Die Schere zwischen Arm und Reich schnappt auch bei der Lebenserwartung bedürftiger Menschen früher zu, kritisiert der SoVD in Hamburg. Er fordert eine „neue Gesundheitsreform“.
„In Hamburg öffnet sich die Schere zwischen Arm und Reich weiter. Mit Folgen für Bildung aber auch Gesundheit. Denn viele Erkrankungen, Gesundheitsbeschwerden und Risikofaktoren kommen bei Hamburgern in Armut vermehrt vor“, sagt Klaus Wicher, 1. Landesvorsitzender des SoVD-Hamburg. Er kritisiert, dass sich die Zwei-Klassengesellschaft auch bei der Gesundheit und medizinischen Versorgung auswirkt. Arme Menschen schätzen ihren Gesundheitszustand schlechter ein. Sie sind öfter als andere gesundheitsgefährdenden Wohn- und Lebensumständen ausgesetzt. Sie unterliegen einer erhöhten vorzeitigen Sterblichkeit. Die Gesundheitsberichterstattung des Bundes geht davon aus, dass „Frauen und Männer, deren Einkommen unterhalb der Armutsrisikogrenze liegt, ein im Verhältnis zur hohen Einkommensgruppe 2,4- bzw. 2,7-fach erhöhtes Mortalitätsrisiko haben“.
„Gesundheit wird eine Frage des Portemonnaies, wenn Brille, Zahnkrone oder Vorsorge nicht mehr gezahlt werden. Viele Bedürftige können sich den Luxus eines tadellosen Gebisses nicht mehr leisten. Gehören bald Menschen mit Zahnlücken zum Hamburger Stadtbild wie in Entwicklungsländern“, fragt Wicher. Er fordert zudem mehr Vorsorge und Aufklärung für Eltern, Kinder und Schüler. „Wenn Hänschen nicht lernt, was gesund ist, wird Hans sich nicht mehr um gesunde Lebensführung oder Ernährung scheren.“ Wicher verweist auf Zahlen: Die Armutsquote von Kindern ist in Hamburg mit 21,3 Prozent fast doppelt so hoch wie in München (12,1 Prozent). Jeder siebte Erwachsene und jedes fünfte Kind, in manchen Stadtteilen jedes zweite, lebt in Armut. Mindestens 190.000 Menschen sind armutsgefährdet, darunter 50.000 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren. Dazu kommt die Situation der Eltern: Es gibt 33.000 Aufstocker, Im Niedriglohnsektor arbeitet fast jeder Fünfte Hamburger (2010). Jede zehnte in Hamburg ist unterbeschäftigt. Gerade Familien mit Kindern leiden unter den hohen Mieten. Es fehlt in Hamburg ein geschlossenes Konzept zur Armutsvermeidung und Armutsbekämpfung, so Wicher.