Arbeitsbedingungen, eine Prämie für soziale Projekte und für die Fortentwicklung der Produktion: so sieht erfolgreiche Entwicklungsförderung aus. Jeder Bürger, jede Bürgerin, hat selbst in der Hand, was er oder sie kauft. Und auch der Staat kann sich entscheiden und fair gehandelte Produkte einkaufen. Heute ist der richtige Tag, um damit anzufangen.
Soziale Mindeststandards im öffentlichen Einkauf
Die Produktions- und Arbeitsbedingungen in vielen Ländern des Südens sind unhaltbar. Das gilt auch bei der Herstellung von Produkten für Absatzmärkte in Europa und den USA: Es gibt Hungerlöhne, fehlenden Arbeitsschutz, willkürliche, oft unbezahlte Überstunden, Verbote für selbstorganisierte Gewerkschaften, das Zurückhalten von Lohn, das de facto Einsperren auf Betriebsgrundstücken, psychische und physische Gewalt. Senat und CDU weigern sich weiterhin, den öffentlichen Einkauf der Stadt sozialen Mindeststandards zu unterwerfen, wie dieses schon 350 andere Städte in Europa – darunter München und Düsseldorf – gemacht haben.
Manuel Sarrazin, Sprecher für internationale Politik der GAL-Bürgerschaftsfraktion: „Die Stadt Hamburg kann ganz einfach ein Zeichen für eine gerechtere Globalisierung setzen, in dem sie keine Produkte mehr aus Kinderarbeit, Zwangsarbeit oder Ausbeutung kauft!
Die GAL fordert deswegen in ihrem Antrag die Einhaltung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation. Diese sind von Deutschland ratifiziert worden. In den anderen deutschen Städten werden zu diesem Zweck Anforderungen in Beschaffungsverträge aufgenommen, dass die Produkte entweder ein Gütesiegel wie das Fairtrade oder das Rugmark-Teppichsiegel tragen oder das produzierende Unternehmen in einer freiwilligen Selbstverpflichtung die Einhaltung sozialer Mindeststandards garantiert.
Solange dieses aufgrund fehlender Zertifikate nicht bei allen zu beschaffenden Produkten möglich sein sollte, sollen zumindest – analog zur Praxis in der Stadt Neuss – Dienstkleidungen, Lederwaren, Stoffen, Spielwaren und Natursteine nur noch unter Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen beschafft werden. Zum Hintergrund: Die Stadt Hamburg hat in den letzten fünf Jahren allein für 8,8 Millionen Euro Dienstkleidung eingekauft. Dabei werden bisher grundsätzlich „keine konkreten sozialen oder ökologischen Anforderungen gestellt.“ (vgl. Bürgerschaftsdrucksache 18/6234).
Die ILO-Kernarbeitnormen sehen vor das Recht zur Organisation in unabhängigen Gewerkschaften, die Beseitigung aller Formen von Zwangs- oder Pflichtarbeit, die Abschaffung von Kinderarbeit und die Beseitigung der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf.
Fair Trade in der Welthafenstadt: Der Hamburger Fairness Code
Darüber hinaus fordert die GAL in Hamburg eine umfassende Initiative zur Förderung des Fairen Handels. Im Rahmen eines „Hamburger Fairness Code“ sollen Politik, Zivilgesellschaft und Wirtschaft gemeinsam Standards festlegen. Dieser „Hamburger Fairness Code“ definiert soziale und ökologische Mindeststandards, an die sich Unternehmen und Stadt bei ihrem Produkteinkauf gemeinsam halten, und soll Hamburg zur „Fairen und Handelsstadt Hamburg“ machen.
Die Kriterien sollen sich dabei an den Forderungen des dritten Tätigkeitsberichts des Entwicklungspolitischen Beirats vom März 2004 orientieren, die Teil der Vertragsvereinbarungen dieser Firmen werden und bei Verstößen auch zu Geschäftsabbruch führen können. Der Senat soll selber Mitglied werden und die Überprüfung und Zertifizierung der Lieferunternehmen bzw. Produktionsunternehmen unterstützen.
Begleitend soll eine Kampagne für Fairen Handel in Verwaltung, Unternehmen und Privathaushalten werben.
Manuel Sarrazin: „Die Globalisierung, die unserem Hafen Rekordzuwächse beschert, beruht immer noch zu weiten Teilen auf Ausbeutung, Armut und Not. Gleichzeitig tut der Senat fast nichts für den Fairen Handel. Das ist nicht akzeptabel.“
Allein aus China wurden im Jahr 2005 Waren im Wert von 4,2 Milliarden Euro nach Hamburg eingeführt. Gleichzeitig beruht die boomende Exportwirtschaft Chinas zu großen Teilen auf der Ausbeutung der Arbeitskräfte vor Ort. Vor allem die rund 100 Millionen Wanderarbeiterinnen und Wanderarbeiter werden zur Arbeit als Entrechtete gezwungen. Menschen, die sich gegen ihre Arbeitsbedingungen wehren, werden zu Zwangsarbeits- oder Zuchthausstrafen verurteilt.
Eine gemeinsame Doppelbroschüre zum Thema Fair Trade und zur „Fairen und Handelsstadt Hamburg“ ist kostenlos zu beziehen über manuel.sarrazin@gal-fraktion.de, 040-32873207 oder stehen zum Download unter www.gal-fraktion.de bereit.