Hamburgs SPD-Fraktionschef Michael Neumann, der schleswig-holsteinische Innenminister Lothar Hay und der Bremer Innensenator Willi Lemke sind heute im Hamburger Rathaus zu einem Fachgespräch über Situation und Perspektiven norddeutscher, länderübergreifender Innenpolitik zusammengekommen. Im Mittelpunkt des Gespräches standen die Bekämpfung von Jugendgewalt und Rechtsextremismus sowie die mögliche verbesserte Kooperation der norddeutschen Länder in Fragen der Innenpolitik.
Jugendgewalt
Schleswig-Holsteins Innenminister Lothar Hay zeigte sich zufrieden, dass nach den Wahlen in Hessen und Niedersachsen die Diskussion über den Umgang mit kriminellen Jugendlichen wieder sachlicher verläuft. „Die Kampagnenrhetorik hat schlagartig aufgehört“, sagte Hay. Die Themen Jugendkriminalität und Ausländerintegration so plump wie in Hessen miteinander zu verknüpfen, sei ein Spiel mit dem Feuer. „Es ist Teil unserer Verantwortung als Politiker, den Menschen zu sagen, dass es für viele Probleme unserer Zeit keine einfachen Lösungen gibt“, sagte Hay. Diese Verantwortung verlange zugleich von der Politik, auch Befindlichkeiten der Menschen ernst zu nehmen, die Probleme und ihre Ursachen beim Namen zu nennen, ergänzte der Hamburger SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Neumann: „Wer das nicht tut, spielt Populisten von Links und Rechts in die Hände.“
Bremens Innensenator Willi Lemke betonte, im Kampf gegen die Jugendkriminalität und ihre Ursachen sei neben der repressiven Seite die präventive besonders wichtig. „Staat und Gesellschaft müssen gemeinsam dafür sorgen, dass aus jugendlichen Ersttätern keine Intensivtäter werden. Das betrifft in besonderem Maße die großen Städte“, sagte Lemke. Bei der Bekämpfung von Jugendkriminalität und Jugendgewalt seien keine schärferen Gesetze erforderlich, sondern schnelles und konsequentes Handeln unter Ausschöpfung des vorhandenen Strafrahmens. Die Strafe müsse auf dem Fuße folgen. Die SPD habe sich daher ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: In den Ländern, in denen die SPD Verantwortung trägt, sollen die Voraussetzungen geschaffen werden, dass ermittelte junge Tatverdächtigte binnen eines Monates angeklagt und verurteilt werden können.
Angesichts des Scheiterns der Geschlossenen Unterbringung in der Hamburger Feuerbergstraße zeigten sich die SPD-Innenpolitiker einig, eine neue, gemeinsame Einrichtung zu schaffen, in der junge Intensivtäter qualifiziert betreut werden.
Bekämpfung des Rechtsextremismus
In der Diskussion über ein mögliches Verbot der NPD warnte Hay vor einem übereilten Gang vor das Bundesverfassungsgericht. „Der Verbotsantrag darf nur gestellt werden, wenn absolut sicher ist, dass man auch Erfolg hat“, sagte Hay. Lemke warnte, ein Scheitern im Verbotsverfahren wäre „ein Triumph für die Neonazis“. Neumann plädierte für eine politische Auseinandersetzung mit rechtsextremistischen Parteien. „Die wehrhafte Demokratie in Deutschland darf und wird diese politische Auseinandersetzung nicht scheuen“, sagte Neumann. Es sei eine Aufgabe der Demokraten, sich mit extremistischen und populistischen Parteien und Gruppierungen auseinanderzusetzen. Eine juristische Auseinandersetzung dürfe die politische nicht ersetzen.
Weiterentwicklung der norddeutschen Kooperation
Hay hat die länderübergreifende Zusammenarbeit in Norddeutschland als Modell und Maßstab für andere Regionen in Deutschland bezeichnet. „Wir müssen über weitere Möglichkeiten zur Kooperationen nachdenken“, so Neumann. Bei der Aus- und Fortbildung von Polizeibeamten und Feuerwehrleuten etwa müssten „nicht alle Bundesländer alles machen“. Er könne sich vorstellen, dass die Länder Kompetenzzentren mit unterschiedlichen Spezialisierungen bildeten, in denen Sicherheitskräfte aus ganz Norddeutschland gemeinsam fortgebildet werden.
Auch bei der Ausgestaltung des Beamtenrechts und der Gewinnung von Nachwuchskräften müssten die norddeutschen Länder Solidarität beweisen. Es dürfe nicht sein, dass die Bundesländer sich gegenseitig den Nachwuchs für die Sicherheitsbehörden abwerben, sagte Neumann mit Blick auf die neuen Gesetzgebungskompetenzen der Länder bei der Beamtenbesoldung.
Neumann plädiert zudem dafür, die gemeinsame Beschaffung von Ausrüstung und Technik auszudehnen und eine Zusammenarbeit bei der Auswertung von Beweismitteln zu prüfen. In Hamburg gibt es erhebliche Verzögerung bei der Strafverfolgung, weil gesicherte DNA-Proben und beschlagnahmte Computer erst nach vielen Monaten untersucht und ausgewertet werden. Hier könne man versuchen, aus der Not eine Tugend machen und nach Wegen suchen, sich gegenseitig zu unterstützen. „Wenn wir es gemeinsam schaffen können, Straftäter schneller zu stoppen, darf Sicherheit keine Grenzen kennen“, so Neumann.
Arbeitszeitmodell für die Berufsfeuerwehr
Mit Blick auf den Streit um das Arbeitszeitmodell der Hamburger Feuerwehr verwies Neumann auf die Lösungsansätze, die bei vergleichbarer Problematik in Bremen und Schleswig-Holstein gefunden wurden. In beiden Ländern sollen auch in Zukunft 24-Stunden-Schichten möglich sein, die sich die Feuerwehrbeamten wünschen. „Unsere Feuerwehrleute haben mehr als verdient, dass die Verantwortlichen die Dienstpläne so gestalten, dass sie den sozialen und familiären Bedürfnissen der Feuerwehrleute so weit wie möglich entgegenkommen.“